Humorkritik | Juni 2007

Juni 2007

Hot Fuzz (Online only)

Nun also ein Cop-Movie. Was „Shaun of the Dead“ für das Zombiefilmgenre war, ist Edgar Wright und Simon Peggs zweiter gemeinsamer Spielfilm für das des Polizei-Actionfilms: Eine clevere Hommage, handwerklich auf höchstem Niveau, beseelt von echter Liebe zu ihrem Gegenstand und darum weit mehr als eine Parodie auf „hard boiled“-Streifen aus dem Hause Jerry Bruckheimer. Nicholas Angel (Pegg) ist ein so guter Cop, daß er befördert wird, und zwar von London in die tiefste Provinz. In dem kleinen Nest Sandford ist zwar seit Jahren kein Mord mehr geschehen, Angel merkt aber schnell, daß hinter den beschaulich kleinstädtischen Fassaden etwas höchst Mysteriöses vor sich geht – denn mit einem Mal kommt es zu einer Reihe tödlicher Unfälle, die nur extrem gutgläubige Dörfler für zufällig halten können, nicht aber Angel. Zusammen mit seinem neuen, etwas unterbelichteten Partner (gespielt von Peggs langjährigem Kumpel Nick Frost) kommt Angel schließlich peu à peu hinter die Machenschaften der feinen Gesellschaft Sandfords.

 

„Hot Fuzz“ gelingt es durchaus, sein Publikum über annähernd zwei Stunden zu amüsieren. Auch die Parade von (hierzulande eher unbekannten) britischen Comedy-Stargästen, die sich vor allem in den ersten fünfzehn Minuten die Klinke in die Hand geben und für ein Heer überflüssiger Nebenfiguren sorgen, verzeiht man. Ein wenig eitel wirken die zahlreichen Verweise und Anspielungen auf die Werke Wrights und Peggs vor „Hot Fuzz“: Da liegt mal eine „Shaun of the Dead“-DVD auf dem Wühltisch im Supermarkt, da werden Motive aus der (durchaus brillanten) Wright/Pegg-Sitcom „Spaced“ variiert, umgekehrt oder einfach zitiert – In-Jokes, die Zückerchen für alle Connaisseure sein sollen, aber in ihrer Massierung doch eher aufdringlich wirken. Und schließlich führt Wright/Peggs Vorliebe für Splattereffekte zu zahlreichen blutigen Szenen, die das Genre des Copfilms hin und wieder brechen, aber doch so brachial-komisch wirken, daß man auch darüber hinwegsehen kann.

 

Doch eines konnte zumindest ich nicht verzeihen (mal abgesehen von dem deutschen Untertitel „Zwei abgewichste Profis“, für den zumindest eine Fatwa gegen den Verantwortlichen verhängt werden müßte): Von „Spaced“ bis „Shaun of the Dead“ handelten bislang alle Film- und Fernseharbeiten der beiden Comedy-Jungstars vom Erwachsenwerden und seinen Implikationen; insbesondere dem Zombie-Genre ist das Motiv des Loslassenmüssens, der Emanzipation von v.a. mütterlichen Zugriffen, des Selbständigwerdenmüssens tief eingeschrieben. In kaum einem Zombiefilm (auch nicht in „Shaun“) fehlt eine Szene, in der der Held sich von nächsten Familienangehörigen trennen, sprich: sie töten muß, um selbst zu überleben, weil er schließlich erkennen muß, daß sie sich verändert haben, nämlich zu Zombies geworden sind. Tut er das nicht, muß er selbst sterben. Und auch „Hot Fuzz“ behandelt am Ende ein solches Motiv. Um das zu können, muß er allerdings das Copfilm-Genre völlig verlassen, und zwar in Richtung Mystery/Fantasy, einige so hanebüchene Wendungen vornehmen, daß Drehbuch und Regie kaum anders können, als diese Wendungen für überdrehten Quatsch zu nutzen, der schließlich zu einem Showdown nach dem anderen führt und ein fast absurdes Ende provoziert.

