Humorkritik | Mai 2018

Mai 2018

Die mit Abstand lustigste Zahl ist 123.
Prof. Dr. Christian Hesse, Ph. D.

Cultig

Bisher war sie mir bloß ein »guilty pleasure«: die HBO-Serie »American Horror Story«, die in jeder ihrer Staffeln eine andere groteske Gruselgeschichte erzählt. Sadistische Nonnen, Nazis, der Teufel, Zombies und ein Psychokiller machen sich da etwa in der zweiten Staffel als Bösewichter Konkurrenz; eine schön geschmacklose Verdichtung von Genre-Topoi, die eins jedoch nie war: komisch oder gar satirisch.

Das hat sich nun mit der siebten und neuesten Staffel, »Cult«, geändert. Die Handlung spielt direkt nach der Wahl Trumps in einer idyllischen kleinen Stadt, in der ein politisch hyperkorrektes lesbisches Paar (Sarah Paulson, Alison Pill) Zeuge wird, wie eine faschistische Sekte auch im Städtchen nach der Macht greift, Gegner einschüchtert und Angst erzeugt; bald kommt es auch zu Morden. Dominiert die ersten Folgen das ansteckende Gefühl nackter Panik, das nicht nur amerikanische Progressive nach der Präsidentschaftswahl verspürt haben dürften, fällt in späteren Episoden die Maske des scheinbar allmächtigen Anführers des Kults (Evan Peters) – dahinter kommt ein lächerlicher Neurotiker zum Vorschein, dessen Wahn bald aufs Komischste gegen jeglichen Wahrheitsanspruch agitiert (»Wikipedia is fake news!«). Aber auch das scheinbar progressive Paar wird in grellen Klischeefarben gezeichnet: Die hehren Ideale erodieren sofort, sobald sie Widerstand erfahren, und machen einem ebenso mörderischen Konter-Kult Platz. Im Ganzen ergibt sich das grausam-sarkastische Porträt einer auseinanderfallenden Gesellschaft, in der Desinformation, Angst und Gewalt beide politische Lager bis zur Idiotie radikalisieren; inmitten dieser bürgerkriegsähnlichen Zustände entspannen sich aber immer noch lächerliche Konflikte: etwa um den besten Kaffee oder um Einladungen zum Essen, und so werden die Menschen vor ihren großen Visionen nur um so kleiner.

Ich habe mich bei »Cult« ein bißchen gegruselt, ein bißchen geekelt und angenehm häufig gelacht.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ach, Scheuer-Andi,

wie der Spiegel meldet, wird niemand für Sie in den Bundestag nachrücken. Da scheinen die Fußstapfen wohl einfach zu groß zu sein.

Die Besten gehen immer zu früh …

Weiß Titanic

 Aha bzw. aua, Voltaren!

Das wussten wir gar nicht, was da in Deiner Anzeige steht: »Ein Lächeln ist oft eine Maske, die 1 von 3 Personen aufsetzt, um Schmerzen zu verbergen. Lass uns helfen. Voltaren.«

Mal von der Frage abgesehen, wie Du auf die 1 von 3 Personen kommst, ist es natürlich toll, dass Du offenbar eine Salbe entwickelt hast, die das Lächeln verschwinden lässt und den Schmerz zum Vorschein bringt!

Gratuliert salbungsvoll: Titanic

 Könnte es sein, »ARD-Deutschlandtrend«,

dass Dein Umfrageergebnis »Mehrheit sieht den Frieden in Europa bedroht« damit zusammenhängt, dass seit über zwei Jahren ein Krieg in Europa stattfindet?

Nur so eine Vermutung von Titanic

 Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Die Bunte zitiert Sie mit der Aussage: »Um zu überleben, muss man gesund sein, und wenn man am gesündesten ist, sieht man einfach auch am jüngsten aus!« Gut, dass Sie diese Erkenntnis an uns weitergeben!

Geht jetzt zur Sicherheit bei jeder neuen Falte, Cellulitedelle und grauen Strähne zum Arzt:

Ihre greise Redaktion der Titanic

 Chillax, Friedrich Merz!

Sie sind Gegner der Cannabislegalisierung, insbesondere sorgen Sie sich um den Kinder- und Jugendschutz. Dennoch gaben Sie zu Protokoll, Sie hätten »einmal während der Schulzeit mal einen Zug dran getan«.

Das sollte Ihnen zu denken geben. Nicht wegen etwaiger Spätfolgen, sondern: Wenn ein Erzkonservativer aus dem Sauerland, der fürs Kiffen die Formulierung »einen Zug dran tun« wählt, schon in der Schulzeit – und trotz sehr wahrscheinlichem Mangel an coolen Freund/innen – an Gras kam, muss dann nicht so ziemlich jedes andere System besseren Jugendschutz garantieren?

Sinniert

Ihre Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Konsequent

Die Welt steckt in der Spermakrise. Anzahl und Qualität der wuseligen Eileiter-Flitzer nehmen rapide ab. Schon in wenigen Jahren könnten Männer ihre Zeugungsfähigkeit vollständig verlieren. Grund hierfür sind die Verkaufsschlager aus den Laboren westlicher Großkonzerne. Diese Produkte machen den Schädling platt, das Plastik weich und das Braterlebnis fettfrei und wundersam. Erfunden wurden diese chemischen Erfolgsverbindungen von – Überraschung – Y-Chromosom-Trägern. Toll, dass sich Männer am Ende doch an der Empfängnisverhütung beteiligen.

Teresa Habild

 Die wahre Strafe

Verhaftet zu werden und in der Folge einen Telefonanruf tätigen zu müssen.

Fabio Kühnemuth

 Mitgehört im Zug

»Prostitution ist das älteste Gewerbe der Welt!« – »Ja, aber das muss es ja nicht bleiben.«

Karl Franz

 Gute Nachricht:

Letzte Woche in der Therapie einen riesigen Durchbruch gehabt. Schlechte Nachricht: Blinddarm.

Laura Brinkmann

 Vom Feeling her

Es hat keinen Sinn, vor seinen Gefühlen wegzulaufen. Man muss sich schon auch mal hinter einem Baum verstecken und warten, dass die das nicht merken und an einem vorbeiziehen, sonst bringt das ja alles nichts.

Loreen Bauer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
06.05.2024 Hannover, Pavillon Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
06.05.2024 Hamburg, Centralkomitee Ella Carina Werner
07.05.2024 Köln, Stadthalle Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
07.05.2024 Frankfurt am Main, Club Voltaire »TITANIC-Peak-Preview« mit Kathrin Hartmann