Humorkritik | Mai 2007

Mai 2007

Hilfe! Herbst!

»Hilfe! Hochzeit! – Die schlimmste Woche meines Lebens« ist, das sei konzediert, über einige Strecken komisch geraten. Offenbar haben die Verantwortlichen bei Brainpool aus »Pastewka« und »Stromberg« gelernt, denn sie haben sich bei der dritten Adaption aus dem Angelsächsischen eng an das Original gehalten: »Hilfe! Hochzeit!« kopiert »The Worst Week of My Life« (TITANIC 1/2006) so genau, daß es die Humorfarbe der Vorlage über weite Strecken trifft. Dramatik und Drehbuch sind annähernd identisch und -wären auch kaum zu verbessern gewesen: Die BBC-Serie ist ein Meisterwerk der Burleske mit reichlich Gewalt gegen Autos, Omas und kleine Hunde und kommt so dem deutschen Hang zum Derbkomischen schon weit entgegen. »Hilfe! Hochzeit!« erzählt in sieben Folgen von der Woche vor der Hochzeit Joachim Wittes (Ch.M. Herbst) mit Anna von Schanz (Ulrike Tscharre), in der alles schiefgeht, was nur schiefgehen kann: Witte, eigentlich ein harmlos-freundlicher Bankangestellter, verscherzt es sich unter anderem mit der aristokratischen Familie seiner Braut, wird von einer liebestollen Kollegin verfolgt und befördert seinen Trauzeugen ins Koma.

Daß die Übertragung aus dem Englischen so exakt ist, zieht nun einige Unstimmigkeiten nach sich: Zwischen einem königlich-britischen und einem beamtisch-deutschen Richter liegen Welten, und hausgemachtes deutsches Lammgulasch steht nicht automatisch im Verdacht, völlig ungenießbar zu sein. Doch das verzeiht man in Hinblick auf die komischen Verstrickungen, die sonst nicht zu bewahren gewesen wären. Unverzeihlich dagegen, daß die Produktion ausgerechnet bei den Nebendarstellern gespart hat: Das größte Schauspieltalent in der zweiten Reihe hat mit Sicherheit der Hund. Weder Wittes Sekretärin ist glaubwürdig noch seine unglücklich in ihn verliebte Bankkollegin; und selbst Uwe Friedrichsen als Vater der Braut und mächtigster Widersacher Wittes bleibt blaß und konturlos, sein Schweigen ist nicht drohend und unheilschwanger, sondern immer nur Stummheit und Absenz.

Das liegt aber vielleicht auch am größten Schwachpunkt der Serie: Christoph Maria Herbst. Der Schauspielerdarsteller Herbst spielt die Figur Wittes, wie er jede Figur spielt, nämlich als Clown. Um ihn ist das ganze Ensemble und das Set herumgestellt, doch er geht nie darin auf, weil er immer ironische Distanz wahrt. Selbst unter dem Bett seiner Schwiegereltern in spe versteckt, die gerade intim werden, spielt er nicht die schrecklich-komische Verzweiflung, mit der man als Zuschauer mitfühlen könnte, sondern grimassiert in die Kamera und bleibt so im Grunde noch Herr der Situation: Ganz schön peinlicher Moment, wie? Zwinker, zwinker!

Es ist ja nur das eine, daß deutsche Fernsehzuschauer bei komischen Produktionen gerne schon vorher wissen möchten, worüber sie gleich lachen werden, und die Produktionen dementsprechend auch beim Casting auf Wiedererkennbarkeit setzen; das andere, daß Christoph Maria Herbst mal jemand sagen müßte, daß er gar kein so besonders guter Schauspieler ist.

 

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Die Bunte zitiert Sie mit der Aussage: »Um zu überleben, muss man gesund sein, und wenn man am gesündesten ist, sieht man einfach auch am jüngsten aus!« Gut, dass Sie diese Erkenntnis an uns weitergeben!

Geht jetzt zur Sicherheit bei jeder neuen Falte, Cellulitedelle und grauen Strähne zum Arzt:

Ihre greise Redaktion der Titanic

 Bild.de!

»Springer hatte im Januar bundesweit für Entsetzen gesorgt«, zwischentiteltest Du mit einem Mal überraschend selbstreferenziell. Und schriebst weiter: »Nach der Enthüllung des Potsdamer ›Remigrations‹-Treffens von AfD-Politikern und Rechtsextremisten postete Springer: ›Wir werden Ausländer zurückführen. Millionenfach. Das ist kein Geheimnis. Das ist ein Versprechen.‹« Und: »In Jüterbog wetterte Springer jetzt gegen ›dahergelaufene Messermänner‹ und ›Geld für Radwege in Peru‹«.

Dass es in dem Artikel gar nicht um Dich bzw. den hinter Dir stehenden Arschverlag geht, sondern lediglich der Brandenburger AfD-Vorsitzende René Springer zitiert wird, fällt da kaum auf!

