Inhalt der Printausgabe

Januar 2006


Brummen wo’s am schönsten ist:
Zuhause im Knast
TITANIC privatisiert den Strafvollzug und (fast) alle machen mit!
(Seite 6 von 7)


Angriff der Killerfrager:

In Knasttown Hühnfeld…

…gibt’s für keinen mehr
Entkommen

»Blablabla?«
– »Hehehe!«
Bei welchen Tätig­keiten im Haushalt soll Ihnen der Strafgefangene zur Hand gehen?
  • Abwasch
  • Gartenarbeit
  • Kinder von der
         Schule abholen
  • Hund ausführen
  • Sexualität
  • Aber auch jüngere, scheint’s jeglicher Verpflichtung bare Osthessen verirren sich in unser Outdoor-Umfragestudio: Der 17jährige Jens trägt eine hochmodische Steppdecke oder jedenfalls -jacke, eine schwarze Hornbrille und macht gleich einen auf intellektuell: »Nein«, wehrt er einen ersten Angriff auf seine per Grundgesetz unverletzliche Wohnsphäre ab, »da kriegt man doch einen schlechten Ruf, wenn man mit so einem zusammenlebt.« Mit so einem? Vom edlen Gedanken der Gleichheit unter den Lebenden hat der Jüngling wohl noch nichts vernommen – kaum hat wer eine Witwe erwürgt, gehört er also bei der Landjugend schon zu »denen«! Kult-Außenseiter Gsella aber läßt sich nicht beirren, nimmt einen neuen Anlauf: Es gebe auch Geld! – Und das will der Stirnlockenträger aber sofort einstreichen, am besten »über 2000 Euro!«, na, da kann Väterchen Staat natürlich gleich eigene Knäste hochziehen. »Ich würde einen Gefangenen so lange behalten, wie es Geld gibt, am besten also lebenslänglich!« »Also auch mit anschließender Sicherheitsverwahrung?« »Ja, klar!« Wohin die Gier den Menschen führt; den jungen zumal... Bzw. eins rauf, denn der junge Hünfelder würde seinen Dauergast auch, wie er dem Fragebogen anvertraut, »in die Kneipe fahren«, allerdings nur mit dem Elektroschockgerät »und den anderen Waffen«, die dem jungerwachsenen Gewaltesel auf dem Fragebogen noch fehlen, »also Pfefferspray, Gaspistole, Knüppel!« Haßprojektion im gesellschaftlichen Gewaltzusammenhang, man hört dir trapsen auch am Rand der Rhön; bzw. gerade da. Wobei die einschlägig vielgeschmähte ältere Generation besser ist als ihr Ruf: So würde eine alerte 75jährige, so sie von der Unschuld eines Häftlings überzeugt wäre, diesen auch mal entwischen lassen: »Aber keinen Fremden. Das müßte schon ein Bekannter sein. Ein Bruder zum Beispiel! Also wenn ich genau wüßte, daß er unschuldig ist, da würd’ ich den hinten rausflitzen lassen.« Blut ist eben allemal dicker als der Ex-Hausbesitzer von vorhin; wenn auch nur ein bißchen.
    Ursula W. ist 56 und gleichfalls nicht uninteressiert und will, was sich der Lümmel von eben mal schön hinter die Ohren schreiben kann, für ihre staatsbürgerliche Pflicht nicht einmal Geld haben: »Ich weiß nicht, ob sie mir dafür Geld geben müßten!« Erst als wir ihr die monetenfixierte Geschäftsidee von ProSeco verklickern, läßt sie sich herab: »Ach so. Na dann nehmen Sie 500, das müßte reichen! Der könnte dann ins Kinderzimmer, meine sind schon ausgezogen.« Man soll nicht glauben, um wieviel liberaler die Nordosthessen sind, als es irgendein ausgedachtes Klischee evtl. behauptet: denn Frau W. würde einen modernen Willi Kufalt ohne Arg zum Arzt und in die Kneipe fahren, ihm die Haare schneiden und sogar, ohauera, ihr Schlafzimmer zum quartalsmäßigen Familien-, sprich Vögelnachmittag zur Verfügung stellen! Ja gibt’s das denn!


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    Aktuelle Startcartoons

    Heftrubriken

    Briefe an die Leser

     Prophetisch, »Antenne Thüringen«?

    Oder wie sollen wir den Song verstehen, den Du direkt nach der von Dir live übertragenen Diskussion zwischen Mario Voigt und Björn Höcke eingespielt hast? Zwar hat der Thüringer CDU-Fraktionschef Höckes Angebot einer Zusammenarbeit nach der Wahl ausgeschlagen. Aber es wettet ja so manche/r darauf, dass die Union je nach Wahlergebnis doch noch machthungrig einknickt. Du jedenfalls lässt im Anschluss den Musiker Cyril mit seinem Remake des Siebziger-Lieds »Stumblin’ in« zu Wort kommen: »Our love is alive / I’ve fallen for you / Whatever you do / Cause, baby, you’ve shown me so many things that I never knew / Whatever it takes / Baby, I’ll do it for you / Whatever you need / Baby, you got it from me.« Wenn das nicht mal eine Hymne auf eine blau-schwarze Koalition ist!

