Humorkritik | September 2013

September 2013

Zwei Monsterfilme

Die zweite Brille auf meiner Nase für den stereoskopischen Firlefanz war bei Betrachtung zweier Filme nötig, die noch weitere Gemeinsamkeiten haben, handelt es sich doch jeweils um die erste Fortsetzung bekannter amerikanischer Animationsfilme: »Die Monster Uni«, ein Prequel von »Die Monster AG«, und »Ich – einfach unverbesserlich 2«.

Pixars erster Monsterfilm hat mir seinerzeit nicht schlecht gefallen; mich erfreute die originelle Konstruktion der parallelen Monster- und Menschenwelt, auch die Idee, daß die Schreie erschreckter Kinder als Energiequelle dienten, ferner der Dreh, daß die professionellen »Schrecker« wiederum selbst große Angst vor ihren vermeintlich höchst giftigen Opfern haben. Das Tempo war hoch, und die Mischung aus ca. 60 Prozent Komik, 35 Prozent Action und nur fünf Prozent Sentimentalität stimmte.

Dagegen scheitert der neue Monster-Uni-Film, der davon erzählt, wie die beiden monströsen Protagonisten es zu »Schreckern« gebracht haben. Die schöne Parallelweltkonstruktion bleibt weitgehend ungenutzt, statt dessen wird eine lahme Du-kannst-es-schaffen-Geschichte erzählt, inklusive doofer Appelle an Teamgeist, Fairneß, Freundschaft etc. Randy Newmans Musik steuert plump die Emotionen: Ob getragen oder hymnisch, erbarmungslos wird die passende Klangsoße drübergekippt, und die kleinen Gags am Rande ersaufen jämmerlich. Gelacht habe ich dennoch einmal, als nämlich eine der Nebenfiguren, in einem Wettkampf ins Taumeln geratend, den Mitstreitern ermutigend zuruft: »Mir geht’s bestens, das ist nur ein kleiner Herzinfarkt.«

Kaum wieder herausgekommen aus dem Lachen bin ich dagegen in der Fortsetzung von »Ich – einfach unverbesserlich«. Erwartet hatte ich das nicht, denn die Hauptfigur Gru hatte im ersten Film auf dem Weg zum großen, versöhnlichen Happy End alles Schurkische aufgeben müssen – und damit auch den Hauptquell der Komik.

Im zweiten Teil ist es dem Autorenduo Cinco Paul und Ken Daurio jedoch gelungen, die Handlung scheinbar mühelos aus dieser erzählerischen Sackgasse zu holen. Die Hauptelemente sind ein Superbösewicht von Goldfingerformat, eine quirlige, aber höchst kompetente Geheimagentin und die unvermeidliche Romanze, die sich aus der Kombination ergibt. Da die drei Adoptivkinder aus dem ersten Film auch noch untergebracht werden müssen, läuft die Handlung zwar nicht ganz rund – das fällt allerdings kaum auf, da eine verblüffend hohe Pointendichte und ein enormes Tempo kaum Zeit zum Atemholen, geschweige denn Nachdenken lassen.

Erfreulicherweise werden auch die unbegrenzten Möglichkeiten des Animationsfilms vorbildlich genutzt, etwa beim Transport einer bewußtlosen Blondine, die dabei in genau kalkulierten Steigerungen weit schlimmer geschunden wird, als das im Realfilm möglich wäre. Überhaupt geht es angenehm brutal zu, nicht zuletzt dank Grus unzähligen bohnenartigen kleinen Helfern, Minions genannt, die in ihrer kindlichen Verspieltheit, Bösartigkeit und Experimentierfreude für eine schöne Fülle visueller Gags sorgen. Ausufernder Slapstick, Screwball-Romantik, parodistische James-Bond-Action und jederzeit stimmiges Timing – ja, was will ich denn mehr?

