Humorkritik | Dezember 2019

Dezember 2019

Ein Scherz hat oft gefruchtet, wo der Ernst nur Widerstand hervorzurufen pflegte.
August von Platen

Deutsch ist lustiger als der Tod

Die »schreckliche deutsche Sprache« hat Mark Twain nicht nur in seinem Text »The Awful German Language« kompetent und komisch analysiert, er hat sich auch darüber hinaus immer wieder mit ihr befasst, so in dem 1888 publizierten und jetzt erstmals auf Deutsch (und Englisch) vorliegenden Stück »Meisterschaft, oder: Even German is preferable to death« (Reclam), das er zur Belustigung einer in seinem privaten Umfeld die deutsche Sprache büffelnden Konversationsgruppe angefertigt hat. Es heißt auch im Original »Meisterschaft«, weil es ein »The Meisterschaft System« betiteltes Lehrbuch parodiert und in dessen originalem bzw. originellem Deutsch zitiert, anhand dessen bedauernswerte Amerikaner das Deutsche lernen sollten: »Es wäre mir lieb, wenn Sie morgen mit mir in die Kirche gehen könnten, aber ich kann selbst nicht gehen, weil ich sonntags gewöhnlich krank bin. Juckhe!«

Bei Twain sind es die jungen Damen Annie und Margaret, die sich in dreimonatige Pauk-Klausur begeben, welche von ihren Verehrern George und William aufgelockert wird, die, um der Gesellschaft ihrer Angebeteten teilhaftig zu werden, ihrerseits bei der »Meisterschaft« in die Lehre gehen. Man spricht also Deutsch, und die Dialoge gehen so: »GEORGE. Ich möchte gern morgen früh einige Einkäufe machen und würde Ihnen sehr verbunden sein, wenn Sie mir den Gefallen thäten, mir die Namen der besten hiesigen Firmen aufzuschreiben. MARGARET. (Aside) How sweet!« Zu Recht fühlt sich der Herausgeber Holger Hanowell angesichts von Nonsens-Fragen wie »Welchen Hund haben Sie? Haben Sie den hübschen Hund des Kaufmanns oder den häßlichen Hund der Urgroßmutter des Lehrlings des bogenbeinigen Zimmermanns?« an Ionescos absurdes Stück »Die kahle Sängerin« erinnert, in dem die Helden schöne Sentenzen wie »Ich kann ein Messer kaufen für meinen Bruder, doch ihr könnt Irland nicht kaufen für euren Großvater« wechseln. Ich dachte freilich zunächst auch an Loriots Sketch »Deutsch für Ausländer« (»Ich heiße Viktor. Ich wiege 82 Kilo.« »Ich heiße Herbert. Mein Zug fährt um 19 Uhr 26«), aber Twains Text ist charmanter, u.a. weil er auf hübsche Weise das einst wie jetzt beliebte Boulevardtheater plagiiert, bei dem sich am glücklichen Ende Paar zu Paar fügt, was bei Twain recht flott und erwartbar ironisch angelegt ist. »Meisterschaft« ist ein wohlfeiles (sechs Euro) und kurzweiliges Vergnügen, gerade in seiner Beiläufigkeit und Lässigkeit offenbart aber auch dieses kleine Werkstück Mark Twains Meisterschaft. Juckhe.

  

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Briefe an die Leser

 Weiter so, uruguayischer Künstler Pablo Atchugarry!

Eine angeblich von Ihnen geschaffene Bronzeskulptur im englischen Cambridge soll an Prinz Philip erinnern, der dort von 1977 bis 2011 Kanzler der Universität war. Allerdings wird das Kunstwerk, das im Auftrag eines reichen Bauträgers angefertigt wurde, von vielen als verunglückt empfunden und zieht seit nunmehr zehn Jahren Spott auf sich.

Dass Sie mittlerweile die Urheberschaft leugnen, um Ihr Renommee als Künstler zu schützen, ist zwar verständlich, aber aus unserer Sicht völlig unnötig. Wenn sich das Konzept durchsetzt, lästige Promis, die uns über Jahrzehnte viel Zeit, Geld und Nerven gekostet haben, mit langlebigen Schrott-Monumenten zu schmähen, werden Sie sich vor Aufträgen bald kaum noch retten können. Und das Beste: Weil andere Großkopferte sich mit ihren Eskapaden zurückhalten würden, um nicht von Ihnen verewigt zu werden, sorgten Sie auch noch für Ruhe und gesellschaftlichen Frieden.

