Humorkritik | April 2018

April 2018

Lächerlichkeit tötet: Das ist ein Satz, der eine sehr finstere Bedeutung annehmen kann.
Hans Magnus Enzensberger

Nutzlos, dumm und hocherfreulich

»Mein Name ist Doug Kenney, und Sie haben wahrscheinlich noch nie von mir gehört.« Ha! Habe ich als jemand, der seit vielen Jahren für ein namhaftes Satiremagazin arbeiten darf, natürlich sehr wohl, denn ebenjener Kenney ist gewissermaßen das transatlantische Pendant zu Gernhardt, Waechter, Bernstein et al. Humorgeschult durch lange Redaktionstätigkeit bei der anarchischen Collegepostille »Harvard Lampoon«, wurde der frischgebratene Akademiker 1970 Mitbegründer des landesweiten Ablegers »National Lampoon«, jenem Blatt, das mit dem Titel »If you don’t buy this magazine, we’ll kill this dog« Geschichte schrieb und in dessen Dunstkreis die später als Kultfilme gehandelten Produktionen »Animal House« und »Caddyshack« hervorgingen.

Erfreulich, daß so eine Person nun mit dem Netflix-Streifen »A Futile and Stupid Gesture« einem größeren Publikum bekanntgemacht wird. Und noch schöner, daß dieses Publikum ganz im Sinne und Geiste des »Lampoon« immer wieder verschaukelt wird. Der ältere Herr, der den eingangs zitierten Satz zu Beginn des Films in die Kamera spricht, ist nämlich seit fast vierzig Jahren tot. Was der unbeleckte Zuschauer aber erst gegen Ende erfährt. Daß der junge Doug mit Will Forte rein phänotypisch nicht optimal besetzt ist, wird, die Vierte Wand durchbrechend, ebenso frischweg thematisiert (»Yeah, so these actors don’t look exactly like the real people. But come on, do you think I looked like Will Forte when I was 27? You think Will Forte is 27?«), wie auch ganz unverhohlen die Dutzenden Freiheiten und Inkonsistenzen eingeblendet werden, die man sich sonst so geleistet hat – von Kleinigkeiten wie die, Mitstreiter Henry Beard habe sich bei der Heftgründung quergestellt (Dramatik!) oder Doug habe dem Kollegen Rick Meyerowitz statt Chris Miller seine mit Kokain gefüllte Schublade gezeigt, bis hin zu der Notiz: »Everyone was a lot more sexist and racist than they appear to be.« Damit sticht dieses Biopic wohltuend heraus aus dem Üblichen – und ist dabei nicht ohne Erkenntnisgewinn. Gelernt habe ich vor allem, daß es beim Satiremachen offenbar weltweit gewisse Konstanten gibt: Geldknappheit, wütende Kundschaft, noch wütendere Unternehmen, Exzentrik, Verlegerkriege, Drogen, Improvisationstalent und ein gerüttelt Maß Chuzpe.

Schade eigentlich, daß der »National Lampoon« 1998 eingestellt wurde.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Hello, Grant Shapps (britischer Verteidigungsminister)!

Eine düstere Zukunft haben Sie in einem Gastbeitrag für den Telegraph zum 75jährigen Bestehen der Nato skizziert. Sie sehen eine neue Vorkriegszeit gekommen, da sich derzeit Mächte wie China, Russland, Iran und Nordkorea verbündeten, um die westlichen Demokratien zu schwächen. Dagegen hülfen lediglich eine Stärkung des Militärbündnisses, die weitere Unterstützung der Ukraine und Investitionen in Rüstungsgüter und Munition. Eindringlich mahnten Sie: »Wir können uns nicht erlauben, Russisch Roulette mit unserer Zukunft zu spielen.«

Wir möchten aber zu bedenken geben, dass es beim Russisch Roulette umso besser fürs eigene Wohlergehen ist, je weniger Munition im Spiel ist und Patronen sich in der Trommel befinden.

Den Revolver überhaupt vom eigenen Kopf fernhalten, empfehlen Ihre Croupiers von der Titanic

 Hey, »Dyn Sports«!

Bitte für zukünftige Moderationen unbedingt merken: Die Lage eines Basketballers, der nach einem Sturz »alle Viere von sich streckt«, ist alles Mögliche, aber bestimmt nicht »kafkaesk«. Sagst Du das bitte nie wieder?

Fleht Titanic

 Wir wollten, »SZ«,

nur mal schnell Deine Frage »Gedenkbäume absägen. Hinweistafeln mit Hakenkreuzen beschmieren. Wer macht sowas?« beantworten: Nazis.

Für mehr investigative Recherchen wende Dich immer gerne an Titanic

 Ein Vorschlag, Clemens Tönnies …

Ein Vorschlag, Clemens Tönnies …

Während Ihrer Zeit im Aufsichtsrat bei Schalke 04 sollen Sie in der Halbzeitpause einmal wutentbrannt in die Kabine gestürmt sein und als Kommentar zur miserablen Mannschaftsleistung ein Trikot zerrissen haben. Dabei hätten Sie das Trikot viel eindrücklicher schänden können, als es bloß zu zerfetzen, Tönnies!

Sie hätten es, wie Sie es aus Ihrem Job kennen, pökeln, durch den verschmutzten Fleischwolf drehen und schließlich von unterbezahlten Hilfskräften in minderwertige Kunstdärme pressen lassen können.

Aber hinterher ist man immer schlauer, gell?

Dreht Sie gern durch den Satirewolf: Titanic

 Recht haben Sie, Uli Wickert (81)!

Recht haben Sie, Uli Wickert (81)!

Die Frage, weshalb Joe Biden in seinem hohen Alter noch mal für das Präsidentenamt kandidiert, anstatt sich zur Ruhe zu setzen, kommentieren Sie so: »Warum muss man eigentlich loslassen? Wenn man etwas gerne macht, wenn man für etwas lebt, dann macht man halt weiter, soweit man kann. Ich schreibe meine Bücher, weil es mir Spaß macht und weil ich nicht Golf spielen kann. Und irgendwie muss ich mich ja beschäftigen.«

Daran haben wir, Wickert, natürlich nicht gedacht, dass der sogenannte mächtigste Mann der Welt womöglich einfach keine Lust hat, aufzuhören, auch wenn er vielleicht nicht mehr ganz auf der Höhe ist. Dass ihn das Regieren schlicht bockt und ihm obendrein ein Hobby fehlt. Ja, warum sollte man einem alten Mann diese kleine Freude nehmen wollen!

Greifen Sie hin und wieder doch lieber zum Golfschläger statt zum Mikrofon, rät Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Tödliche Pilzgerichte (1/1)

Gefühlte Champignons.

Lukas Haberland

 Finanz-Blues

Wenn ich bei meiner langjährigen Hausbank anrufe, meldet sich immer und ausnahmslos eine Raiffeisenstimme.

Theobald Fuchs

 Immerhin

Für mich das einzig Tröstliche an komplexen und schwer zugänglichen Themen wie etwa Quantenmechanik, Theodizee oder den Hilbertschen Problemen: Letztlich ist das alles keine Raketenwissenschaft.

Michael Ziegelwagner

 Gute Nachricht:

Letzte Woche in der Therapie einen riesigen Durchbruch gehabt. Schlechte Nachricht: Blinddarm.

Laura Brinkmann

 Die wahre Strafe

Verhaftet zu werden und in der Folge einen Telefonanruf tätigen zu müssen.

Fabio Kühnemuth

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
02.05.2024 Dresden, Schauburg Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
03.05.2024 Mettingen, Schultenhof Thomas Gsella
03.05.2024 Stuttgart, Im Wizemann Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
04.05.2024 Gütersloh, Die Weberei Thomas Gsella