Humorkritik | Februar 2008
Februar 2008
Karl Kraus im TV
Um Ohrfeigen von »Krausianern« haben die Kabarettisten Florian Scheuba und Thomas Maurer am Ende ihres 2006 produzierten, vor einiger Zeit im Spätprogramm von 3sat wiederholten und dann zufällig auch von mir konsumierten Fernsehfilms über Karl Kraus förmlich gebettelt. Diesen Gefallen kann ich den beiden Herren und dem Regisseur Frederick Baker leider nicht tun, weil ich kein orthodoxer Krausianer bin. Aber ich kann auch als unorthodoxer Leser und Fernsehzuschauer erkennen, daß es der nackte Blödsinn ist, in einem Film über Kraus einen kurzbehosten Fackelträger vorzuführen, der nachts auf den Straßen herumläuft, das Burgtheater passiert und einem Goethe-Denkmal mit alberner Feierlichkeit die Füße küßt, oder einen rot uniformierten Vollbartträger dabei zu zeigen, wie er irgendwo in Wien mit Ausgaben der Fackel in der Hand den Verkehr behindert und Faxen macht, oder offenkundig ungeeignete und überforderte Passanten mit der Frage zu belemmern, ob sie schon einmal etwas von Karl Kraus gehört hätten. Interessant an dem 45 Minuten langen Schmarrn sind allein die geschätzten zweieinhalb, in denen Kraus selbst als Vortragender zu sehen und zu hören ist, bevor er wieder ausgeblendet und von den hemmungslos grimassenschneidenden Knallchargen Scheuba und Maurer abgelöst wird.
»Karl Kraus – Die grellsten Erfindungen sind Zitate« heißt dieser Film. Man hätte ihn tatsächlich nicht greller erfinden können.