 

Damit keine Mißverständnisse entstehen: Das alles ist immer noch sehr komisch und hübsch anzusehen. Aber man wünscht sich hinterher, Edgar Wright und Simon Pegg würden sich zumindest bei ihrem nächsten Film mal ein neues Thema vornehmen.

 

„Hot Fuzz“ startet am 14. Juni in den deutschen Kinos

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Sakra, »Bild«!

Da hast Du ja wieder was aufgedeckt: »Schauspieler-Sohn zerstückelt Lover in 14 Teile. Die dunkle Seite des schönen Killers. Im Internet schrieb er Hasskommentare«. Der attraktive, stinknormal wirkende Stückel-Killer hat Hasskommentare im Netz geschrieben? So kann man sich in einem Menschen täuschen! Wir sind entsetzt. Dieses Monster!

Indes, wir kennen solche Geschichten zur Genüge: Ein Amokläufer entpuppt sich als Falschparker, eine Kidnapperin trennt ihren Müll nicht, die Giftmischerin hat immer beim Trinkgeld geknausert, und das über Leichen gehende Hetzblatt nimmt’s gelegentlich mit der Kohärenz beim Schlagzeilen-Zusammenstückeln nicht so genau.

Grüße von der hellen Seite des Journalismus Titanic

 Sind Sie sicher, Rufus Beck?

Im Interview mit Deutschlandfunk Kultur zum 25. Jubiläum des Erscheinens des ersten deutschsprachigen »Harry-Potter«-Buchs kamen Sie ins Fantasieren: Würde Harry heutzutage und in der echten Welt leben, dann würde er sich als Klimaschützer engagieren. Er habe schließlich immer für eine gute Sache eingestanden.

Wir möchten Sie an dieser Stelle daran erinnern, dass Harry Potter ein Zauberer ist, sich folglich gar nicht für den Klimaschutz engagieren müsste, sondern ihn mit einem Schnips obsolet machen könnte. Da allerdings in sieben endlos langen »Harry Potter«-Bänden auch keine Klassenunterschiede, Armut oder gar der Kapitalismus weggezaubert wurden, fragen wir uns, warum Harry gerade bei der Klimakrise eine Ausnahme machen sollte. Aber wo Sie schon so am Fabulieren sind, kommen wir doch mal zu der wirklich interessanten Frage: Wie, glauben Sie, würde sich Ihr Kämpfer für das Gute zu Trans-Rechten verhalten?

Hat da so eine Ahnung: Titanic

 Puh, 47jährige,

bei Euch läuft es ja nicht so rund gerade. »Nur mit Unterhose bekleidet: 47-Jähriger flippt an Trambahn-Haltestelle aus« müssen wir pfaffenhofen-today.de entnehmen. InFranken meldet: »143 Autos in vier Jahren zerkratzt – 47jähriger Verdächtiger wurde festgenommen«, und schließlich versaut Rammstein-Ekel Lindemann Euch noch zusätzlich das Prestige. Der ist zwar lang nicht mehr in Eurem Alter, aber von dem Lustgreis ist in letzter Zeit dauernd im Zusammenhang mit Euch die Rede, weil er sich als 47jähriger in eine 15jährige »verliebt« haben will.

Und wenn man sich bei so viel Ärger einfach mal einen antrinkt, geht natürlich auch das schief: »Betrunkener 47-Jähriger landet in Augustdorf im Gegenverkehr«, spottet unbarmherzig lz.de.

Vielleicht, liebe 47jährige, bleibt Ihr besser zu Hause, bis Ihr 48 seid?

Rät die ewig junge Titanic

 Ei Gude, Nancy Faeser!

Ei Gude, Nancy Faeser!

