Inhalt der Printausgabe

Juli 2001


Die gerngelesene Geschichte
Herr Tötenses am Abgrund

(Seite 3 von 5)

Wie schnell und weit er gesunken war und fürderhin sank, verschwamm vor Tötenses' Augen aus Gründen des Selbstschutzes zwar zusehends. Allein bei der Cafélektüre der regional millionfach auftrumpfenden Westdeutschen Allgemeinen Zeitung schwante ihm mitunter, wie kilometertief er in der Scheiße saß. Bis etwa vor Halbjahresfrist hatte er, der einstmalige Duisburger Asta-Vorsitzende und Maoist, die SPD-linke Frankfurter Rundschau abonniert und dumpf einverstanden überflogen; in der WAZ aber hagelte es massenweise Havarien wie "Bundeskanzler Schröder erklärte den Journalisten bereitwillig Auskunft" oder "›Wir hatten einfach einen schlechten Tag‹, warf Uli Hoeneß die an diesen Tage zu Tage tretende Qualität des Bayernspiels ›sarkastisch‹ in die Bresche". Das sogenannte Revier und ich, dachte Tötenses und züngelte am dritten Stern-Export, sind wahrlich ein 1a Schrotthaufen, als, es war am letzten Donnerstag im Mai, das Duo den Laden betrat.
Sie war Mitte dreißig und der zweitdümmste Mensch Europas, aber das wußte Tötenses noch nicht. Tötenses registrierte einen grotesk übergroßen, entenhaft verformten Mund, einen vollkommenen Schnabel also, der auch allzeit brüllend offen stand und mit seinen übertrieben rot gefärbten Lippen aussah wie ein ovaler Fun-Mülleimer.
"Buäähhh!" - "Nee, Üschken, Appelschorle krisse nich! Hier is dein Fläschken! Und die Jacke läßte an, kapiert?! Verdammter Scheiß, getz hör ma mit den Schreien auf!! Bleib von die Blumen wech! Üschken, getz is abber Schluß! Hallo! 'n Pils bitte, ja. Nee, Kuchen krisse auch nich! Setz dich endlich auf dem Stuhl da!"
"Ähhh! Buuäähh!" schrie ihr wohl zweijähriges und naturgemäß noch blöderes Saubalg, schrie und kläffte im Verein mit dieser archetypischen Revierkuh in einem fort auf Tötenses hin und um ihn herum, bis um Punkt vier Uhr sein Handywecker klingelte, den Schluß der Babypause anzuzeigen. Gehorsam legte Tötenses zwölf Mark auf den Tisch und erhob sich.
"Üschken, sach den Onkel tschüssi!"
"Buäähhh!!"


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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Weiter so, uruguayischer Künstler Pablo Atchugarry!

Eine angeblich von Ihnen geschaffene Bronzeskulptur im englischen Cambridge soll an Prinz Philip erinnern, der dort von 1977 bis 2011 Kanzler der Universität war. Allerdings wird das Kunstwerk, das im Auftrag eines reichen Bauträgers angefertigt wurde, von vielen als verunglückt empfunden und zieht seit nunmehr zehn Jahren Spott auf sich.

Dass Sie mittlerweile die Urheberschaft leugnen, um Ihr Renommee als Künstler zu schützen, ist zwar verständlich, aber aus unserer Sicht völlig unnötig. Wenn sich das Konzept durchsetzt, lästige Promis, die uns über Jahrzehnte viel Zeit, Geld und Nerven gekostet haben, mit langlebigen Schrott-Monumenten zu schmähen, werden Sie sich vor Aufträgen bald kaum noch retten können. Und das Beste: Weil andere Großkopferte sich mit ihren Eskapaden zurückhalten würden, um nicht von Ihnen verewigt zu werden, sorgten Sie auch noch für Ruhe und gesellschaftlichen Frieden.

Hofft, dass dieser Vorschlag einen Stein ins Rollen bringt: Titanic

 Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Im andalusischen Sevilla hast Du eine Kontroverse ausgelöst, der Grund: Auf dem Plakat für das Spektakel »Semana Santa« (Karwoche) habest Du zu freizügig ausgesehen, zu erotisch, ja zu hot!