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Sie wiederum, André Berghegger,

haben als Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes nach dem Einsturz der Dresdner Carolabrücke eine »Investitionsoffensive für die Infrastruktur« gefordert, da viele Brücken in Deutschland marode seien. Diese Sanierung könnten jedoch Städte und Gemeinden »aus eigener Kraft kaum tragen«, ergänzten Sie. Mit anderen Worten: Es braucht eine Art Brückenfinanzierung?

Fragt Ihre Expertin für mehr oder weniger tragende Pointen Titanic

 Bitte schön, Annika Stechemesser!

Sie sind Klimaforscherin in Potsdam, wurden in der Frankfurter Rundschau am Tag nach den brisanten Landtagswahlen zum Thema »effektiver Klimaschutz« interviewt, und da wir heute auf keinen Fall Witze mit Namen machen wollen, lassen wir das einfach mal so stechen, äh, stehen!

Ganz lieb grüßt Ihre Titanic

 Adieu, Hvaldimir!

Adieu, Hvaldimir!

Als Belugawal hast Du Dich jahrelang vor der norwegischen Küste herumgetrieben und Dich mit Kameraausrüstung am Leib angeblich als russischer Spion betätigt, was Dir viel mediale Aufmerksamkeit und Deinen Decknamen, Hvaldimir, beschert hat. Jetzt bist Du leider tot in der Risavika-Bucht gefunden worden, und da fragen wir uns, Hvaldimir: Hast Du nicht rechtzeitig die Flossen hochbekommen, oder warst Du einfach nicht geübt in der Kunst des Untertauchens?

Mit einem Gläschen Blubberwasser gedenkt Deiner heute: Titanic

 Keine Frage, DHT Speditionsgesellschaft,

steht da auf Deinen Lkw, sondern eine Aussage: »Lust auf Last«.

Als Du damit auf der Autobahn an uns vorbeirauschtest, waren wir erst mal verwirrt: Kann man wirklich Lust auf etwas haben, was laut Duden »durch sein Gewicht als drückend empfunden wird«? Erst dachten wir noch, dass Du vielleicht was anderes damit meinst. »Last Christmas, I gave you my heart«, »Last uns froh und munter sein«, »I last my heart in San Francisco« – irgendwie so was.

Aber offenbar behauptest Du tatsächlich einfach, dass Du Spaß an der monotonen und zermürbenden Aufgabe hättest, dem Kapitalismus seine Waren über die stinkenden Autobahnen zu fahren, dabei Sonntage auf zugepissten Autohöfen zu verbringen und Dich beim Überholmanöver von Teslas und Audi A-Sonstwas anhupen zu lassen. Diese »Lust« wünschen wir Dir von ganzem Herzen, aber vermuten doch ganz stark, dass Dir der Spruch von jemandem auf den Lkw diktiert wurde, der bei der Berufswahl »Lust auf Marketing« hatte und seine Mittagspausen nicht in der Fahrerkabine, sondern beim Bagel-Laden in der Innenstadt verbringt.

Fahren an der nächsten Ausfahrt ab: Deine Leichtgewichte von Titanic

 Hmmm, Aurelie von Blazekovic (»SZ«)!

Am Abend der Wahlen in Thüringen und Sachsen hatte die ZDF-Chefredakteurin Schausten dem 1. September 2024 den 1. September 1939 an die Seite gestellt, und dazu fiel Ihnen dies ein: »Das Dämonisieren von Rechtspopulisten hatte bisher keinen Erfolg. Egal, wie richtig es ist, dass die AfD gefährlich, radikal, extrem ist. Politiker, Journalisten, Demokratieverteidiger können das immer noch lauter und lauter rufen – aber es bringt nichts. Die berechtigten Warnungen sind inzwischen leere Formeln. Die Wahlergebnisse der AfD sind immer besser geworden, der Trotz immer erheblicher. Die Tatsache, dass sie sich beständig als Opfer von Medien inszenieren kann, hat der Partei genutzt. Es ist nicht die Aufgabe von Bettina Schausten, die AfD kleinzukriegen, sondern die der anderen Parteien. Sie sollten mal über den Tim-Walz-Weg nachdenken. Ist Björn Höcke etwa nicht weird