Zumindest nicht Titanic

 Aha bzw. aua, Voltaren!

Das wussten wir gar nicht, was da in Deiner Anzeige steht: »Ein Lächeln ist oft eine Maske, die 1 von 3 Personen aufsetzt, um Schmerzen zu verbergen. Lass uns helfen. Voltaren.«

Mal von der Frage abgesehen, wie Du auf die 1 von 3 Personen kommst, ist es natürlich toll, dass Du offenbar eine Salbe entwickelt hast, die das Lächeln verschwinden lässt und den Schmerz zum Vorschein bringt!

Gratuliert salbungsvoll: Titanic

 Ach, Scheuer-Andi,

wie der Spiegel meldet, wird niemand für Sie in den Bundestag nachrücken. Da scheinen die Fußstapfen wohl einfach zu groß zu sein.

Die Besten gehen immer zu früh …

Weiß Titanic

 Ganz schön unentspannt, Giorgia Meloni!

Ganz schön unentspannt, Giorgia Meloni!

Nachdem Sie eine Klage wegen Rufschädigung eingereicht haben, wird nun voraussichtlich ein Prozess gegen den britischen Rockstar Brian Molko eingeleitet. Dieser hatte Sie bei einem Konzert seiner Band Placebo in Turin als Nazi und Faschistin bezeichnet.

Wir finden, da könnten Sie sich mal etwas lockermachen. Wer soll denn bitte noch durchblicken, ob Sie gerade »Post-«, »Proto-« oder »Feelgood-« als Präfix vor »Faschistin« bevorzugen? Und: Wegen solcher Empflichkeiten gleich vor Gericht zu gehen, kostet die Justiz so viel wertvolle Zeit. Die könnte sie doch auch nutzen, um Seenotretter/innen dingfest zu machen oder kritische Presse auszuschalten. Haben Sie darüber schon mal nachgedacht, Sie Snowflake?

Schlägt ganz gelassen vor: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Back to Metal

Wer billig kauft, kauft dreimal: Gerade ist mir beim zweiten Sparschäler innerhalb von 14 Tagen die bewegliche Klinge aus ihrer Plastikaufhängung gebrochen. Wer Sparschäler aus Kunststoff kauft, spart also am falschen Ende, nämlich am oberen!

Mark-Stefan Tietze

 Nicht lustig, bloß komisch

Während ich früher schon ein kleines bisschen stolz darauf war, aus einer Nation zu stammen, die mit Loriot und Heinz Erhardt wahre Zen-Meister der Selbstironie hervorgebracht hat, hinterfrage ich meine humoristische Herkunft aufgrund diverser Alltagserfahrungen jetzt immer öfter mit Gedanken wie diesem: Möchte ich den Rest meines Lebens wirklich in einem Land verbringen, in dem man während seiner Mittagspause in ein Café geht, das vor der Tür vollmundig mit »leckerem Hunde-Eis« wirbt, und auf seine Bestellung »Zwei Kugeln Labrador und eine Kugel Schnauzer« statt des fest eingeplanten Lachers ein »RAUS HIER!« entgegengebrüllt bekommt?

Patric Hemgesberg

 Immerhin

Für mich das einzig Tröstliche an komplexen und schwer zugänglichen Themen wie etwa Quantenmechanik, Theodizee oder den Hilbertschen Problemen: Letztlich ist das alles keine Raketenwissenschaft.

Michael Ziegelwagner

 Konsequent

Die Welt steckt in der Spermakrise. Anzahl und Qualität der wuseligen Eileiter-Flitzer nehmen rapide ab. Schon in wenigen Jahren könnten Männer ihre Zeugungsfähigkeit vollständig verlieren. Grund hierfür sind die Verkaufsschlager aus den Laboren westlicher Großkonzerne. Diese Produkte machen den Schädling platt, das Plastik weich und das Braterlebnis fettfrei und wundersam. Erfunden wurden diese chemischen Erfolgsverbindungen von – Überraschung – Y-Chromosom-Trägern. Toll, dass sich Männer am Ende doch an der Empfängnisverhütung beteiligen.

Teresa Habild

 100 % Maxx Dad Pow(d)er

Als leidenschaftlicher Kraftsportler wünsche ich mir, dass meine Asche eines Tages in einer dieser riesigen Proteinpulverdosen aufbewahrt wird. Auf dem Kaminsims stehend, soll sie an mich erinnern. Und meinen Nachkommen irgendwann einen köstlichen Shake bieten.

Leo Riegel

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
05.05.2024 Bonn, Rheinbühne Thomas Gsella
05.05.2024 Magdeburg, Factory Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
06.05.2024 Hannover, Pavillon Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
06.05.2024 Hamburg, Centralkomitee Ella Carina Werner