Humorkritik | November 2007

November 2007

Swartzwelders Welt

Wer sich die Bonus-Kommentare auf den Simpsons-DVDs anhört, trifft früher oder später auf John Swartzwelder. Der Name des Rekord-Autors – er hat mindestens 59 Folgen der Serie ­geschrieben, wie viele es genau sind, wissen die Experten in den Internet-Foren vermutlich am besten – wird von den Kollegen mit Ehrfurcht erwähnt, und immer wieder wird betont, daß ein Swartzwelder sich niemals an einer Kommentatorenrunde beteiligen würde. Wenn man der Beschreibung der Kollegen folgt, ist Swartzwelder einer der Schreiber, die für die skurrilen und politisch bissigen Einfälle zuständig sind, und da er in einer Folge auch als Figur verewigt wurde, nehme ich einfach mal an, daß er ein bißchen wie der verblichene Hunter S. Thompson aussieht.

 

Doch nur weil Swartzwelder keine Kommentare spricht, heißt das nicht, daß er nichts zu sagen hätte. Er schreibt Bücher. Nun ist es nicht unüblich, daß Simpsons-Mitstreiter ­neben oder nach ihrer Arbeit an den gelben Erdlingen sich anderen Projekten widmen (Conan O’Brien mit seiner Talk-Show oder Brad Bird, der für Pixar »Die Unglaublichen« drehte), aber während diese Leute für den Mainstream wahrnehmbar sind, schreibt Swartz­welder seine Bücher, wie er seine Arbeit für die Simpsons macht: ohne viel Getöse.

 

Seit 2004 erscheint in dem kleinen Verlag Kennydale Books (der Swartzwelders Werke auch über die amerikanische Amazon-Webseite vertreibt) jedes Jahr ein schmales Bändchen: »The Exploding Detective«, »How I Conquered Your Planet«, »Double Wonder­ful« und »The Time Machine Did It«. Es dürfte nicht überraschen, daß Swartzwelder ­»comic-artig« schreibt. Sein literarisches Alter Ego ist der Privatdetektiv Frank Burly, der in Wirklichkeit nicht so heißt, aber denkt, ein männlich-markanter Name sei gut fürs ­Geschäft. Nun ist der Detektiv weder frank noch frei – und auch nicht besonders bullig –, und fürs Geschäft ist es eher schlecht, daß Burly nicht besonders helle ist, weshalb er sich von seinen Klienten die Fälle oft mehr als einmal schildern lassen muß. Da hilft es wenig, daß Burly das Doppelt-Erzählen nicht noch mal extra in Rechnung stellt.

 

So erfährt man, daß Burlys Business schlecht läuft, weshalb er sich nebenher als Bodyguard verdingt. Was aber auch keine gute Idee ist: Der reiche Schnösel, der Burly als Leibwächter anheuerte, wollte nur, daß sich sein Bodyguard mit dem eines anderen Schnösels prügelt, um zu sehen, wer den ­Stärkeren hat. Danach ist Burly arg lädiert und hat keine andere Wahl, als den Auftrag des mysteriösen Mannes anzunehmen, dem eine Statue entwendet wurde und der rundweg alle Leute ohne Geld der Tat verdächtigt.

 

Spätestens hier merken nicht nur ­Kenner des »Malteser Falken«, daß Swartzwelder große Freude daran hat, Genres durch den Kakao zu ziehen. Der Autor mixt Western, ­Science Fiction, Thriller, packt seine launigen Einfälle dazu, und am Ende hat man einen Komikmix, der Simpsons-Fans, aber auch ­Lesern von Dave Berry oder Carl Hiaasen vertraut sein dürfte. Und willkommen sowieso.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Hände hoch, Rheinmetall-Chef Armin Papperger!

Laut einem CNN-Bericht lagen deutschen und US-amerikanischen Geheimdiensten Hinweise zu russischen Plänen für einen Angriff auf Sie vor. So etwas nennt man dann wohl »jemanden mit seinen eigenen Waffen schlagen«!

Mörderpointe von Titanic

 Grüß Gott, Markus Söder!

Weil der bayerische AfD-Chef Sie wiederholt »Södolf« genannt hat und Sie ihn daraufhin anzeigten, muss dieser Ihnen nun 12 000 Euro wegen Beleidigung zahlen. Genau genommen muss er den Betrag an den Freistaat Bayern überweisen, was aber wiederum Ihnen zugutekommt. Ebenjener zahlt Ihnen ja die Honorare für freie Fotograf/innen, von denen Sie sich bei öffentlichen Anlässen gern begleiten und ablichten lassen. Im Jahr 2022 sollen sich die Kosten auf stolze 180 000 Euro belaufen haben.

Vorschlag: Wenn es Ihnen gelingt, die Prasserei für Ihr Image komplett durch Klagen gegen AfD-Mitglieder querzufinanzieren, stoßen wir uns weniger an Ihrem lockeren Umgang mit öffentlichen Geldern.

Drückt vorauseilend schon mal beide Augen zu: Titanic

 »Welt«-Feuilletonist Elmar Krekeler!