Ist er. Hitler war es auch, und ihn als »Anstreicher« (Brecht) oder inexistenten Krachmacher (Tucholsky) zu entdämonisieren, hat bekanntlich so viel gebracht, dass diese Sätze nie haben fallen müssen: »Man hat mich immer als Propheten ausgelacht. Von denen, die damals lachten, lachen heute Unzählige nicht mehr, und die jetzt noch lachen, werden in einiger Zeit vielleicht auch nicht mehr lachen.«

Wegweisend winkt Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Unangenehm

Auch im Darkroom gilt: Der Letzte macht das Licht aus.

Sebastian Maschuw

 Alle meine Aversionen

Was ich überhaupt nicht schätze:
»Mädchen, ich erklär dir ...«-Sätze.

Was ich nicht so super finde:
Bluten ohne Monatsbinde.

Was ich gar nicht leiden kann:
Sex mit einem Staatstyrann.

Den Rest, auch Alkoholkonzerne,
mag ich eigentlich ganz gerne.

Ella Carina Werner

 Zum Sterben hoffentlich zu dämlich

In der Wartezone der Arge in Fürth sitzen zwei Männer um die vierzig. Einer der beiden hält eine aufgeschlagene Tageszeitung so, dass der zweite mitlesen kann. Geduldig blättern sie gemeinsam bis zur Seite mit den Todesanzeigen. »Schau«, sagt der eine, »da ist einer zwei Mal gestorben.« – »Wie kommst du darauf?« – »Lies doch! Derselbe Name in zwei Anzeigen.« – »Tatsächlich! Zwei Mal gestorben. Wie er das wohl geschafft hat?« Eine längere Denkpause setzt ein. »Wahrscheinlich einer wie ich, der nichts auf Anhieb hinkriegt«, schlussfolgert der eine dann. »Ha, das kommt mir bekannt vor!« stimmt der zweite ein. »Meine erste Frau mit den Kindern abgehauen, Führerschein schon drei Mal gemacht. Also zwei Mal wegen Alkohol, und ich weiß gar nicht, wie oft ich schon hier nach einer neuen Arbeit angestanden bin.« – Seufzend: »Hoffentlich kriegen wir wenigstens das mit dem Sterben mal besser hin als der hier …«

Theobald Fuchs

 Mitläuferin? Ganz im Gegenteil!

Meine Oma fuhr im Widerstand Motorrad.

Andreas Maria Lugauer

 Aus der militärgeschichtlichen Forschung

Feldjäger sind auch nur Sammler.

Daniel Sibbe

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 03.10.: Der MDR kramt bei der Debatte, ob Ostdeutschland in den Medien schlechtgeredet wird, die Zonen-Gaby wieder hervor.
  • 26.09.:

    Noch-Grünenchefin Ricarda Lang retweetet "ihren" Onlinecartoon vom 25.09.

  • 18.09.: TITANIC-Zeichnerin Hilke Raddatz ("Briefe an die Leser") ist mit dem Wilhelm-Busch-Preis geehrt worden. Die SZLZ und der NDR berichten.
  • 12.09.:

    "Heute detoxe ich im Manager-Retreat im Taunus": TITANIC-Chefredakteurin Julia Mateus im Interview mit dem Medieninsider.

  • 29.08.:

    Die FR erwähnt den "Björnout"-Startcartoon vom 28.08.

Titanic unterwegs
23.10.2024 Karlsruhe, Tollhaus Max Goldt
23.10.2024 Berlin, Walthers Buchladen Katharina Greve
24.10.2024 Stuttgart, Im Wizemann Max Goldt
25.10.2024 Potsdam, Waschhaus-Arena Thomas Gsella