Inhalt der Printausgabe

November 2002


Humorkritik
(Seite 6 von 6)

Schlucken mit Rowohlt

Wer aus unerfindlichen Gründen den westirischen Küstenflecken Ballyvaughan als Gelegenheitsaufenthalt wählt, wird kaum eine bessere Ferienlektüre finden als das von Ralf Sotscheck und Harry Rowohlt besorgte Erzählbuch "In Schlucken-zwei-Spechte" (Edition Tiamat). Daß der vollbärtige Vollübersetzer Rowohlt, der schon fast die gesamte irische Weltliteratur ins Deutsche übertragen hat, endlich jemanden fand, dem er sein übervolles Anekdotenfaß anvertrauen konnte, mag manch einer bejubeln. Während des vorausgegangenen einwöchigen Erzähltreffens in - wo sonst? - Ballyvaughan konnte Sotscheck, im Nebenberuf Irland-Korrespondent der Tageszeitung, schließlich allerhand Erkentnisse gewinnen: "Übrigens sind sowohl der Verleger als auch Harry Rowohlt und ich Widder mit Aszendent Schütze. Was das bedeuten mag, weiß ich aber nicht." Das Inhaltsverzeichnis indes weist Sotschecks Vorwort Wiglaf Droste zu; was das aber bedeuten mag, weiß ich nicht. Und schweige hinfort, greife ins Anekdotenfaß und fische pars pro toto die hier heraus, die Rowohlt, seine Frau Ulla und seinen Ex-Konkret-Kollegen Wolfgang Röhl, den Bruder des einstigen Herausgebers, steinwandfrei vereint:
"Ich saß mal mit Wolfgang Röhl und Ulla während der Frankfurter Buchmesse in einer Kneipe, und Röhl baggerte Ulla den ganzen Abend an und sagte: ›Gib mir doch mal einen Feuchten, gib mir doch mal einen Feuchten.‹ Ich bin dann pinkeln gegangen und habe einen Pinkelstein mitgebracht, der schon lange in Gebrauch gewesen war, mit richtig rundgefrästen Kanten, habe ihn ihm auf den Tisch gelegt und gesagt: ›So, hier haste einen Feuchten.‹ Niemand kann mein Entzücken beschreiben, als Wolfgang Röhl, ohne hinzugucken, danke sagte und sich ihn in den Mund steckte. Es dauerte köstliche Sekunden, bis er merkte, was er da im Mund hatte. Daraufhin hat er ihn allerdings [...] wieder ausgespuckt. Dann wurde der Abend ein bißchen eintönig, weil Röhl nur noch sagte: ›Dafür wirst du dermaßen zahlen, wirst du dafür.‹ Aber er mußte dann auch anerkennen, daß es dabei durchaus mit rechten Dingen zugegangen war. Ich hatte ihn ja nicht zwangsernährt, sondern er hat sich freiwillig den Pinkelstein ins Maul gesteckt."



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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ein Vorschlag, Clemens Tönnies …

Ein Vorschlag, Clemens Tönnies …

Während Ihrer Zeit im Aufsichtsrat bei Schalke 04 sollen Sie in der Halbzeitpause einmal wutentbrannt in die Kabine gestürmt sein und als Kommentar zur miserablen Mannschaftsleistung ein Trikot zerrissen haben. Dabei hätten Sie das Trikot viel eindrücklicher schänden können, als es bloß zu zerfetzen, Tönnies!

Sie hätten es, wie Sie es aus Ihrem Job kennen, pökeln, durch den verschmutzten Fleischwolf drehen und schließlich von unterbezahlten Hilfskräften in minderwertige Kunstdärme pressen lassen können.

Aber hinterher ist man immer schlauer, gell?

Dreht Sie gern durch den Satirewolf: Titanic

 Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Die Bunte zitiert Sie mit der Aussage: »Um zu überleben, muss man gesund sein, und wenn man am gesündesten ist, sieht man einfach auch am jüngsten aus!« Gut, dass Sie diese Erkenntnis an uns weitergeben!

Geht jetzt zur Sicherheit bei jeder neuen Falte, Cellulitedelle und grauen Strähne zum Arzt:

Ihre greise Redaktion der Titanic

 Prophetisch, »Antenne Thüringen«?

