Humorkritik | November 2009
November 2009
Der Sinn der Pythons
Auf gänzlich unsentimentale Weise gehen derzeit Larry David und Jerry Seinfeld die Wiedervereinigung des »Seinfeld«-Casts an: Sie spielen sie nämlich nur, im Rahmen von Davids aktueller Staffel »Curb Your Enthusiasm«, und wie es bei »Curb« zu schöner Routine geworden ist: Alle kriegen sich früher oder später mit »L.D.« in die Haare – für »Weißt du noch, damals«-Gefühligkeiten bleibt da zum Glück keine Zeit.
Das ist bei dem sechs einstündige Folgen starken »Monty Python – Almost the Truth – The Lawyer’s Cut« (Edel) anders. Die Pythons feierten soeben ja auch schon ihr vierzigstes Jubiläum, und entsprechend respektvoll begegnen sie zwar immerhin nicht sich gegenseitig, aber die prominenten Fans ihren Heroen, und alle kommen in dem 3-DVD-Box-Set ausführlich zu Wort: Stephen Merchant, Simon Pegg und Steve Coogan, Dan Aykroyd, Pink Floyds Nick Mason und Tim Roth dürfen gratulieren und ihre Kindheitserinnerungen zum besten geben, und natürlich die Pythons selbst bzw. David Sherlock, Graham Chapmans langjähriger Freund, an Stelle des verstorbenen Pythons.
Zwar gibt es für eingefleischte Pythonauten auch hier kaum neue Erkenntnisse (außer daß Eric Idle aufhören sollte, sich die Haare zu färben), aber das Altbekannte wird neu und kompetent erzählt – von den ganz frühen Tagen aller Pythons (»The Not-So-Interesting Beginnings«), die allerdings mit dann doch interessanten neuen Fotos und privaten Super-8-Filmchen schön angedickt werden, dem »Flying Circus« (»The Much Funnier Second Episode«) und den schäbigen Momenten (»The Sordid Personal Bits«), in denen die Zensur versuchte einzugreifen, die BBC beinah die Aufnahmebänder gelöscht hätte und die Pythons mit Chapmans alkoholinduzierter Arbeitsunfähigkeit, Cleeses Starallüren und den Rivalitäten zwischen den beiden Terrys zu kämpfen hatten.
So geht das weiter bis zum letzten Kinofilm, »The Meaning of Life«: Mit zahllosen Ausschnitten, die Lust machen, sich das Gesamtwerk der Pythons gleich noch mal reinzuziehen, und die geistesverwandten Geniestreiche des Python-Vorbilds Spike Milligan, der »Goon-Show« und der Bonzo-Dog-Doo-Dah-Band gleich hinterher – und doch bleibt nach aller Sentimentalität immer das Gefühl, man habe gerade mitgeholfen, Punk ins Museum zu bringen und damit der Anarchokomik alles Anarchistische (und auch alles Komische) zu nehmen, etwas auf einen Sockel zu stellen, das immer gegen alle Erhabenheit war, aus einer Komikergruppe eine Institution zu machen, die stets alle Institutionen vorgeführt und lächerlich gemacht hat. Ein Dilemma, aus dem man kaum herauskommt. Es sei denn, man greift zur Fernbedienung und widmet sich einer weiteren hervorragenden neuen Folge von Larry Davids »Curb«.