Als Bundesinnenministerin und SPD-Spitzenkandidatin für die hessische Landtagswahl stellen Sie im Wahlkampf wöchentlich eine weitere Verschärfung des Asylrechts in Aussicht, um bei Ihren stockkonservativen hessischen Landsleuten zu punkten. Das Dumme ist nur, dass Sie damit bis jetzt bei Ihrer Zielgruppe nicht so recht ankommen. Der sind Sie einfach zu zaghaft.

Da hilft nur eins: Klotzen, nicht kleckern! Ihr Amtsvorgänger Horst Seehofer (CSU) hat es doch vorgemacht und sich über die Abschiebung von 69 Afghan/innen an seinem 69. Geburtstag gefreut! Das haben alle verstanden. Tja, Ihr 53. Geburtstag am 13. Juli ist schon rum, die Chance ist vertan! Jetzt hilft nur noch eins: gemeinsame Wahlkampfauftritte mit Thilo Sarrazin!

Und flankierend: eine Unterschriftensammlung gegen die Reform des Staatsbürgerschaftsrechts, die es Migrant/innen erleichtert, die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen, ohne die eigene aufzugeben. Für Unterschriftenaktionen gegen die doppelte Staatsbürgerschaft sind die Hess/innen seit jeher zu haben (»Wo kann ich gegen die Ausländer unterschreiben?«). Und dass Sie damit gegen Ihren eigenen Gesetzentwurf agitieren – das werden die sicher nicht checken!

Darauf wettet Ihre Wahlkampfassistenz von der Titanic

 Du, Krimi-Autorin Rita Falk,

bist mit der filmischen Umsetzung Deiner zahlreichen Eberhofer-Romane – »Dampfnudelblues«, »Sauerkrautkoma«, »Kaiserschmarrndrama« – nicht mehr zufrieden. Besonders die allerneueste Folge, »Rehragout-Rendezvous«, erregt Dein Missfallen: »Ich finde das Drehbuch unglaublich platt, trashig, stellenweise sogar ordinär.« Überdies seien Szenen hinzuerfunden worden und Charaktere verändert. Besonders verabscheuungswürdig seien die Abweichungen bei einer Figur namens Paul: »Der Film-Paul ist einfach ein Dorfdepp.«

Platt, trashig, ordinär – das sind gewichtige Vorwürfe, Rita Falk, die zu einer vergleichenden Neulektüre Deiner Romane einladen. Da fällt uns übrigens ein: Kennst Du die Geschichte vom Dorfdeppen, der sich beschwert, dass der Nachbarsdorfdepp ihn immer so schlecht imitiert?

Wär’ glatt der Stoff für einen neuen Roman!

Finden Deine Trash-Flegel von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Löffelchenverbot

Ich könnte niemals in einer Beziehung mit Uri Geller sein. Ich will mich einfach für niemanden verbiegen.

Viola Müter

 Backpainer-Urlaub

Eine Thailandreise ist die ideale Gelegenheit, sich bei unzähligen Thaimassagen endlich mal jene Rückenschmerzen rauskneten zu lassen, die man vom Tragen des Rucksacks hat, den man ohne die Thailandreise gar nicht gekauft hätte.

Cornelius W. M. Oettle

 Kartoffelpuffer

Die obligatorische halbe Stunde, die deutsche Rentnerehepaare zu früh am Bahnhof erscheinen.

Fabio Kühnemuth

 Brotlose Berufsbezeichnung

Ich arbeite seit Jahren erfolgreich als honorarfreischaffender Künstler.

Jürgen Miedl

 Tagtraum im Supermarkt

Irre lange Schlange vor der Kirche. Einzelne Gläubige werden unruhig und stellen Forderungen. Pfarrer beruhigt den Schreihals vor mir: »Ja, wir machen gleich eine zweite Kirche auf!«

Uwe Becker

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22.09.2023 Mainz, Frankfurter Hof Max Goldt
23.09.2023 Mönchengladbach, Theater im Gründungshaus Max Goldt
24.09.2023 Aschaffenburg, Hofgarten Thomas Gsella mit Hauck & Bauer
26.09.2023 Bern, Berner Generationenhaus Martin Sonneborn