Humorkritik | Mai 2015

Mai 2015

»Ich hab früher auch viel mit Humor zu tun gehabt.«
Heino

Zum Glück Krebs

In dem Kammerspiel »Krebs ist auch keine Lösung«, das im März 2015 im Hamburger Polittbüro uraufgeführt wurde, hadert ein mäßig erfolgreicher Finanzfritze namens Schlappner mit seiner einst ehrgeizig ins Berufsleben aufgebrochenen und dann im Schrottjournalismus versumpften Frau Klara, die nach einer Mammographie auf den Befund wartet. Achtzig Minuten dauert es, bis endlich der alles entscheidende Telefonanruf kommt; es bleibt also reichlich Zeit für die beiden Eheleute, unentwegt aufeinander einzuteufeln. Sie (gespielt von Lisa Politt): »Ich habe Krebs.« Er (gespielt von Tommaso Cacciapuoti): »Aber wir bekommen doch Besuch!« Der Autor Bov Bjerg, der Regisseur Rolf Claus und die beiden Darsteller geben den Ernst der Lage nicht einfach der Heiterkeit preis, laden aber durchaus zum Lachen ein. Schlappner (am Telefon): »Wird heute nichts, tut mir leid! Uns ist was dazwischengekommen … Krebs … Nein, zum Glück nicht. Meine Frau …«

Meine Lieblingsszene ist die, in der Klara plötzlich aufgeht, daß ihre beruflichen Stationen chronologisch genau mit den fünf von der Psychiaterin Elisabeth Kübler-Ross definierten Phasen der Reaktion auf eine tödliche Krankheit übereinstimmen – Leugnung: Christ und Welt/Rheinischer Merkur, Aggression: Taz, Depression: Bunte, Verhandlung: Brigitte, Akzeptanz: Fit for Fun. Gegruselt hätte es mich vor einem Stück von rein schwarzem Humor, denn das wäre unweigerlich sehr langweilig geworden. Hier aber steht von Anfang bis Ende alles auf der Kippe zwischen Screwball-Comedy und großem Drama, und an Lisa Politts Mienenspiel und ihrer mitunter bestürzend akrobatischen Mimik hätte zweifellos auch Katharine Hepburn ihre Freude gehabt.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich überhaupt einmal das von Lisa Politt und Gunter Schmidt betriebene Polittbüro rühmen: Diese Kabarett- und Kleinkunstbühne ist eine der schönsten in ganz Deutschland, und die Einwohner Hamburgs dürfen sich glücklich schätzen, so etwas Großartiges vor der Haustür zu haben.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Hä, »Spiegel«?

»Aber gesund machen wird diese Legalisierung niemanden!« schreibst Du in einem Kommentar zum neuen Cannabisgesetz. »Ach, echt nicht?« fragen wir uns da verblüfft. Wir waren bisher fest vom Gegenteil überzeugt. Immerhin haben Kiffer/innen oft sehr gute feinmotorische Fähigkeiten, einen gesunden Appetit und ärgern sich selten. Hinzu kommen die unzähligen Reggaesongs, in denen das Kiffgras als »Healing of the Nation« bezeichnet wird. All dies willst Du nun tatsächlich infrage stellen? Da lieber noch mal ganz in Ruhe drüber nachdenken!

Empfehlen Deine Blättchenfreund/innen von Titanic

 Warum, Internet?

Täglich ermöglichst Du Meldungen wie diese: »›Problematisch‹: Autofahrern droht Spritpreis-Hammer – ADAC beobachtet Teuer-Trend« (infranken.de).

Warum greifst Du da nicht ein? Du kennst doch jene Unsichtbar-Hand, die alles zum Kapitalismus-Besten regelt? Du weißt doch selbst davon zu berichten, dass Millionen Auto-Süchtige mit Dauer-Brummbrumm in ihren Monster-Karren Städte und Länder terrorisieren und zum Klima-Garaus beitragen? Und eine Lobby-Organisation für Immer-Mehr-Verbrauch Höher-Preise erst verursacht?

Wo genau ist eigentlich das Verständlich-Problem?

Rätselt Deine alte Skeptisch-Tante Titanic

 Ganz schön unentspannt, Giorgia Meloni!

Ganz schön unentspannt, Giorgia Meloni!

Nachdem Sie eine Klage wegen Rufschädigung eingereicht haben, wird nun voraussichtlich ein Prozess gegen den britischen Rockstar Brian Molko eingeleitet. Dieser hatte Sie bei einem Konzert seiner Band Placebo in Turin als Nazi und Faschistin bezeichnet.

Wir finden, da könnten Sie sich mal etwas lockermachen. Wer soll denn bitte noch durchblicken, ob Sie gerade »Post-«, »Proto-« oder »Feelgood-« als Präfix vor »Faschistin« bevorzugen? Und: Wegen solcher Empflichkeiten gleich vor Gericht zu gehen, kostet die Justiz so viel wertvolle Zeit. Die könnte sie doch auch nutzen, um Seenotretter/innen dingfest zu machen oder kritische Presse auszuschalten. Haben Sie darüber schon mal nachgedacht, Sie Snowflake?

Schlägt ganz gelassen vor: Titanic

 Kurze Anmerkung, Benedikt Becker (»Stern«)!

»Wer trägt heute noch gerne Krawatte?« fragten Sie rhetorisch und machten den Rollkragenpullover als neues It-Piece der Liberalen aus, v. a. von Justizminister Marco Buschmann und Finanzminister Christian Lindner, »Was daran liegen mag, dass der Hals auf die Ampelkoalition besonders dick ist. Da hilft so eine Halsbedeckung natürlich, den ganzen Frust zu verbergen.«

Schon. Aber wäre es angesichts des Ärgers der beiden Freien Demokraten über SPD und Grüne nicht passender, wenn sie mal wieder so eine Krawatte hätten?

Ebenso stilistisch versiert wie stets aus der Mode: Titanic

 Wir wollten, »SZ«,

nur mal schnell Deine Frage »Gedenkbäume absägen. Hinweistafeln mit Hakenkreuzen beschmieren. Wer macht sowas?« beantworten: Nazis.

Für mehr investigative Recherchen wende Dich immer gerne an Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 In Würde altern

Früher hätte mich der riesige Pickel mitten auf meinem Hals stark gestört. Heute trage ich den wohl niedlichsten ausgeprägten Adamsapfel, den die Welt je gesehen hat, mit großem Stolz ein paar Tage vor mir her.

Ronnie Zumbühl

 Finanz-Blues

Wenn ich bei meiner langjährigen Hausbank anrufe, meldet sich immer und ausnahmslos eine Raiffeisenstimme.

Theobald Fuchs

 Frage an die Brutschmarotzer-Ornithologie

Gibt es Kuckucke, die derart hinterhältig sind, dass sie ihre Eier anderen Kuckucken unterjubeln, damit die dann fremde Eier in fremde Nester legen?

Jürgen Miedl

 Tödliche Pilzgerichte (1/1)

Gefühlte Champignons.

Lukas Haberland

 Vom Feeling her

Es hat keinen Sinn, vor seinen Gefühlen wegzulaufen. Man muss sich schon auch mal hinter einem Baum verstecken und warten, dass die das nicht merken und an einem vorbeiziehen, sonst bringt das ja alles nichts.

Loreen Bauer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg