Humorkritik | September 2006
September 2006

Serdar Somuncu
Daß ein Kabarettist und Vortragskünstler türkischer Abkunft sich nicht auf Weissukuckstu-Lan-Witzchen verläßt, im Gegenteil auf seiner viel eher deutschen als türkischen Sozialisation besteht und, in astreinem Hochdeutsch, daraus Fallhöhe zu gewinnen versucht, ist erst einmal gut; daß er sich auf die Rolle des, ächz, »angepaßten Kanaken, ausgezeichnet mit dem Goldenen Edmund Stoiber-Siegel« beschränkt und einen ganzen Abend bzw. eine komplette Platte mit den Frivolitäten zubringt, die sich ergeben, wenn ein Deutschtürke deutscher als die Autochthonen zu sein versucht: »Somuncu? Können Sie das buchstabieren? – Klar: Siegfried, Ostfront…«, weswegen der Abend bzw. die Platte auch pfeilblöd »Hitler Kebab« (Feez/Sony BMG) heißt, dann ist das schlecht. Der Theatermann Serdar Somuncu hat vor Jahren mit Lesungen von Goebbels-Reden und aus »Mein Kampf« für genau die Medienaufmerksamkeit gesorgt, die es gibt, wenn ein Nichtarier den Hitler macht; dabei hätte es bleiben können. Statt dessen werden wir Zeuge, wie ein nach Kräften dummes Publikum auf Knien vor der eigenen Aufgeklärtheit herumrutscht und ein Künstler sich genau darauf verläßt. Und das ist ganz fürchterlich.