Humorkritik | Juli 2017

Herzschmerz auf englisch

Noch nicht zweihundert, immerhin aber fünfzig Jahre tot ist Austens Kollegin Dorothy Parker kürzlich gewesen, und pünktlich erschien bei Dörlemann der zweisprachige Band »Denn mein Herz ist frisch gebrochen« mit allen zu Lebzeiten veröffentlichten Gedichten der amerikanischen Schriftstellerin, die hierzulande zugunsten ihrer Erzählungen bislang weitgehend unbekannt waren. Die von Ulrich Blumenbach übertragenen Gedichte lassen sich am ehesten mit denen von Mascha Kaléko und Erich Kästner vergleichen, wenn sie auch – Heinrich Heines »Buch der Lieder« verwandt – kaum je vom Topos der unglücklichen Liebe abweichen. Fast regelmäßig aber findet Parker im betont lakonischen Schlußvers den Weg zur Komik und bricht so mit den vorherigen Zeilen. In »Résumé« etwa zählt sie die geläufigsten Suizidmöglichkeiten und deren Schwächen auf (»Guns aren’t lawful; / Nooses give; / Gas smells awful«), was sie zum schulterzuckenden Fazit verleitet: »You might as well live.« In »Swan Song« benennt sie die Ärgernisse des Alterns und schließt: »A long time to sweat, / A little while to shiver; / It’s all you get / Where’s the nearest river?« Bei Parker dient der Hinweis aufs Ertränken als einzige Verbindung zum Titel, bei Blumenbach verschwindet er zugunsten der banalen Verse: »Nur Schall und Rauch / Eher greif ich zum Strick.« Überhaupt will mir die Übersetzung nicht immer einleuchten. Blumenbach müht sich zwar, Parkers komplizierte Verse ins Deutsche zu retten, kommt aber bisweilen zu recht dubiosen Ergebnissen: »Love is for unlucky folk, / Love is but a curse« beispielsweise wird zu »Liebe ist ein Griff ins Klo. / Liebe läßt uns leerer.« Insbesondere auf dem Gebiet des Gleichklangs patzt Blumenbach wiederholt. Während nämlich Maria Hummitzsch im Nachwort betont, daß komische Gedichte »saubere Reime« bräuchten, »um wirklich zu ›zünden‹«, will oder kann Blumenbach dieser Forderung nicht nachkommen: Reimpaare wie »Wiesen« und »verwesen«, »Pirat« und »parat« oder »Vergehen« und »Spanien« wollen mir jedenfalls nicht besonders sauber erscheinen.

Dorothy Parkers Gedichte voll Herzeleid und Liebestod sollten am besten häppchenweise gelesen werden, dafür aber häufig und ausführlich. Als Verständnishilfe taugt Blumenbachs Übertragung dabei allemal.

  

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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Damit hast Du nicht gerechnet, »Zeit online«!

Als Du fragtest: »Wie gut sind Sie in Mathe?«, wolltest Du uns da wieder einmal für dumm verkaufen? Logisch wissen wir, dass bei dieser einzigen Aufgabe, die Du uns gestellt hast (Z+), erstens der zweite Summand und zweitens der Mehrwert fehlt.

Bitte nachbessern: Titanic

 Sie, Romancier Robert Habeck,

Sie, Romancier Robert Habeck,

nehmen Ihren Nebenjob als Wirtschaftsminister wohl sehr ernst! So ernst, dass Sie durch eine Neuauflage Ihres zusammen mit Ihrer Ehefrau verfassten Romans »Der Tag, an dem ich meinen toten Mann traf« versuchen, fast im Alleingang dem darniederliegenden Literaturmarkt auf die Sprünge zu helfen. Könnten Sie sich als Nächstes das Zeitschriftensterben vorknöpfen?

Fragt Titanic

 Ganz, ganz sicher, unbekannter Ingenieur aus Mittelsachsen,

dass Du Deine Verteidigungsstrategie nicht überdenken willst? Unter uns, es klingt schon heftig, was Dir so alles vorgeworfen wird: Nach einem Crash sollst Du einem anderen Verkehrsteilnehmer gegenüber handgreiflich geworden sein, nur um dann Reißaus zu nehmen, als der Dir mit der Polizei kommen wollte.

Die beim wackeren Rückzug geäußerten Schmähungen, für die Du nun blechen sollst, wolltest Du vor dem Amtsgericht Freiberg dann aber doch nicht auf Dir sitzen lassen. Weder »Judensau« noch »Heil Hitler« willst Du gerufen haben, sondern lediglich »Du Sau« und »Fei bitter«. Magst Du das nicht noch mal mit Deinem Rechtsbeistand durchsprechen? Hast Du im fraglichen Moment nicht vielleicht doch eher Deinen Unmut über das wenig höfische Verhalten des anderen Verkehrsteilnehmers (»Kein Ritter!«) geäußert, hattest Deinen im selben Moment beschlossenen Abschied von den sozialen Medien (»Bye, Twitter!«) im Sinn, oder hast gar Deiner verspäteten Freude über die olympische Bronzemedaille des deutschen Ruder-Achters von 1936 (»Geil, Dritter!«) Ausdruck verliehen?

Nein? Du bleibst dabei? Und würdest dafür sogar ins Gefängnis gehen (»Fein, Gitter!«)?

Davor hat fast schon wieder Respekt: Titanic

 Keine Übertreibung, Mathias Richling,

sei die Behauptung, dass die Ampel »einen desaströsen Eindruck bei jedermann« hinterlasse, denn in den vielen Jahren Ihrer Karriere, so schilderten Sie’s den Stuttgarter Nachrichten, hätten Sie es noch nie erlebt, »dass ohne jegliche pointierte Bemerkung allein die bloße Nennung des Namens Ricarda Lang ein brüllendes Gelächter auslöst«.

Aber was bedeutet das? »Das bedeutet ja aber, zu Mitgliedern der aktuellen Bundesregierung muss man sich nichts Satirisches und keinen Kommentar mehr einfallen lassen.« Nun beruhigt uns einerseits, dass Ihr Publikum, das sich an Ihren Parodien von Helmut Kohl und Edmund Stoiber erfreut, wohl immerhin weiß, wer Ricarda Lang ist. Als beunruhigend empfinden wir hingegen, dass offenbar Sie nicht wissen, dass Lang gar kein Mitglied der aktuellen Bundesregierung ist.

Muss sich dazu nichts Satirisches und keinen Kommentar mehr einfallen lassen: Titanic

 Huhu, »HNA« (»Hessische/Niedersächsische Allgemeine«)!

Mit großer Verblüffung lesen wir bei Dir in einem Testbericht: »Frischkäse ist kaum aus einem Haushalt in Deutschland wegzudenken.«

Och, Menno! Warum denn nicht? Und wenn wir uns nun ganz doll anstrengen? Wollen wir es denn, HNA, einmal gemeinsam versuchen? Also: Augen schließen, konzentrieren und – Achtung: hui! – weg damit! Uuuund: Futschikato! Einfach aus dem eigenen Haushalt weggedacht. Und war doch überhaupt nicht schlimm, oder?

Es dankt für die erfolgreiche Zusammenarbeit und hofft, einen kleinen Denkanstoß gegeben zu haben, wenn nicht gar einen Wegdenkanstoß: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Nachwuchs

Den werdenden Eltern, die es genau mögen, empfehle ich meinen Babynamensvorschlag: Dean Norman.

Alice Brücher-Herpel

 3:6, 6:7, 0:6

Der Volontär in der Konferenz der Sportredaktion auf die Bitte, seine Story in drei Sätzen zu erzählen.

Ronnie Zumbühl

 Dilemma

Zum Einschlafen Lämmer zählen und sich täglich über einen neuen Rekord freuen.

Michael Höfler

 Süße Erkenntnis

Für jemanden, der Pfirsich liebt, aber Maracuja hasst, hält die Welt viele Enttäuschungen bereit.

Karl Franz

 Hellseherisch

Morgen ist einfach nicht mein Tag.

Theo Matthies

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
05.12.2023 Frankfurt am Main, Club Voltaire »TITANIC-Peak-Preview« mit Stargast Til Mette
06.12.2023 Oldenburg, Wilhelm 13 Bernd Eilert mit Sandra Kegel und Klaus Modick
06.12.2023 Berlin, Das ERNST Hauck & Bauer mit Kristof Magnusson
07.12.2023 Bad Homburg, Kulturzentrum Englische Kirche Pit Knorr & Die Eiligen Drei Könige