Inhalt der Printausgabe
November 2003
Humorkritik
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Komische Kündigung |
Zwei meiner Neffen sind von Beruf Zeichner, komische Zeichner natürlich, wie soll es bei dem Onkel auch anders sein. Zusammen betreiben sie eine Zeichnerfirma, zu deren Kunden auch ein Geldinstitut zählte, dessen Kundenzeitschrift mit lustigen Zeichnung zu garnieren war. Die Bank zahlte nicht übermäßig, aber anständig und vor allem pünktlich. Mit der Qualität der Witzzeichnungen verhielt es sich genauso. Diese hervorragende Symbiose störte allein ein kleines Mißverständnis: Die Banker glaubten, die Originalzeichnungen seien nicht nur zum Abdruck freigegeben, sondern mit der Zahlung des Honorars in ihren Besitz übergegangen. Die Zeichner protestierten. Der Hausjurist der Bank prüfte und meinte, die Bank sei im Recht. Die Zeichner entgegneten, ein solches Gebaren sei absolut branchenunüblich und niemals rechtlich durchsetzbar. Die Banker gaben nach und teilten mit, daß "im Interesse einer störungsfreien zukünftigen Zusammenarbeit" die Zeichner ihre Zeichnungen zurückerhalten sollten; womit der Streit beigelegt und alles wieder seine Ordnung zu haben schien. Kurz darauf erhielten meine Neffen folgende Nachricht von der Betreuungsredakteurin ihrer Bank: "Liebe Herren, wie jede Redaktion sind auch wir bemüht, ein möglichst gutes Heft zu machen. Nach sechs Ausgaben war es für uns Zeit, über frischen Wind nachzudenken. Aus diesem Grund haben wir beschlossen, zukünftig auch anderen guten Cartoonisten eine Chance zu geben. Sollten wir wieder einen Auftrag zu vergeben haben, werde ich auf Sie zukommen. Wir hoffen, daß Sie für diese Entscheidung Verständnis haben. Für die gute Zusammenarbeit möchte ich mich - auch im Namen der übrigen Redaktionsmitglieder - recht herzlich bedanken. Mit freundlichem Gruß Eleonore Romana (Name geändert)." Die Antwort der Zeichner lautete: "Frau Romana! Ihre verlogene Nachricht haben wir erhalten. Zu Ihrer Ehrenrettung und in Erahnung der feudalen Herrschaftsstrukturen in Ihrem Saftladen gehen wir davon aus, daß diese Entscheidung nicht auf Ihrem Mist gewachsen ist, sondern auf dem von Ihrem Chef. Mal ehrlich: Entweder ist der Grund für unseren Rausschmiß in der bekannten finanziell stark angespannten Situation Ihrer sauberen Institution zu finden oder aber darin, daß Sie es nicht verwinden konnten, mit Ihrem versuchten Bilderdiebstahl nicht erfolgreich gewesen zu sein. Das erträgt offenbar kein Mitglied einer Branche, die ihre Existenz auf gewissenlose Vorteilsnahme und rücksichtslose Ausbeutung, auf Schnäppchenjagd im großen Stil gründet. Da Sie die Rolle der hilfswilligen und buckligen Untergebenen nach innen, als auch die der liebedienerisch Schleimigen nach außen offenbar bestens beherrschen, müssen wir uns ja um Ihre Zukunft im Bankfach keine Sorgen machen. Hüten Sie sich aber davor, uns jemals wieder einen Auftrag erteilen zu wollen. Wir können nicht ausschließen, daß wir darauf mit körperlicher Züchtigung reagieren." Da erzähle mir noch einer, in unserer Zeit des hochentwickelten Kuschelkapitalismus sei die Jugend oberflächlich, hedonistisch und faul, fern von Freiheitswillen und Widerstandsgeist! |
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