Inhalt der Printausgabe

Mai 2002


Der Aasgeier des Satans
Wie Rupert Murdoch zum Programmverantwortlichen
(fast) der ganzen Welt wurde
(Seite 3 von 7)

Ende der Sechziger setzte der australische Zeitungs-King deshalb an, auch den britischen Markt für Boulevardzeitungen zu knacken. Mit dem grandiosen Einfall, in seinen Neuerwerbungen News of the World und The Sun die Überschriften so groß zu drucken, daß für die dazugehörigen Artikel kein Platz mehr blieb, revolutionierte Murdoch das britische Pressewesen (und sparte ganz nebenbei auch einiges an Zeilenhonorar). Überdies wies er seine Redakteure an, Tabuthemen wie Fußball, Autos oder weibliche Brüste nicht länger zu umgehen und die Mauer des Schweigens zu durchbrechen, die es bis dahin Journalisten nicht erlaubt hatte, die einfachen Fragen nach dem Zusammenhang von Hautfarbe und Genitallänge oder dem von krimineller Neigung und Gewerkschaftszugehörigkeit zu stellen.
Frühzeitig erkannte Murdoch auch das enorme Unterhaltungspotential, das von kriegerischen Auseinandersetzungen ausgeht. Deshalb zettelte er mit The Sun und seiner Neuerwerbung The Times konstant Preiskriege an, in denen die Preise manchmal so aggressiv aufeinander losgingen, daß UN-Blauhelmtruppen intervenieren mußten. Seinem Erzfeind Ted Turner jubelte er eine abgewrackte Schauspielerin namens Jane Fonda unter und dokumentierte in seinen Blättern genüßlich den anschließenden Ehekrieg. Den Falklandkrieg schließlich brach er nur deshalb höchstpersönlich vom Zaun, weil er in der Schublade noch die Schlagzeile "Holt die verfickten Gauchos endlich vom Pferd!" liegen hatte.
Nachdem er auf seinen wichtigsten Märkten konservative Regimes installiert hatte (Thatcher, Reagan), beschloß Murdoch Anfang der Achtziger, seiner gestiegenen Verantwortung durch eine Änderung der Redaktionsstatuten gerecht zu werden: Zum Teil durften seine Journalisten jetzt nicht mehr gänzlich ihre eigene Meinung schreiben. "Wer eine eigene Meinung schreiben will, soll eine eigene Zeitung gründen", beschied Murdoch seinen zaghaft protestierenden Angestellten, "oder erben, so wie ich ja auch." Bei der Durchsetzung seiner neuen Richtlinien war er denn auch nicht zimperlich: Gewerkschaftern ließ er die Finger einzeln brechen, renitenten Redakteuren schlug er mit einem Backstein den Schädel ein, und in seinen Redaktionen lief von morgens bis abends "The Best of Supertramp" - alles wiederum Stoff für die Super-Horror-Aufmacher seiner Blätter, die es ihm ermöglichten, weitere Publikationen gleich im Dutzend einzukaufen.


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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Verehrte Joyce Carol Oates,

da Sie seit den Sechzigern beinah im Jahrestakt neue Bücher veröffentlichen, die auch noch in zahlreiche Sprachen übersetzt werden, kommen Sie vermutlich nicht dazu, jeden Verlagstext persönlich abzusegnen. Vielleicht können Sie uns dennoch mit ein paar Deutungsangeboten aushelfen, denn uns will ums Verrecken nicht einfallen, was der deutsche Ecco-Verlag im Sinn hatte, als er Ihren neuen Roman wie folgt bewarb: »›Babysitter‹ ist ein niederschmetternd beeindruckendes Buch, ein schonungsloses Porträt des Amerikas der oberen Mittelschicht sowie ein entlarvender Blick auf die etablierten Rollen der Frau. Oates gelingt es, all dies zu einem unglaublichen Pageturner zu formen. In den späten 1970ern treffen in Detroit und seinen Vorstädten verschiedene Leben aufeinander«, darunter »eine rätselhafte Figur an der Peripherie der Elite Detroits, der bisher jeglicher Vergeltung entkam«.

Bitte helfen Sie uns, Joyce Carol Oates – wer genau ist ›der Figur‹, dem es die elitären Peripherien angetan haben? Tragen die Leben beim Aufeinandertreffen Helme? Wie müssen wir uns ein Porträt vorstellen, das zugleich ein Blick ist? Wird das wehtun, wenn uns Ihr Buch erst niederschmettert, um dann noch Eindrücke auf uns zu hinterlassen? Und wie ist es Ihnen gelungen, aus dem unappetitlich plattgedrückten Matsch zu guter Letzt noch einen »Pageturner« zu formen?

Wartet lieber aufs nächste Buch: Titanic

 Recht haben Sie, Uli Wickert (81)!

Recht haben Sie, Uli Wickert (81)!

Die Frage, weshalb Joe Biden in seinem hohen Alter noch mal für das Präsidentenamt kandidiert, anstatt sich zur Ruhe zu setzen, kommentieren Sie so: »Warum muss man eigentlich loslassen? Wenn man etwas gerne macht, wenn man für etwas lebt, dann macht man halt weiter, soweit man kann. Ich schreibe meine Bücher, weil es mir Spaß macht und weil ich nicht Golf spielen kann. Und irgendwie muss ich mich ja beschäftigen.«

Daran haben wir, Wickert, natürlich nicht gedacht, dass der sogenannte mächtigste Mann der Welt womöglich einfach keine Lust hat, aufzuhören, auch wenn er vielleicht nicht mehr ganz auf der Höhe ist. Dass ihn das Regieren schlicht bockt und ihm obendrein ein Hobby fehlt. Ja, warum sollte man einem alten Mann diese kleine Freude nehmen wollen!

Greifen Sie hin und wieder doch lieber zum Golfschläger statt zum Mikrofon, rät Titanic

 Könnte es sein, »ARD-Deutschlandtrend«,

dass Dein Umfrageergebnis »Mehrheit sieht den Frieden in Europa bedroht« damit zusammenhängt, dass seit über zwei Jahren ein Krieg in Europa stattfindet?

Nur so eine Vermutung von Titanic

 Prophetisch, »Antenne Thüringen«?

Oder wie sollen wir den Song verstehen, den Du direkt nach der von Dir live übertragenen Diskussion zwischen Mario Voigt und Björn Höcke eingespielt hast? Zwar hat der Thüringer CDU-Fraktionschef Höckes Angebot einer Zusammenarbeit nach der Wahl ausgeschlagen. Aber es wettet ja so manche/r darauf, dass die Union je nach Wahlergebnis doch noch machthungrig einknickt. Du jedenfalls lässt im Anschluss den Musiker Cyril mit seinem Remake des Siebziger-Lieds »Stumblin’ in« zu Wort kommen: »Our love is alive / I’ve fallen for you / Whatever you do / Cause, baby, you’ve shown me so many things that I never knew / Whatever it takes / Baby, I’ll do it for you / Whatever you need / Baby, you got it from me.« Wenn das nicht mal eine Hymne auf eine blau-schwarze Koalition ist!

Hätte sich dann doch eher »Highway to Hell« gewünscht: Titanic

 Grüß Gott, Businesspäpstin Diana zur Löwen!

Du verkaufst seit Neuestem einen »Anxiety Ring«, dessen »bewegliche Perlen« beim Stressabbau helfen sollen. Mal abgesehen davon, dass das einfach nur das hundertste Fummelspielzeug ist, kommen uns von ihren Nutzer/innen glorifizierte und zur Seelenerleichterung eingesetzte bewegliche Perlen an einer Kette verdächtig bekannt vor.

Ist für Dich natürlich super, denn auch wenn Du Deinen treuen Fans skrupellos das Geld aus der Tasche ziehst, in die Hölle kommst Du zumindest für diese Aktion sicher nicht.

Auch wenn dafür betet:

Deine Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Im Institut für Virologie

Jeder Gang macht krank.

Daniel Sibbe

 Finanz-Blues

Wenn ich bei meiner langjährigen Hausbank anrufe, meldet sich immer und ausnahmslos eine Raiffeisenstimme.

Theobald Fuchs

 Dual Use

Seit ich meine In-Ear-Kopfhörer zugleich zum Musikhören und als Wattestäbchen verwende, stört es mich gar nicht mehr, wenn beim Herausnehmen der Ohrstöpsel in der Bahn getrocknete Schmalzbröckelchen rauspurzeln.

Ingo Krämer

 Tödliche Pilzgerichte (1/1)

Gefühlte Champignons.

Lukas Haberland

 Empfehlung für die Generation Burnout

Als eine günstige Methode für Stressabbau kann der Erwerb einer Katzentoilette – auch ohne zugehöriges Tier – mit Streu und Siebschaufel den Betroffenen Abhilfe verschaffen: Durch tägliches Kämmen der Streu beginnt nach wenigen Tagen der entspannende Eintritt des Kat-Zengarteneffekts.

Paulaner

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg