Humorkritik | April 2012

April 2012

Reim dich, du Sau

Immer wieder begegnet mir auf Tageskalenderblättchen – jenen Abreißzetteln, auf denen kurze Rezepte, Haushaltstips und Witze abgedruckt sind – ein Name, der sich mir fest als Inbegriff besonders läppischer Gedichte und Sinnsprüche eingeprägt hat: Oskar Stock. Offenbar zu bedeutungslos für einen Wikipedia-Eintrag, hat es der 1946 geborene Landshuter auf mehrere Bücher gebracht, schreibt und liest in Mundart und auf Hochdeutsch, füllt Zeitungsspalten und eben Abreißkalender. Und zwar u.a. mit solchen Versen: »Im Monat März mit Sonnenschein, / stellt sich der Frühling ringsrum ein; / die Vögel zwitschern drunt’ am Bach / auch der Mensch wird langsam wach.« Oder: »Auf Ansichtskarten kann man lesen, / wo man überall gewesen, / auch wenn sie, eine nach der andern, / im Anschluß in den Papierkorb wandern.« Da ist es nicht mehr weit bis zum berühmten »Kaum zu glauben, aber wahr, Onkel Erwin wird heute 70 Jahr« aus Ihrem geneigten Lokalblatt, möchte man meinen. Und hat recht. »Der Teamgeist ist heut’ hoch gefragt, / weil man im Team sich leichter plagt; / doch die Gemeinschaft hält nicht lang, / wenn man nicht zieht am selben Strang.« Doch wäre es dünkelhaft, das Stocksche Werk in seiner Gesamtheit zu ächten. Je länger ich nämlich darin stöbere, desto liebenswürdiger, ja: wichtiger erscheint mir dessen Existenz neben dem verkopften, reimlosen Kleinbuchstaben-Unfug der modernen Politdichter. Oskar Stock füllt eine Nische, von der sonst niemand wüßte, daß es sie gibt. Wer  würde sich an seiner Stelle dazu hinreißen lassen, uns augenzwinkernde Aphorismen wie diesen zu bescheren? »Im Winter freuen sich die Wintersportler und die Kinder – und auch die Kohlenhändler lachen sich ins Fäustchen.« Möge der Mann noch lange leben!

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Clever, »Brigitte«!

Du lockst mit der Überschrift »Fünf typische Probleme intelligenter Menschen«, und wir sind blöd genug, um draufzuklicken. Wir lernen, dass klug ist: wer mehr denkt, als er spricht, wer sich ungeschickt im Smalltalk anstellt, wer sich im Job schnell langweilt, wer sich mit Entscheidungen schwertut, wer bei Streit den Kürzeren zieht und wer ständig von Selbstzweifeln geplagt wird.

Frustriert stellen wir fest, dass eigentlich nichts von alledem auf uns zutrifft. Und als die Schwachköpfe, die wir nun einmal sind, trauen wir uns fast gar nicht, Dich, liebe Brigitte, zu fragen: Waren das jetzt nicht insgesamt sechs Probleme?

Ungezählte Grüße von Deiner Titanic

 Eher unglaubwürdig, »dpa«,

erschien uns zunächst Deine Meldung, Volker Wissing habe nach dem tödlichen Busunglück auf der A9 bei Leipzig »den Opfern und Hinterbliebenen sein Beileid ausgesprochen«. Andererseits: Wer könnte die Verstorbenen auf ihrem Weg ins Jenseits noch erreichen, wenn nicht der Bundesverkehrsminister?

Tippt aufs Flugtaxi: Titanic

 Aha bzw. aua, Voltaren!

Das wussten wir gar nicht, was da in Deiner Anzeige steht: »Ein Lächeln ist oft eine Maske, die 1 von 3 Personen aufsetzt, um Schmerzen zu verbergen. Lass uns helfen. Voltaren.«

Mal von der Frage abgesehen, wie Du auf die 1 von 3 Personen kommst, ist es natürlich toll, dass Du offenbar eine Salbe entwickelt hast, die das Lächeln verschwinden lässt und den Schmerz zum Vorschein bringt!

Gratuliert salbungsvoll: Titanic

 Hä, »Spiegel«?

»Aber gesund machen wird diese Legalisierung niemanden!« schreibst Du in einem Kommentar zum neuen Cannabisgesetz. »Ach, echt nicht?« fragen wir uns da verblüfft. Wir waren bisher fest vom Gegenteil überzeugt. Immerhin haben Kiffer/innen oft sehr gute feinmotorische Fähigkeiten, einen gesunden Appetit und ärgern sich selten. Hinzu kommen die unzähligen Reggaesongs, in denen das Kiffgras als »Healing of the Nation« bezeichnet wird. All dies willst Du nun tatsächlich infrage stellen? Da lieber noch mal ganz in Ruhe drüber nachdenken!

Empfehlen Deine Blättchenfreund/innen von Titanic

 Wir wollten, »SZ«,

nur mal schnell Deine Frage »Gedenkbäume absägen. Hinweistafeln mit Hakenkreuzen beschmieren. Wer macht sowas?« beantworten: Nazis.

Für mehr investigative Recherchen wende Dich immer gerne an Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Empfehlung für die Generation Burnout

Als eine günstige Methode für Stressabbau kann der Erwerb einer Katzentoilette – auch ohne zugehöriges Tier – mit Streu und Siebschaufel den Betroffenen Abhilfe verschaffen: Durch tägliches Kämmen der Streu beginnt nach wenigen Tagen der entspannende Eintritt des Kat-Zengarteneffekts.

Paulaner

 Altersspezifisch

Ich gehöre noch zu einer Generation, deren Sätze zu häufig mit »Ich gehöre noch zu einer Generation« anfangen.

Andreas Maier

 Vom Feeling her

Es hat keinen Sinn, vor seinen Gefühlen wegzulaufen. Man muss sich schon auch mal hinter einem Baum verstecken und warten, dass die das nicht merken und an einem vorbeiziehen, sonst bringt das ja alles nichts.

Loreen Bauer

 Gute Nachricht:

Letzte Woche in der Therapie einen riesigen Durchbruch gehabt. Schlechte Nachricht: Blinddarm.

Laura Brinkmann

 In Würde altern

Früher hätte mich der riesige Pickel mitten auf meinem Hals stark gestört. Heute trage ich den wohl niedlichsten ausgeprägten Adamsapfel, den die Welt je gesehen hat, mit großem Stolz ein paar Tage vor mir her.

Ronnie Zumbühl

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
08.05.2024 Wiesbaden, Schlachthof Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
09.05.2024 Zürich, Friedhof Forum Thomas Gsella
09.05.2024 München, Volkstheater Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
10.05.2024 Weil am Rhein, Kulturzentrum Kesselhaus Thomas Gsella