»Friede eurer gelben Asche, Minions!« überschrieben Sie Ihre Filmkritik zu »Ich – einfach unverbesserlich 4«. Vorspann: »Früher waren sie fröhliche Anarchisten, heute machen sie öde Werbung für VW: Nach beinahe 15 Jahren im Kino sind die quietschgelben Minions auf den Hund gekommen. Ihr neuestes Kino-Abenteuer kommt wie ein Nachruf daher.«

Starkes Meinungsstück, Krekeler! Genau dafür lesen wir die Welt: dass uns jemand mit klaren Worten vor Augen führt, was in unserer Gesellschaft alles schiefläuft.

Dass Macron am Erstarken der Rechten schuld ist, wussten wir dank Ihrer Zeitung ja schon, ebenso, dass eine Vermögenssteuer ein Irrweg ist, dass man Viktor Orbán eine Chance geben soll, dass die Letzte Generation nichts verstanden hat, dass Steuersenkungen für ausländische Fachkräfte Deutschlands Todesstoß sind und dass wir wegen woker Pronomenpflicht bald alle im Gefängnis landen.

Aber Sie, Elmar Krakeeler, haben endlich den letzten totgeschwiegenen Missstand deutlich angesprochen: Die Minions sind nicht mehr frech genug. O tempora. Titanic

 Nachdem wir, »Spiegel«,

Deine Überschrift »Mann steckt sich bei Milchkühen mit Vogelgrippe an« gelesen hatten, müssen wir selbst kurz in ein Fieberdelirium verfallen sein. Auf einmal waberte da Schlagzeile nach Schlagzeile vor unseren Augen vorbei: »Affe steckt sich bei Vögeln mit Rinderwahnsinn an«, »Vogel steckt sich bei Mann mit Affenpocken an«, »Rind steckt sich bei Hund mit Katzenschnupfen an«, »Katze steckt sich bei Krebs mit Schweinepest an« und »Wasser steckt sich bei Feuer mit Windpocken an«.

Stecken sich auf den Schreck erst mal eine an:

Deine Tierfreund/innen von Titanic

 Hello, Herzogin Kate!

Hello, Herzogin Kate!

Ihr erster öffentlicher Auftritt seit Bekanntmachung Ihrer Krebserkrankung wurde von der Yellow Press mit geistreichen Überschriften wie »It’s just Kate to see you again« oder »Kate to have you back« bedacht.

Und bei solchen Wortspielen darf unsereins natürlich nicht fehlen! Was halten Sie von »Das Kate uns am Arsch vorbei«, »Danach Kate kein Hahn« oder »Das interessiert uns einen feuchten Katericht«?

Wie immer genervt vom royalen Kateöse: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Beim Aufräumen in der Küche

Zu mir selbst: Nicht nur Roger Willemsen fehlt. Auch der Korkenzieher.

Uwe Becker

 Feuchte Träume

Träumen norddeutsche Comedians eigentlich davon, es irgendwann mal auf die ganz große Buhne zu schaffen?

Karl Franz

 Lifehack von unbekannt

Ein Mann, der mir im Zug gegenüber saß, griff in seine Tasche und holte einen Apfel heraus. Zu meinem Entsetzen zerriss er ihn mit bloßen Händen sauber in zwei Hälften und aß anschließend beide Hälften auf. Ich war schockiert ob dieser martialischen wie überflüssigen Handlung. Meinen empörten Blick missdeutete der Mann als Interesse und begann, mir die Technik des Apfelzerreißens zu erklären. Ich tat desinteressiert, folgte zu Hause aber seiner Anleitung und zerriss meinen ersten Apfel! Seitdem zerreiße ich fast alles: Kohlrabi, Kokosnüsse, anderer Leute Bluetoothboxen im Park, lästige Straßentauben, schwer zu öffnende Schmuckschatullen. Vielen Dank an den Mann im Zug, dafür, dass er mein Leben von Grund auf verbessert hat.

Clemens Kaltenbrunn

 Unübliche Gentrifizierung

Zu Beginn war ich sehr irritiert, als mich der Vermieter kurz vor meinem Auszug aufforderte, die Bohr- und Dübellöcher in den Wänden auf keinen Fall zu füllen bzw. zu schließen. Erst recht, als er mich zusätzlich darum bat, weitere Löcher zu bohren. Spätestens, als ein paar Tage darauf Handwerkerinnen begannen, kiloweise Holzschnitzel und Tannenzapfen auf meinen Böden zu verteilen, wurde mir jedoch klar: Aus meiner Wohnung wird ein Insektenhotel!

Ronnie Zumbühl

 Räpresentation

Als Legastheniker fühle ich mich immer etwas minderwertig und in der Gesellschaft nicht sehr gesehen. Deshalb habe ich mich gefreut, auf einem Spaziergang durch Darmstadt an einer Plakette mit der Aufschrift »Deutscher Legastheniker-Verband« vorbeizukommen. Nur um von meiner nichtlegasthenischen Begleitung aufgeklärt zu werden, dass es sich dabei um den »Deutschen Leichtathletik-Verband« handele und und umso teifer in mein Loch züruckzufalllen.

Björn Weirup

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
03.08.2024 Kassel, Caricatura-Galerie Miriam Wurster: »Schrei mich bitte nicht so an!«
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst Die Dünen der Dänen – Das Neueste von Hans Traxler
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst »F. W. Bernstein – Postkarten vom ICH«
09.08.2024 Bremen, Logbuch Miriam Wurster