Humorkritik | Juli 2010
Juli 2010

Nötiger Mundgeruch
Seit geraumer Zeit versorgen sie flächendeckend die ganze Republik noch bis in deren hintersten Provinz- und Kleinstadtwinkel mit dem jeweiligen Haus- und Hofverbrechen: Regionalkrimis sind in der Regel biedere Handwerksstücke, deren Regionalcharakter sich meist auf die Nennung typischer Personen- und Straßennamen reduziert.
Wie man die kommunale Sphäre nicht nur als Ambiente nutzt, illustriert »Der Blitzer. Aushilfsdetektiv Kurt Bratfisch ermittelt« (Societäts-Verlag), der erste Krimi Martin Beers, der in Frankfurt lebt, in Offenbach sein Geld verdient (als Lehrer) und sich bei seinem Debüt für den parodistischen Ansatz entschied.
Im Mittelpunkt der Handlung steht jener Mensch mit dem lächerlichen Namen Kurt Bratfisch und dem nicht minder peinlichen Beruf »Aushilfsdetektiv«. Klar, daß jemand, der eine solche Profession ausübt, nicht den Ansprüchen einer bürgerlichen Erfolgsvita entspricht. Das macht nichts, weil Bratfisch in einem Milieu verkehrt, in dem Sieger als Exoten gelten. Er ist in der charmanten Kneipe »Bad Vibes« zu Hause, für die eine real existierende Ostend-Wirtschaft ebenso Modell stand wie (vermutlich) deren Gäste für Bratfischens Peergroup: lauter Loser, die ihre Defizite mit billigem Alkohol und angeberischem Herumramentern kaschieren; O-Töne, die Beer in diversen Lokalen des Ostends oder auch des Gallusviertels mitgeschnitten hat: »Bei Döner-Cetin deckten wir uns noch mit dem nötigen Mundgeruch für eine wilde Nacht im Gallusviertel ein«.
Womit die beiden Quartiere genannt wären, denen Beers besondere Aufmerksamkeit, ja Liebe gilt; was nicht ausschließt, daß auch die Freßgass, das Westend oder die Senckenberganlage zu Schauplätzen des »Blitzers« geadelt werden. Dort mausert sich Bratfisch zu einem durchsetzungsfähigen Kämpfer und darf Sprüche à la »Du sitzt am falschen Ende der Kanone, um Fragen zu stellen« riskieren, ohne daß es peinlich wirkt.
Am Ende sitzen Bratfisch und seine Kumpane erschöpft, aber höchst zufrieden im »Bad Vibes« und verklären ihre Erlebnisse zur Legende. Ihnen hat das Ganze Spaß gemacht, und dem Autor offensichtlich auch. Ich schließe mich an.