Inhalt der Printausgabe
März 2002
Vom Fachmann für Kenner (Seite 6 von 15) |
Ein senelîchez mære Er hieß Elmar, war von Beruf Sachbearbeiter, einigermaßen zufrieden verheiratet und verbrachte seine freie Zeit damit, auf Festplätzen, in Altstädten, bestenfalls gar vor Burgruinen mit Gleichgesinnten mittelalterliche Zeltstädte zu errichten, mittelalterliche Kleidung anzuziehen, mittelalterliche Musik auf mittelalterlichen Instrumenten zu machen und so zur eigenen halb antiweberschen Freude am Zauber in zauberferner Zeit wie auch zur Erbauung eines sonntäglichen Seltsamkeiten allemal nicht abgeneigten Jahrmarktpublikums Mittelalter zu zelebrieren, daß es nur so gaukelte und schal- meite. Hin und wieder kam er sogar im Dritten Programm. Einmal trieb er es mit dem Zirkus so weit, daß es ganz schaurig zu regnen anfing und er obendrein fürchterliche Zahnschmerzen bekam. Da ging er rasch zum "Dorfschmied" nebenan und bat um Behandlung. Unter grausigsten Schmerzen ließ er den "Fachmann" den Zahn entfernen, schrie wie am Spieß und wäre fast verblutet, aber irgendwann war der Zahn draußen und Elmar ohnmächtig. Als er wieder zu sich kam und ihm dämmerte, daß strenggenommen weder Aspirin noch auch die DAK schon erfunden waren und der "Zahnarzt" für seine Folterei zwanzig Reichstaler oder wenigstens seinen, Elmars, Opel Vectra haben wollte, da kam dem Elmar der Gedanke, daß er selber schon ein rechter Folklorist und Blödmann sei, mein lieber Scholli, daß Gott erbarm. Seitdem fährt er wochenends wieder häufiger in den Baumarkt. Stefan Gärtner
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