Oder wie sollen wir den Song verstehen, den Du direkt nach der von Dir live übertragenen Diskussion zwischen Mario Voigt und Björn Höcke eingespielt hast? Zwar hat der Thüringer CDU-Fraktionschef Höckes Angebot einer Zusammenarbeit nach der Wahl ausgeschlagen. Aber es wettet ja so manche/r darauf, dass die Union je nach Wahlergebnis doch noch machthungrig einknickt. Du jedenfalls lässt im Anschluss den Musiker Cyril mit seinem Remake des Siebziger-Lieds »Stumblin’ in« zu Wort kommen: »Our love is alive / I’ve fallen for you / Whatever you do / Cause, baby, you’ve shown me so many things that I never knew / Whatever it takes / Baby, I’ll do it for you / Whatever you need / Baby, you got it from me.« Wenn das nicht mal eine Hymne auf eine blau-schwarze Koalition ist!

Hätte sich dann doch eher »Highway to Hell« gewünscht: Titanic

 Clever, »Brigitte«!

Du lockst mit der Überschrift »Fünf typische Probleme intelligenter Menschen«, und wir sind blöd genug, um draufzuklicken. Wir lernen, dass klug ist: wer mehr denkt, als er spricht, wer sich ungeschickt im Smalltalk anstellt, wer sich im Job schnell langweilt, wer sich mit Entscheidungen schwertut, wer bei Streit den Kürzeren zieht und wer ständig von Selbstzweifeln geplagt wird.

Frustriert stellen wir fest, dass eigentlich nichts von alledem auf uns zutrifft. Und als die Schwachköpfe, die wir nun einmal sind, trauen wir uns fast gar nicht, Dich, liebe Brigitte, zu fragen: Waren das jetzt nicht insgesamt sechs Probleme?

Ungezählte Grüße von Deiner Titanic

 Hallihallo, Michael Maar!

In unserem Märzheft 2010 mahnte ein »Brief an die Leser«: »Spannend ist ein Krimi oder ein Sportwettkampf.« Alles andere sei eben nicht »spannend«, der schlimmen dummen Sprachpraxis zum Trotz.

Der Literatur- ist ja immer auch Sprachkritiker, und 14 Jahre später haben Sie im SZ-Feuilleton eine »Warnung vor dem S-Wort« veröffentlicht und per Gastbeitrag »zur inflationären Verwendung eines Wörtchens« Stellung bezogen: »Nein, liebe Radiosprecher und Moderatorinnen. Es ist nicht S, wenn eine Regisseurin ein Bachmann-Stück mit drei Schauspielerinnen besetzt. Eine Diskussionsrunde über postmoderne Lyrik ist nicht S. Ein neu eingespieltes Oboenkonzert aus dem Barock ist nicht S.«

Super-S wird dagegen Ihr nächster fresher Beitrag im Jahr 2038: Das M-Wort ist ja man auch ganz schön dumm!

Massiv grüßt Sie Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Tödliche Pilzgerichte (1/1)

Gefühlte Champignons.

Lukas Haberland

 Konsequent

Die Welt steckt in der Spermakrise. Anzahl und Qualität der wuseligen Eileiter-Flitzer nehmen rapide ab. Schon in wenigen Jahren könnten Männer ihre Zeugungsfähigkeit vollständig verlieren. Grund hierfür sind die Verkaufsschlager aus den Laboren westlicher Großkonzerne. Diese Produkte machen den Schädling platt, das Plastik weich und das Braterlebnis fettfrei und wundersam. Erfunden wurden diese chemischen Erfolgsverbindungen von – Überraschung – Y-Chromosom-Trägern. Toll, dass sich Männer am Ende doch an der Empfängnisverhütung beteiligen.

Teresa Habild

 Mitgehört im Zug

»Prostitution ist das älteste Gewerbe der Welt!« – »Ja, aber das muss es ja nicht bleiben.«

Karl Franz

 Altersspezifisch

Ich gehöre noch zu einer Generation, deren Sätze zu häufig mit »Ich gehöre noch zu einer Generation« anfangen.

Andreas Maier

 Gebt ihnen einen Lebenszyklus!

Künstliche Pflanzen täuschen mir immer gekonnter Natürlichkeit vor. Was ihnen da aber noch fehlt, ist die Fähigkeit zu verwelken. Mein Vorschlag: Plastikpflanzen in verschiedenen Welkstadien, damit man sich das Naserümpfen der Gäste erspart und weiterhin nur dafür belächelt wird, dass man alle seine Zöglinge sterben lässt.

Michael Höfler

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg