Humorkritik | März 2013
März 2013
Airbag-Humor
Der israelische, in Tel Aviv beheimatete Schriftsteller Etgar Keret ist während der Kämpfe um Gaza in die Kurzwahlliste des deutschen Feuilletons gelangt: »Für mich ist Humor wie ein Airbag, der von selbst aufgeht, wenn Gefahr droht. Im Humor steckt eine Form des Protestes gegen Dinge, die man nicht ändern kann … Ich denke manchmal, der einzige Weg ist die Flucht ins Ironische und Groteske, denn es ist etwas Groteskes an unserer Situation … Ein Beispiel: Es gab ein Selbstmordattentat während der zweiten Intifada. Der Attentäter wollte gar keinen Selbstmord begehen, also hat er die Bombe in einen Minibus geworfen, und als sie explodierte, verlor er sein Augenlicht. In dem Bus starben ein Mann und ein Hund. Und dieser Mann war der einzige echte Trainer für Blindenhunde, den es hier gab.« Die Interviewerin der FAZ: »Das klingt wie eine Ihrer Geschichten.« Keret: »Ja, wenn ich schreibe, versuche ich … auf metaphorischer Ebene das abzubilden, das existiert.«
Ich weiß nicht, welches Buch von Keret die FAZ gelesen hat; der jüngste auf deutsch erschienene Story-Band »Und plötzlich klopft es an der Tür« (S. Fischer) kann es nicht gewesen sein. Denn der ist so komisch wie ein Airbag, der nicht aufgeht, wobei mir Keret, laut New York Times immerhin ein »Genie«, ohnehin wie einer vorkam, der auf der Flucht ins Metaphorisch-Ironisch-Groteske im stehenden Auto sitzt und brummbrumm macht.
Falls das jetzt nicht wieder klingt wie eine seiner Geschichten.