Humorkritik | September 2006

September 2006

Wunderschönes Dichten

Ein Mensch mit Namen Eugen Roth/Ist nun schon dreißig Jahre tot/Und lebt des ungeachtet weiter/In seinen Werken, welche heiter…
Himmel! Jetzt fange auch ich an, in Eugen Roths eingängiger Manier loszureimen – kaum hab ich mal ein Weilchen in dem neuaufgelegten Büchlein »Eugen Roth für Zeitgenossen« (rororo) herumgelesen. Wenn man dem »großen Humoristen« (1885–1976) eines vorwerfen kann, dann wohl, daß er Heerscharen teiltalentierter Freizeitlyriker zum Nachdichten verführt hat. Daß diese darob ein »Das kann ich aber locker auch«-Bewußtsein entwickelt haben und Redaktionen und Lektorate mit dessen Resultaten zu plagen nicht müde werden, liegt am simplen Reimschema und der inhaltlichen Common-Sense-Ausrichtung des Rothschen Vorbildes.
Roth avancierte zum populären Volksdichter und biederen Busch-Epigonen, weil er die Widrigkeiten des Kleiner-Mensch-von-der-Straße-Lebens zum Thema machte: Wir alle müssen sterben und zum Zahnarzt und haben Ärger mit den Nachbarn und sind lächerlich, aber eben auch eigentlich ganz liebenswert. Ein Jedermann-Dasein, zur grundsätzlichen »Philosophie« erhoben, wie’s schon die Gedichtüberschriften vermitteln, die »Das Böse« oder »Weltlauf«, wenn nicht gar programmatisch »So ist das Leben« heißen und solcherlei Anschauungen transportieren: »Ein Mensch schaut in der Straßenbahn/Der Reihe nach die Leute an:/Jäh ist er zum Verzicht bereit/Auf jede Art Unsterblichkeit.« Roth tut keinem weh (denn sogar, »überlegt man sich’s nur reiflich,/Spitzbübereien sind begreiflich«); weshalb auch das Verlagsetikett »Satiriker« wieder einmal rechter Unfug ist.
Auch sprachlich bleibt Roth im braven Rahmen, und so promenieren die Gedichte gefällig über die Seiten; nur äußerst gelegentlich schreckt man mal durch einen Kalauer (»Rela-Tiefe« …) oder eine annähernd unkonventionelle Formulierung auf: Wortbildungen wie »ansichtskärtlich«, »Vermorschung«, »Unkunstsinnsanfall« oder Reimpaare à la »vorsichtshälber/wie dich selber« wirken nachgerade kühn.
Vermutlich hätte es Roth nie zu seinem Glanz und Ruhm gebracht, wäre ihm nicht die Idee gekommen, seine menschlich-allzumenschlichen Gebrauchsgedanken in den reihenbildenden Gedichtauftakt »Ein Mensch« zu verpacken. Damit hatte er sein Markenzeichen. Der dichtende Vor- und Nachkriegsmensch schlechthin, dessen schlichte Dichtung aber keineswegs schlecht ist. Und so ist Roth allemal mehr als »Ein Mensch, der sich zu Hause still/Was Wunderschönes dichten will«.
Weshalb ich mit diesem »Glanz dressurstück der Moral« schließen möchte: Ein Mentz meint: Was E. Roth gedichtet, das sei nicht allzu schlicht gerichtet .

  

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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Hej, Gifflar!

Du bist das Zimtgebäck eines schwedischen Backwarenherstellers und möchtest mit einer Plakatkampagne den deutschen Markt aufrollen. Doch so sehr wir es begrüßen, wenn nicht mehr allein Köttbullar, Surströmming und Ikeas Hotdogs die schwedische Küche repräsentieren, so tief bedauern wir, dass Du mit Deinem Slogan alte Klischees reproduzierst: »Eine Schnecke voll Glück«? Willst Du denn für alle Ewigkeiten dem Stereotyp der schwedischen Langsamkeit hinterherkriechen? Als regierten dort immer noch Sozialdemokraten, Volvo und Schwedenpornos?

Damit wirst Du nie der Lieblingssnack der Metropolenjugend!

Sagen Dir Deine Zimt- und Zuckerschnecken von Titanic

 Hä, »Spiegel«?