Hofft, dass dieser Vorschlag einen Stein ins Rollen bringt: Titanic

 Hoppla, Berliner Gefängnischefs!

Drei von Euch haben laut Tagesspiegel wegen eines Fehlers der schwarz-roten Regierungskoalition statt einer Gehaltserhöhung weniger Geld bekommen. Aber der Ausbruch von Geldnöten soll durch einen Nachtragshaushalt verhindert werden. Da ja die Freundschaft bekanntlich beim Geld endet: Habt Ihr drei beim Blick auf Eure Kontoauszüge mal kurz über eine Ersatzfreiheitsstrafe für die nachgedacht, die das verbrochen haben?

Wollte diese Idee nur mal in den Raum stellen: Titanic

 Aha bzw. aua, Voltaren!

Das wussten wir gar nicht, was da in Deiner Anzeige steht: »Ein Lächeln ist oft eine Maske, die 1 von 3 Personen aufsetzt, um Schmerzen zu verbergen. Lass uns helfen. Voltaren.«

Mal von der Frage abgesehen, wie Du auf die 1 von 3 Personen kommst, ist es natürlich toll, dass Du offenbar eine Salbe entwickelt hast, die das Lächeln verschwinden lässt und den Schmerz zum Vorschein bringt!

Gratuliert salbungsvoll: Titanic

 Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Die Bunte zitiert Sie mit der Aussage: »Um zu überleben, muss man gesund sein, und wenn man am gesündesten ist, sieht man einfach auch am jüngsten aus!« Gut, dass Sie diese Erkenntnis an uns weitergeben!

Geht jetzt zur Sicherheit bei jeder neuen Falte, Cellulitedelle und grauen Strähne zum Arzt:

Ihre greise Redaktion der Titanic

 Kurze Anmerkung, Benedikt Becker (»Stern«)!

»Wer trägt heute noch gerne Krawatte?« fragten Sie rhetorisch und machten den Rollkragenpullover als neues It-Piece der Liberalen aus, v. a. von Justizminister Marco Buschmann und Finanzminister Christian Lindner, »Was daran liegen mag, dass der Hals auf die Ampelkoalition besonders dick ist. Da hilft so eine Halsbedeckung natürlich, den ganzen Frust zu verbergen.«

Schon. Aber wäre es angesichts des Ärgers der beiden Freien Demokraten über SPD und Grüne nicht passender, wenn sie mal wieder so eine Krawatte hätten?

Ebenso stilistisch versiert wie stets aus der Mode: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Vom Feeling her

Es hat keinen Sinn, vor seinen Gefühlen wegzulaufen. Man muss sich schon auch mal hinter einem Baum verstecken und warten, dass die das nicht merken und an einem vorbeiziehen, sonst bringt das ja alles nichts.

Loreen Bauer

 Spielregeln

Am Ende einer Mensch-ärgere-dich-nicht-Partie fragt der demente Herr, ob er erst eine Sechs würfeln muss, wenn er zum Klo will.

Miriam Wurster

 Die wahre Strafe

Verhaftet zu werden und in der Folge einen Telefonanruf tätigen zu müssen.

Fabio Kühnemuth

 Altersspezifisch

Ich gehöre noch zu einer Generation, deren Sätze zu häufig mit »Ich gehöre noch zu einer Generation« anfangen.

Andreas Maier

 Dual Use

Seit ich meine In-Ear-Kopfhörer zugleich zum Musikhören und als Wattestäbchen verwende, stört es mich gar nicht mehr, wenn beim Herausnehmen der Ohrstöpsel in der Bahn getrocknete Schmalzbröckelchen rauspurzeln.

Ingo Krämer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
04.05.2024 Gütersloh, Die Weberei Thomas Gsella
04.05.2024 Jena, F-Haus Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
05.05.2024 Bonn, Rheinbühne Thomas Gsella
05.05.2024 Magdeburg, Factory Martin Sonneborn mit Sibylle Berg