Humorkritik | September 2019
September 2019
Einen lustigen Text zu schreiben ist eine ausgezeichnete Möglichkeit, um eine Aggression akzeptabel zu machen.
Michel Houellebecq
Bei Python
»Schier unüberschaubar ist die Zahl der Bücher, die zu Monty Python selbst erschienen sind«, stellt Andreas Pittler in seinem in der Reihe »Reclam 100 Seiten« erschienenen Bändchen »Monty Python. 100 Seiten« fest: »Selbst einem eingefleischten Python-Fan dürfte es schwerfallen, hier den Überblick zu bewahren – zumal beständig neues Material dazukommt.« Zum Beispiel das Büchlein Pittlers (der, so seine »Lektüretipps« auf Seite 101 [!], mit dem Werk »Monty Python. Über den Sinn des Lebens« seinerseits schon 1997 Material zur Monty-Python-Literaturgroßzahl beigesteuert hat).
Nun spricht nichts dagegen, auf knappem Raum nicht oder nicht sehr informierten Menschen zu erzählen, was es mit der britischen Komikertruppe auf sich hat, woher ihr Name stammt, worin ihre Komik besteht, wie diese in die Geschichte der komischen Kunst einzuordnen ist, in welchem kulturellen Umfeld sie entstand, welche Auswirkungen sie hat(te) und so weiter und so fort. Gegen die Art und Weise, wie Pittler vorgeht, spricht allerdings eine Menge. Dass er Eingeweihten, gar dem o.g. »eingefleischten Fan«, nichts Neues mitzuteilen hat, mag in der Natur der Sache liegen. Versetze ich mich hingegen in einen noch nicht Eingefleischten, so kann ich mir als dessen Lektürereaktion nur Ratlosigkeit vorstellen. Denn Fragen wie die von mir genannten beantwortet Pittler entweder gar nicht oder nur unzureichend: kein Wort zur britischen Comedyszene der 50er- und 60er-Jahre, keine Beschreibung von Witztechniken. Stattdessen referiert er chronologisch die einzelnen Folgen der Serie »Monty Python’s Flying Circus«: »Folge 7 erkennt die Gefährdung der Gesellschaft durch eine Transformation in Schotten. An sich ein billiger Kalauer, wie ihn jede Nation abgewandelt bieten kann (…), doch bei Python ist es der subtile Unterton, der den Witz dann doch wieder trag- und salonfähig macht.« Wer hier wie und warum in Schotten transformiert wird, warum das die Gesellschaft (welche?) gefährdet, wo da ein Kalauer versteckt ist und worin Witz und subtiler Unterton »bei Python« bestehen – Pittler behält’s für sich. Und wie »die Pythons« Oscar Wilde »vom Kopf auf die Füße stellen«, was es bedeutet, wenn John Cleese »substantiell oft als Moderator ins Bild« rückt, wie man sich Texte »von pythoneskem Humor« vorzustellen hat, denen »ein thespishafter Zauber« innewohnt, weshalb manche irgendwann zu Klassikern »mutierten« – all das und vieles mehr würde man zu gerne verstehen. Manche »Scherze sind objektiv anachronistisch«, so wie jemand »de facto zur Gänze« aus einem Film »fliegt«; dennoch wird bei all diesem Schwurbel eines klar: Die Pythons waren erfolgreich, denn »mit der zweiten Staffel zementierten die Pythons ihren Kultstatus, schafften es aber gleichzeitig, zu einem Massenphänomen zu werden.«
Pittler glaubt zudem, über einen komischen Gegenstand seinerseits komisch schreiben zu müssen, was er aber nicht kann. So wiederholt er ständig die salopp-schnoddrige Phrase von »über die britischen TV-Schirme« »flimmernden« »Streifen«, und wenn er wirklich komisch ist, dann unfreiwillig: »Das letzte Filmprojekt wurde durch die berühmte Schlussmelodie durchaus im doppelten Sinne beendet.« Wer wirklich etwas wissen will über Monty Python, etwas Fundiertes gar, wird anderswo suchen müssen. Womit diese Humorkritik im ganz einfachen Sinn beendet wäre.