»Aber gesund machen wird diese Legalisierung niemanden!« schreibst Du in einem Kommentar zum neuen Cannabisgesetz. »Ach, echt nicht?« fragen wir uns da verblüfft. Wir waren bisher fest vom Gegenteil überzeugt. Immerhin haben Kiffer/innen oft sehr gute feinmotorische Fähigkeiten, einen gesunden Appetit und ärgern sich selten. Hinzu kommen die unzähligen Reggaesongs, in denen das Kiffgras als »Healing of the Nation« bezeichnet wird. All dies willst Du nun tatsächlich infrage stellen? Da lieber noch mal ganz in Ruhe drüber nachdenken!

Empfehlen Deine Blättchenfreund/innen von Titanic

 Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Die Bunte zitiert Sie mit der Aussage: »Um zu überleben, muss man gesund sein, und wenn man am gesündesten ist, sieht man einfach auch am jüngsten aus!« Gut, dass Sie diese Erkenntnis an uns weitergeben!

Geht jetzt zur Sicherheit bei jeder neuen Falte, Cellulitedelle und grauen Strähne zum Arzt:

Ihre greise Redaktion der Titanic

 Ein Vorschlag, Clemens Tönnies …

Ein Vorschlag, Clemens Tönnies …

Während Ihrer Zeit im Aufsichtsrat bei Schalke 04 sollen Sie in der Halbzeitpause einmal wutentbrannt in die Kabine gestürmt sein und als Kommentar zur miserablen Mannschaftsleistung ein Trikot zerrissen haben. Dabei hätten Sie das Trikot viel eindrücklicher schänden können, als es bloß zu zerfetzen, Tönnies!

Sie hätten es, wie Sie es aus Ihrem Job kennen, pökeln, durch den verschmutzten Fleischwolf drehen und schließlich von unterbezahlten Hilfskräften in minderwertige Kunstdärme pressen lassen können.

Aber hinterher ist man immer schlauer, gell?

Dreht Sie gern durch den Satirewolf: Titanic

 Weiter so, uruguayischer Künstler Pablo Atchugarry!

Eine angeblich von Ihnen geschaffene Bronzeskulptur im englischen Cambridge soll an Prinz Philip erinnern, der dort von 1977 bis 2011 Kanzler der Universität war. Allerdings wird das Kunstwerk, das im Auftrag eines reichen Bauträgers angefertigt wurde, von vielen als verunglückt empfunden und zieht seit nunmehr zehn Jahren Spott auf sich.

Dass Sie mittlerweile die Urheberschaft leugnen, um Ihr Renommee als Künstler zu schützen, ist zwar verständlich, aber aus unserer Sicht völlig unnötig. Wenn sich das Konzept durchsetzt, lästige Promis, die uns über Jahrzehnte viel Zeit, Geld und Nerven gekostet haben, mit langlebigen Schrott-Monumenten zu schmähen, werden Sie sich vor Aufträgen bald kaum noch retten können. Und das Beste: Weil andere Großkopferte sich mit ihren Eskapaden zurückhalten würden, um nicht von Ihnen verewigt zu werden, sorgten Sie auch noch für Ruhe und gesellschaftlichen Frieden.

Hofft, dass dieser Vorschlag einen Stein ins Rollen bringt: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Spielregeln

Am Ende einer Mensch-ärgere-dich-nicht-Partie fragt der demente Herr, ob er erst eine Sechs würfeln muss, wenn er zum Klo will.

Miriam Wurster

 100 % Maxx Dad Pow(d)er

Als leidenschaftlicher Kraftsportler wünsche ich mir, dass meine Asche eines Tages in einer dieser riesigen Proteinpulverdosen aufbewahrt wird. Auf dem Kaminsims stehend, soll sie an mich erinnern. Und meinen Nachkommen irgendwann einen köstlichen Shake bieten.

Leo Riegel

 Empfehlung für die Generation Burnout

Als eine günstige Methode für Stressabbau kann der Erwerb einer Katzentoilette – auch ohne zugehöriges Tier – mit Streu und Siebschaufel den Betroffenen Abhilfe verschaffen: Durch tägliches Kämmen der Streu beginnt nach wenigen Tagen der entspannende Eintritt des Kat-Zengarteneffekts.

Paulaner

 Dual Use

Seit ich meine In-Ear-Kopfhörer zugleich zum Musikhören und als Wattestäbchen verwende, stört es mich gar nicht mehr, wenn beim Herausnehmen der Ohrstöpsel in der Bahn getrocknete Schmalzbröckelchen rauspurzeln.

Ingo Krämer

 Frage an die Brutschmarotzer-Ornithologie

Gibt es Kuckucke, die derart hinterhältig sind, dass sie ihre Eier anderen Kuckucken unterjubeln, damit die dann fremde Eier in fremde Nester legen?

Jürgen Miedl

Vermischtes

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Das schreiben die anderen

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