    Hätte sich dann doch eher »Highway to Hell« gewünscht: Titanic

     Verehrte Joyce Carol Oates,

    da Sie seit den Sechzigern beinah im Jahrestakt neue Bücher veröffentlichen, die auch noch in zahlreiche Sprachen übersetzt werden, kommen Sie vermutlich nicht dazu, jeden Verlagstext persönlich abzusegnen. Vielleicht können Sie uns dennoch mit ein paar Deutungsangeboten aushelfen, denn uns will ums Verrecken nicht einfallen, was der deutsche Ecco-Verlag im Sinn hatte, als er Ihren neuen Roman wie folgt bewarb: »›Babysitter‹ ist ein niederschmetternd beeindruckendes Buch, ein schonungsloses Porträt des Amerikas der oberen Mittelschicht sowie ein entlarvender Blick auf die etablierten Rollen der Frau. Oates gelingt es, all dies zu einem unglaublichen Pageturner zu formen. In den späten 1970ern treffen in Detroit und seinen Vorstädten verschiedene Leben aufeinander«, darunter »eine rätselhafte Figur an der Peripherie der Elite Detroits, der bisher jeglicher Vergeltung entkam«.

    Bitte helfen Sie uns, Joyce Carol Oates – wer genau ist ›der Figur‹, dem es die elitären Peripherien angetan haben? Tragen die Leben beim Aufeinandertreffen Helme? Wie müssen wir uns ein Porträt vorstellen, das zugleich ein Blick ist? Wird das wehtun, wenn uns Ihr Buch erst niederschmettert, um dann noch Eindrücke auf uns zu hinterlassen? Und wie ist es Ihnen gelungen, aus dem unappetitlich plattgedrückten Matsch zu guter Letzt noch einen »Pageturner« zu formen?

    Wartet lieber aufs nächste Buch: Titanic

     Hey, »Dyn Sports«!

    Bitte für zukünftige Moderationen unbedingt merken: Die Lage eines Basketballers, der nach einem Sturz »alle Viere von sich streckt«, ist alles Mögliche, aber bestimmt nicht »kafkaesk«. Sagst Du das bitte nie wieder?

    Fleht Titanic

     Du, »Hörzu Wissen«,

    weißt, wie Werbung geht! Mit »Die Sucht zu töten« machtest Du so richtig Lust auf Deine aktuelle Ausgabe, um erläuternd nachzulegen: »Bestialisch, sadistisch, rätselhaft: Was Menschen zu mordenden Monstern macht – acht Täter und die Geschichten ihrer grausamen Verbrechen.«

    Wer kann sich da der Faszination der »dunklen Welt der Serienkiller« noch entziehen? Aber am Ende, liebe Hörzu Wissen, ist in diesem Zusammenhang doch die Implikation Deines Slogans »Hörzu Wissen – das Magazin, das schlauer macht!« das Allergruseligste!

    Da erschauert sogar

    Die True-Crime-resistente Redaktion der Titanic

     Kurze Anmerkung, Benedikt Becker (»Stern«)!

    »Wer trägt heute noch gerne Krawatte?« fragten Sie rhetorisch und machten den Rollkragenpullover als neues It-Piece der Liberalen aus, v. a. von Justizminister Marco Buschmann und Finanzminister Christian Lindner, »Was daran liegen mag, dass der Hals auf die Ampelkoalition besonders dick ist. Da hilft so eine Halsbedeckung natürlich, den ganzen Frust zu verbergen.«

    Schon. Aber wäre es angesichts des Ärgers der beiden Freien Demokraten über SPD und Grüne nicht passender, wenn sie mal wieder so eine Krawatte hätten?

    Ebenso stilistisch versiert wie stets aus der Mode: Titanic

    Vom Fachmann für Kenner

     Frage an die Brutschmarotzer-Ornithologie

    Gibt es Kuckucke, die derart hinterhältig sind, dass sie ihre Eier anderen Kuckucken unterjubeln, damit die dann fremde Eier in fremde Nester legen?

    Jürgen Miedl

     Im Institut für Virologie

    Jeder Gang macht krank.

    Daniel Sibbe

     Spielregeln

    Am Ende einer Mensch-ärgere-dich-nicht-Partie fragt der demente Herr, ob er erst eine Sechs würfeln muss, wenn er zum Klo will.

    Miriam Wurster

     100 % Maxx Dad Pow(d)er

    Als leidenschaftlicher Kraftsportler wünsche ich mir, dass meine Asche eines Tages in einer dieser riesigen Proteinpulverdosen aufbewahrt wird. Auf dem Kaminsims stehend, soll sie an mich erinnern. Und meinen Nachkommen irgendwann einen köstlichen Shake bieten.

    Leo Riegel

     Mitgehört im Zug

    »Prostitution ist das älteste Gewerbe der Welt!« – »Ja, aber das muss es ja nicht bleiben.«

    Karl Franz

    Vermischtes

    Erweitern

    Das schreiben die anderen

    Titanic unterwegs
    27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
    28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
    29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
    30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg