Inhalt der Printausgabe
November 2002
Humorkritik
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Ja uff erst mal |
Versteckt im dritten Programm, spät des Nachts, wird im Fernsehen Karl Mays "Winnetou" gelesen. Mit verteilten Rollen und gesprochen von den klassischen Knallchargen des deutschen TV-Humors, als da sind: Jürgen von der Lippe, Rüdiger Hoffmann, Mike Krüger, Hella von Sinnen, Dirk Bach, um nur die bekanntesten der Mitwirkenden zu nennen. Gründe genug also, hier äußerste Vorsicht walten zu lassen. Doch halt! Es ist diesen medialen Abziehbildern ihrer eigenen, lang tradierten Rollenklischees etwas gelungen, das mich mit vielem, was sie im Laufe ihrer langen Karrieren verbrochen haben, fast schon wieder versöhnt. Ja, sie können doch witzig sein! Vorausgesetzt, sie bekommen einen Rahmen, der es ihnen erlaubt, ihre Charge auch als solche zu nutzen. Rüdiger Hoffmann bleibt also Rüdiger Hoffmann, doch hier verkörpert er die Rolle des Winnetou. Der edle Wilde, der Überindianer, als verpennter, etwas tapsiger Naivling. Jürgen von der Lippe als sauerländischer Old Shatterhand und Ich-Erzähler gemahnt an den unfreiwilligen Amtsstubenhumor des seligen Heinrich Lübke, und der Dialekt paart sich vorzüglich mit dem bräsigen, deutschtümelnden Duktus Karl Mays. Schon beim ersten Sehen überzeugte mich die spartanische Fernsehfassung dieses eigentlich fürs Radio gedachten Hörspiels. Innerhalb weniger Tage wurden im Herbst 2000 sämtliche Folgen beim WDR aufgenommen; eine Bildregie, die versucht, das Ganze vermittels vieler lustiger Einfälle aufzupeppen, fehlt gottlob; es wird am Mikro sitzend und vom Blatt vorgelesen, ein Geräuschemacher setzt sparsame akustische Akzente. Allenfalls die dümmliche Kostümierung einiger Sprecher erinnerte mich wieder daran, wie grausam die Untiefen deutschen Fernsehklamauks bisweilen sein können. Aber man muß sich diesen Winnetou ja auch nicht im Fernsehen angucken! Die Hörspielfassung nämlich gibt es als dickes 350-Minuten-Paket unter dem eher ärgerlichen Titel "Ja uff erstmal - Winnetou unter Comedy-Geiern" im Laden zu kaufen. |
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