Inhalt der Printausgabe

August 2000


Wie TITANIC einmal die Fußball-WM 2006 nach Deutschland holte

Protokoll einer erfolgreichen Bestechung
(Seite 3 von 13)

Channel4 Guten Tag, Herr Hansen, ich habe eine card, äh letter mit Ihrem Namen from the FIFA executive comitee: "Dear Mr. Warner, in this difficult situation Mr. Beckenbauer and I would like to emphasize..."
TITANIC Ja, this is right, that's my fax from yesterday evening.
Channel4 Okay, why... Ah Mr. Hansen, this letter it says "let me come straight to the point… sincerely yours Martin Hansen…" (aufgeregt) This letter, did you write the letter?
TITANIC Yes, sure, I did.
Channel4 (noch erregter) You did write the letter?
TITANIC (ruhig) Yes.
Channel4 (investigativ) And what is TDES?
TITANIC It's a comitee for the World Cup 2006 in Germany.
Channel4 (völlig aufgelöst) It's a comitee, it's a comitee, yes?
TITANIC Yes.
Channel4 (dreht fast durch) And you are secretary of the bid comitee?
TITANIC Yes.
Channel4 (faßt sich mühsam) And why did you write the letter?
TITANIC One moment, I call my äh translator. (Rattelschneck kommt dazu und dolmetscht)
Channel4 (leise zu seinem Kollegen) Ah! He is in trouble! He is the secretary of the bid!
TITANIC Yes? Hallo?
Channel4 Why did you write the letter? Can you ask him, why did he write the letter.
TITANIC Ja, weil es für unser Land sehr wichtig ist, daß wir die WM 2006 hier nach Deutschland holen.
Channel4 It's important to have the World Cup 2006 in Germany?
TITANIC Exactly.
Channel4 (ungläubig) But obviously it could be interpreted as a form of corruption, as a form of bribery or inducement.
TITANIC Das kommt darauf an, was er verlangt für seine Stimme.
Channel4 It depends on what your demand would be for your vote? Are we talking about money? Was he offering money or was he offering other things?
TITANIC Das können Sie sich aussuchen, ob das jetzt ein Mercedes ist oder Geld.
Channel4 (ungläubig) It could be money or it could be other things?
TITANIC Yes.
Channel4 (glaubt sich einem Watergate auf der Spur) Did he receive any telephone calls from members of the FIFA executive comitee who received the letter?
TITANIC Ich bin nicht befugt, darüber Auskunft zu erteilen.
Channel4 He is not authorized to talk about that? Okay, so he admits sending up the letter, but he cannot tell me whether he had any response?
TITANIC Exactly.
Channel4 (wittert einen möglichen Pulitzerpreis) How many letters did he send to members of the FIFA executive comitee?
TITANIC Ich möchte mit Ihnen gerne über Ihr eigenes Fax sprechen und über Ihre Wünsche, aber nicht über die Faxe Ihrer Kollegen.
Channel4 But can he answer the question, this is a straight question, a simple question. How many faxes were sent to members of the FIFA executive comitee? I have been told about seven. (leise zur Seite) This is fucking unbelievable!
TITANIC Genug, um die Entscheidung herbeizuführen…
Channel4 (energisch) One final question. I want to know exactly, for whom Mr. Hansen works, does he work for the World Cup bid and if so, how long has he worked for the World Cup bid, the TDES Deutschland?
TITANIC Ich arbeite seit ca. zwei Monaten daran.
Channel4 In what specific aspect of the bid does he work?
TITANIC Ich kann Ihnen dazu nicht mehr sagen.
Channel4 One final question: Did Franz Beckenbauer or any other member of the German bid know about this letters? (überzeugt zur Seite) This is really fucking amazing!
TITANIC Darauf möchte ich in diesem Gespräch nicht eingehen, ich möchte noch einmal um absolute Vertraulichkeit bitten, und das werden wir natürlich öffentlich nicht weiter erörtern...
Channel4 (beiseite, jubelnd) It's got to be, it's got to be! (wieder laut in den Hörer, triumphierend) Ah! I am not a member of a FIFA bid. Ich arbeite für Kanal 4 Fernsehen in London. (triumphierend) Ich bin Journalist. Can you tell him? I am a journalist, (stolz) I work for Channel4 television news in London and (drohend) I have taken a note of the conversation that we have had. (beiseite, im Rausch) He didn't mean that he talks to a journalist. He thought I was a bid-member!
TITANIC (aufgeregt, schreiend) Um Gottes willen, ein Journalist, nein! Ein Journalist für Kanal 4 in England. Nein! Um Gottes willen...
Channel4 (zur Seite, lacht sich ins Fäustchen) He said: Gott im Himmel!
TITANIC (hysterisch) Ich beende sofort das Gespräch. Wir werden das niemals öffentlich zugeben!
Channel4 You terminate the conversation. (leicht hämisch) Thank you very much indeed.


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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ziemlich beunruhigt, Benjamin Jendro,

lässt uns Ihr vielzitiertes Statement zur Verhaftung des ehemaligen RAF-Mitglieds Daniela Klette zurück. Zu dem beeindruckenden Ermittlungserfolg erklärten Sie als Sprecher der Gewerkschaft der Polizei: »Dass sich die Gesuchte in Kreuzberg aufhielt, ist ein weiterer Beleg dafür, dass Berlin nach wie vor eine Hochburg für eine gut vernetzte, bundesweit und global agierende linksextreme Szene ist.«

Auch wir, Jendro, erkennen die Zeichen der Zeit. Spätestens seit die linken Schreihälse zu Hunderttausenden auf die Straße gehen, ist klar: Die bolschewistische Weltrevolution steht im Grunde kurz bevor. Umso wichtiger also, dass Ihre Kolleg/innen dagegenhalten und sich ihrerseits fleißig in Chatgruppen mit Gleichgesinnten vernetzen.

Bei diesem Gedanken schon zuversichtlicher: Titanic

 Apropos: ¡Hola bzw. holla, spanischer Priester!

Du hast Dir die Worte aus dem Matthäusevangelium »Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach« zu sehr zu Herzen genommen und in Deiner Gemeinde in der Kleinstadt Don Benito einen regen Handel mit Potenzmitteln betrieben. Für diesen nach weltlichem Ermessen offensichtlichen Sündenfall musst Du Dich nun vor einem irdischen Gericht verantworten.

Uns ist zwar nicht bekannt, ob Du Dich gegenüber Polizei und Justiz bereits bußfertig gegeben hast oder weiterhin auf das Beichtgeheimnis berufst. Angesichts der laut Zeugenaussagen freudigen Erregung Deiner überalterten Gemeindemitglieder beim Geläut der Glocken sowie ihres Durchhaltevermögens bei den nicht enden wollenden Eucharistiefeiern inklusive Rumgeorgel, Stoßgebeten und orgiastischer Gottesanrufungen sprechen alle Indizien aber ohnehin gegen Dich!

Bleibt auch ganz ohne künstliche Stimulanzien weiter standfest im Nichtglauben: Titanic

 Du, »Deutsche Welle«,

betiteltest einen Beitrag mit den Worten: »Europäer arbeiten immer weniger – muss das sein?« Nun, wir haben es uns wirklich nicht leicht gemacht, ewig und drei Tage überlegt, langjährige Vertraute um Rat gebeten und nach einem durchgearbeiteten Wochenende schließlich die einzig plausible Antwort gefunden. Sie lautet: ja.

Dass Du jetzt bitte nicht zu enttäuscht bist, hoffen die Workaholics auf

Deiner Titanic

 Gude, Fregatte »Hessen«!

Du verteidigst Deutschlands Demokratie zur Zeit im Roten Meer, indem Du Handelsrouten vor der Huthi-Miliz schützt. Und hast schon ganz heldenhaft zwei Huthi-Drohnen besiegt.

Allerdings hast Du auch aus Versehen auf eine US-Drohne geschossen, und nur einem technischen Fehler ist es zu verdanken, dass Du nicht getroffen hast. Vielleicht ein guter Grund für die USA, doch nicht auf der Erfüllung des Zwei-Prozent-Ziels zu beharren!

Doppelwumms von Titanic

 Sie, Victoria Beckham,

Sie, Victoria Beckham,

behaupteten in der Netflix-Doku »Beckham«, Sie seien »working class« aufgewachsen. Auf die Frage Ihres Ehemanns, mit welchem Auto Sie zur Schule gefahren worden seien, gaben Sie nach einigem Herumdrucksen zu, es habe sich um einen Rolls-Royce gehandelt. Nun verkaufen Sie T-Shirts mit dem Aufdruck »My Dad had a Rolls-Royce« für um die 130 Euro und werden für Ihre Selbstironie gelobt. Wir persönlich fänden es sogar noch mutiger und erfrischender, wenn Sie augenzwinkernd Shirts mit der Aufschrift »My Husband was the Ambassador for the World Cup in Qatar« anbieten würden, um den Kritiker/innen so richtig den Wind aus den Segeln zu nehmen.

In der Selbstkritik ausschließlich ironisch: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt
08.04.2024 Oldenburg, Theater Laboratorium Bernd Eilert mit Klaus Modick