Humorkritik | September 2014
September 2014

Göttliches Hoppeln
Die Frage, ob Tiere komisch sind, darf einen Humorkritiker durchaus beschäftigen. Die Antwort: selbstverständlich! Dabei muß es sich nicht einmal um notorisch als lustig empfundene Tiere handeln; Affen etwa.
Wilhelm Genazino, der als Experte auf dem Feld Heiterkeit generierender Situationen mit Tieren gelten kann, liefert dafür erwartbar auch in seinem frischen Roman »Bei Regen im Saal« (Hanser) anhand einer hübschen, unspektakulären Szene einen neuerlichen Beweis: »In der Nähe war ein kleiner Park, in dem sich Karnickel angesiedelt hatten. Ich mußte über die Tiere lachen, was ich auch ohne Skrupel tat, obwohl ich mich fast bei jedem Lachen an einen Lehrer erinnerte, der den Kindern einschärfte, daß jedes Lebewesen seine göttliche Würde habe und deswegen nicht ausgelacht werden dürfe. Tiere könnten selbst nicht lachen und wüßten deswegen auch nicht, was das Lachen der Menschen bedeute. Nicht nur das Hoppeln der Karnickel wirkte komisch, sondern mehr noch der bei jedem Schritt nachgezogene Hinterleib. Ich nahm an, es war das scheinbare Auseinanderfallen des Körpers, was das Lachen auslöste.«
Ich nehme nicht nur an, ich weiß vielmehr, daß es derlei ziseliert beschriebene Beobachtungen und Reflexionen sind, für die ich Genazino schätze. Weshalb ich auch seinen neuen, alle vorhergehenden Werke kongenial fortspinnenden Roman wieder gern gelesen habe.