Tja, und wie wir das besagte Motiv anschauen, verschlägt es uns glatt die Sprache. Dieser sehnsüchtige Blick, der kaum bedeckte anmutige Körper! Da können wir nur flehentlich bitten: Jesus, führe uns nicht in Versuchung!

Deine Dir nur schwer widerstehenden Ungläubigen von der Titanic

 Hoppla, Berliner Gefängnischefs!

Drei von Euch haben laut Tagesspiegel wegen eines Fehlers der schwarz-roten Regierungskoalition statt einer Gehaltserhöhung weniger Geld bekommen. Aber der Ausbruch von Geldnöten soll durch einen Nachtragshaushalt verhindert werden. Da ja die Freundschaft bekanntlich beim Geld endet: Habt Ihr drei beim Blick auf Eure Kontoauszüge mal kurz über eine Ersatzfreiheitsstrafe für die nachgedacht, die das verbrochen haben?

Wollte diese Idee nur mal in den Raum stellen: Titanic

 Bild.de!

»Springer hatte im Januar bundesweit für Entsetzen gesorgt«, zwischentiteltest Du mit einem Mal überraschend selbstreferenziell. Und schriebst weiter: »Nach der Enthüllung des Potsdamer ›Remigrations‹-Treffens von AfD-Politikern und Rechtsextremisten postete Springer: ›Wir werden Ausländer zurückführen. Millionenfach. Das ist kein Geheimnis. Das ist ein Versprechen.‹« Und: »In Jüterbog wetterte Springer jetzt gegen ›dahergelaufene Messermänner‹ und ›Geld für Radwege in Peru‹«.

Dass es in dem Artikel gar nicht um Dich bzw. den hinter Dir stehenden Arschverlag geht, sondern lediglich der Brandenburger AfD-Vorsitzende René Springer zitiert wird, fällt da kaum auf!

Zumindest nicht Titanic

 Gute Frage, liebe »Süddeutsche«!

»Warum haben wir so viele Dinge und horten ständig weiter? Und wie wird man diese Gier wieder los?« teast Du Dein Magazin an, dasselbe, das einzig und allein als werbefreundliches Vierfarb-Umfeld für teuren Schnickschnack da ist.

Aber löblich, dass Du dieses für Dich ja heißeste aller Eisen anpackst und im Heft empfiehlst: »Man kann dem Kaufimpuls besser widerstehen, wenn man einen Schritt zurücktritt und sich fragt: Wer will, dass ich das haben will?«

Und das weiß niemand besser als Du und die Impulskundschaft von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Altersspezifisch

Ich gehöre noch zu einer Generation, deren Sätze zu häufig mit »Ich gehöre noch zu einer Generation« anfangen.

Andreas Maier

 Die wahre Strafe

Verhaftet zu werden und in der Folge einen Telefonanruf tätigen zu müssen.

Fabio Kühnemuth

 Im Institut für Virologie

Jeder Gang macht krank.

Daniel Sibbe

 Back to Metal

Wer billig kauft, kauft dreimal: Gerade ist mir beim zweiten Sparschäler innerhalb von 14 Tagen die bewegliche Klinge aus ihrer Plastikaufhängung gebrochen. Wer Sparschäler aus Kunststoff kauft, spart also am falschen Ende, nämlich am oberen!

Mark-Stefan Tietze

 Konsequent

Die Welt steckt in der Spermakrise. Anzahl und Qualität der wuseligen Eileiter-Flitzer nehmen rapide ab. Schon in wenigen Jahren könnten Männer ihre Zeugungsfähigkeit vollständig verlieren. Grund hierfür sind die Verkaufsschlager aus den Laboren westlicher Großkonzerne. Diese Produkte machen den Schädling platt, das Plastik weich und das Braterlebnis fettfrei und wundersam. Erfunden wurden diese chemischen Erfolgsverbindungen von – Überraschung – Y-Chromosom-Trägern. Toll, dass sich Männer am Ende doch an der Empfängnisverhütung beteiligen.

Teresa Habild

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
02.05.2024 Dresden, Schauburg Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
03.05.2024 Mettingen, Schultenhof Thomas Gsella
03.05.2024 Stuttgart, Im Wizemann Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
04.05.2024 Gütersloh, Die Weberei Thomas Gsella