Humorkritik | Mai 2015
Mai 2015
»Ich hab früher auch viel mit Humor zu tun gehabt.«
Heino
Farewell, Dietl
Alle großen deutschen Regisseure mit Sinn für Komik heißen Helmut – bis auf Lubitsch, der hieß Ernst. Es gibt nicht allzu viele deutsche Filme aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, die ich mir im 21. noch ansehen mag. Nicht wenige sind unter der Regie von Helmut Käutner oder Helmut Dietl entstanden.
Im Mai 2014 hatte sich die deutsche Filmakademie entschlossen, Helmut Dietl einen Ehrenpreis für sein Lebenswerk zu verleihen, gerade noch rechtzeitig. Dietl hat von dieser Akademie und ihren Preisen nie viel gehalten. Die Peinlichkeit, die aus dem Mißverhältnis zwischen Eigenlob und Fremdwahrnehmung entsteht, ist ihm natürlich nicht entgangen. Denn für Peinlichkeiten und ihre komischen Aspekte war er Spezialist: Jahrzehntelang ist es ihm gelungen, in seinen Arbeiten die Balance zwischen Satire und Groteske zu halten; denn nur, wenn bei einem Filmstoff die grotesken Züge nicht überwiegen, kann eine menschliche Komödie daraus werden. Episoden seiner Münchner Geschichten um Monaco Franze oder Baby Schimmerlos beweisen das früh. Spielfilme wie Schtonk fügten in ihren besseren Momenten der deutschen Komödie etwas hinzu, was ihr im Regelfall fehlt: Eleganz.
Dietl hat vorgeführt, daß auch deutsche Schauspieler eine mehrdeutige Figur machen können. Geführt von einer stil- und geschmackssicheren Regie, entwickeln sogar eher plumpe Typen wie Götz George oder Uwe Ochsenknecht eine gewisse Unbeschwertheit, die eben nicht auf demonstrative Pointiertheit setzt, sondern auf Widersprüche und Fehldeutungen.
Dafür hat Dietl gekämpft und kämpfen müssen, denn viel Verständnis darf man für Ambitionen dieser Art bei Film- oder Fernsehproduzenten nicht erwarten. Diese nämlich halten ihr Publikum schlicht für schlicht. Dietl ist darüber zum Zyniker geworden, mit einer nicht ungefährlichen Neigung zu resignativer Sentimentalität. Wer das Milieu kennt, das er geliebt und unter dem er gelitten hat, wird dafür Verständnis haben.
Der »Deutsche Filmpreis« vor genau einem Jahr war da ein schwacher Trost, wenn nicht ein Hohn. In der Laudatio von Michael »Bully« Herbig tauchten Dietls Vorbilder namentlich auf: Er habe, erzählte Herbig, vorher »den Helmut angerufen« – unsicher, ob dieser einverstanden wäre mit ihm als Laudator. »Er hat geantwortet: Der Lubitsch ist tot, der Billy Wilder ist tot, wer soll es denn sonst machen?!«
Die Frage stellt sich jetzt ganz ähnlich: Der Helmut Dietl ist tot – wer kann es ihm nachmachen?