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FDP (teilmöbliert) zu vermieten

Die FDP war noch nie für ihre Käuflichkeit bekannt (hihi). Doch bald könnte ihre Parteizentrale in den eBay-Kleinanzeigen landen. Laut Spiegel droht der parteieigenen Immobilienholding nämlich die feindliche Übernahme durch eine mitbeteiligte Adelsfamilie. TITANIC hat sich von deren Maklerin schon mal durch die FDP-Zentrale führen lassen. Lesen Sie das Besichtigungsprotokoll und mieten Sie mit!

Guten Tag! Heike Hahnsen von "Premium Immo Real Estate & Partner". Ich vertrete die Adelsfamilien van der Mieter und von Ungen. Wir haben telefoniert? 

Mustert uns kritisch.

Das hier ist ein Prestige-Anwesen in Eins-a-Lage, keine Wohn-, eine Leistungsgemeinschaft, nicht WG-, höchstens WGmbH-tauglich … Ihr wollt trotzdem rein? Gut, ist für mich zwar sicher reine Zeitverschwendung, aber dann rechne ich beim nächsten Kunden einfach eine zusätzliche Monatsmiete zur Provision dazu.

Eingangsbereich

Früher vermieteten die Freien Demokraten ja nicht ihre Immobilien, sondern ihre politischen Positionen. Daher findet sich im Eingangsbereich diese architektonische Finesse: eine eigene Lobbyisten-Lobby – geräumig, lichtdurchflutet und trickreicher konstruiert als eine gelungene Steuerflucht. Die hat alles, was das Geldgeberherz begehrt: direkter Durchgang zu diversen Hinterzimmern, separate Großspender-WCs und eine eigene Mövenpick-Eisdiele. 

Der Empfangstresen ist aus Mahagoni und wurde Mitte der 80er-Jahre von Otto Graf Lambsdorff eigenhändig von der Steuer abgeschrieben. 

Das Objekt ist teilmöbliert. Die liberalen Vormieter haben einige Möbel zurückgelassen, als sie zwangsgeräumt wurden. Teilweise echte Hingucker, etwa dieser bequeme Stuhl – der sogenannte "Hans-Dietrich Gen-Chair", ein Ohrensessel.

Besonders edel ist auch der Boden: massives Politparkett, gebohnert mit Haargel. Spitzenklasse!

Wir deuten fragend auf einen roten Fleck am Fußboden.

Das? Das wird Rotwein sein … Was? Blut? Nein, nein … Moment.

Wischt mit angefeuchtetem Finger über den Fleck und kostet.

Nein, das ist Rotwein. Ein …

Kostet nochmal.

… Amarone della Valpolicella Classico Riserva, Jahrgang 2007, südseitig, Weingut Giuseppe Quintarelli. Oder doch Blut, keine Ahnung. Der Boden wird ohnehin neu geschliffen. 

Plötzlich ertönt lautes Kratzen und Scharren. Es scheint aus der Wand zu kommen.

Mein Gott, das hätte ich mir denken können. Daher der Fleck! 

Wütend schlägt die Maklerin gegen die Wand. Dabei schreit sie laut.

Herr Kubicki! Herr Kubicki! Kommen Sie sofort raus! 

Ähm, ja … Das wollte ich sowieso noch erwähnen: Wolfgang Kubicki schläft nach durchzechten Wahlkampfnächten hier manchmal in den Zwischenwänden. Aber keine Sorge, man kann ihn mit einem zünftigen Herrenwitz, einer Talkshow-Einladung oder Bratensoße leicht wieder herauslocken. 

Kommt, wir gehen besser hoch in den letzten Stock zum Highlight des Objekts.

Christian Lindners Büro

Ihr seht: ein typisches Großkotz … Verzeihung: Großraumbüro. Nur in diesem Fall für einen allein. Wenn ihr den Bereich tatsächlich als Arbeitsraum nützen möchtet, müssten wir allerdings vorher den Jacuzzi, die Laufbänder, die Bulthaup-Küche, das Kino, die Golfanlage und den Helikopterlandeplatz rausreißen.

Wie? Ihr friert? Na, wenn ihr jetzt einen "das liegt an der sozialen Kälte der FDP"-Gag erwartet: Vergesst es! Wir sind nicht im Kabarett! Es ist bloß die Heizung ausgefallen. Als "Partei der Mitte" hatten die natürlich eine Zentralheizung. Die wurde übrigens mit der von Christian Lindner abgesonderten heißen Luft betrieben. Allerdings Energieeffizienzklasse F – wie in FDP, haha!

Folgt mir jetzt bitte über die Treppe nach draußen zu unserer letzten Station.

Garten zum Mitbenutzen

Diese große Fläche war früher eine herrliche Blumenwiese. Und wurde umgebaut zu einem Parkplatz ausschließlich für Porsches. Aber – Achtung: liberaler Klimaschutz – um gleichzeitig auf das Bienensterben zu reagieren, hat man ein Start-up angesiedelt, das an elektronischen Mini-Drohnen zur künstlichen Bestäubung forscht. 

Zeigt auf ein kleines Gebäude hinter der Parteizentrale.

Um die Gründer/innen anzulocken, errichtete man ein Start-up-Hotel. Das funktioniert im Prinzip wie ein Insektenhotel: Sie stellen einen Betonklotz im Industrial Style mit Panoramafenstern hin, warten und die Start-ups nisten sich ganz von selbst ein.

So, das war’s. 

Ich will ganz offen sein: Es gibt bereits mehrere Interessierte – vor allem die FDP, die mir ständig in den Ohren liegt: "Wir brauchen diese Immobilie! Wohnen ist schließlich ein menschliches Grundbedürfnis!". Ich beruhige immer: "Legt euer Schicksal einfach in die unsichtbaren Hände des freien Immobilienmarktes. Dann wird sicher alles gut!"

Was ich damit sagen will: Wenn ihr die Bude wollt, seid schnell, unerbittlich und ja, auch gern korrupt. Das ist meine Karte – samt Bankverbindung.

Und jetzt entschuldigt mich, ich muss zum nächsten Termin. Der linke Flügel im Willy-Brandt-Haus steht leer. Da soll ein Subway rein.

Jürgen Miedl

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Genau so war es, lieber »Tagesspiegel«!

»Die Trauer um die Mauertoten erinnert uns daran, was es bedeutet, Hoffnung, Mut und letztlich das eigene Leben für ein Leben in Freiheit zu opfern«, mahnst Du am Jahrestag des Mauerbaus. Ja, wer kennt sie nicht, die ganzen Menschen, die die Hoffnung auf ein besseres Leben und den Mut, ihr Leben zu riskieren, längst aufgegeben haben, um dann an der Mauer zu sterben, wiederaufzuerstehen und ein gutes Leben im freien Westen zu führen? Mögen sie und Deine Formulierungsgabe in Frieden ruhen, Tagesspiegel!

Herzliches Beileid schickt Titanic

 Hoffentlich klappt’s, Künstlerin Marina Abramović (77)!

Sie wollen gern mindestens 103 Jahre alt werden. Alt zu sein sei in der Kultur des Balkans, im Gegensatz zu der Nordamerikas, etwas Großartiges. Sie seien »neugierig wie eine Fünfjährige« und wollen noch schwarze Löcher und Außerirdische sehen.

Wir wollen auch, dass Sie Außerirdische sehen bzw. dass die Außerirdischen Sie sehen, Abramović. Wenn Sie die Extraterrestrischen, die, wie wir aus diversen Blockbuster-Filmen wissen, nichts Gutes im Schilde führen, mit einer Ihrer verstörenden Performances voll Nacktheit, Grenzüberschreitung und Selbstgefährdung begrüßen, wenden sie sich vielleicht doch von uns ab.

Kommt stets in Frieden: Titanic

 Hello, tagesschau.de!

All Deinen Leser/innen, die von Tim Walz, der für die US-Demokraten als Vizekandidat in den Wahlkampf ziehen soll, bisher noch nicht allzu viel gehört hatten, wusstest Du doch immerhin zu berichten, er sei ein ehemaliger »Lehrer und gilt als einer, der die einfache Sprache der Menschen spricht«. Und nichts für ungut, tagesschau.de, aber dass ein Kandidat im US-Wahlkampf, ein einstiger Lehrer zudem, Englisch spricht, das haben selbst wir uns schon beinahe gedacht.

Deine einfachen Menschen von Titanic

 Drama, Reinhold Messner!

»Ich stand am Abgrund«, beklagten Sie sich in einem Interview mit der Apotheken-Umschau über den anhaltenden Erbschaftsstreit in Ihrer Familie. Nachdem Sie den vier Kindern bereits vor Ihrem Tod testamentarisch einen Großteil des Messner’schen Vermögens überlassen hätten, sei es nur noch darum gegangen, wer mehr bekommen habe, und daran sei Ihre Familie letztlich zerbrochen. Ach, kommen Sie, Messner! Dass Sie den Mitgliedern Ihres Clans je nach Grad der väterlichen Zuneigung tatsächlich unterschiedlich große Geldbündel zugeworfen und dann dabei zugesehen haben, wie sich Ihr Nachwuchs um die Differenz kloppt, war für Sie alten Adrenalinjunkie doch bestimmt ähnlich vergnüglich wie eine Achttausenderbesteigung!

Sieht das sogar vom Fuße des Bergs der Erkenntnis aus: Titanic

 Dass Du das »Du«, Steffen Freund,

so bescheuert verwendest, werden wir von Deiner Zeit als Fußball-Co-Kommentator bei RTL in unangenehmer Erinnerung behalten.

»Das muss anders gespielt werden! Du musst den Spieler in die Zone bringen.« – »Das zeichnet eine gute Mannschaft eben aus – dann lässt du dich besser fallen.« – »Gegen den Ball ist da kein Abnehmer, und das spürst du natürlich auch.« – »… und dann bist du in einer Situation, wo es gelb bis rot wird.« – »Dann hast du noch drei zentrale Mittelfeldspieler, das reicht dann mal nicht.« – »Du brauchst jetzt zwei Spieler, die noch frisch sind.« – »Es ist ein K.-o.-Spiel! Du hast nur noch 20 Minuten!« – »Einfach mal durchstecken! Jetzt kannst du eins gegen eins gehen!«

Eben nicht. Weil wenn’s ganz unerträglich wird, kannst Du natürlich den Ton abschalten.

Brauchst Du aber nicht mehr. Jetzt ist es ja vorbei. Und Du liest wieder Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Fachmann fürs Leben

Im Gegensatz zur Schule hat man im Zivildienst viele nützliche Dinge gelernt. Zum Beispiel, dass man die Körper von Menschen, die sich selbst nicht mehr bewegen können, regelmäßig umlagert, damit keine Seite wund wird. Um anhaltenden Druck auf die Haut zu minimieren, wende ich auch heute noch die Pfirsiche in der Obstschale alle paar Stunden.

Friedrich Krautzberger

 SB-Kassen

Zu den Seligen, die an Selbstbedienungskassen den Laden kaltblütig übervorteilen, gehöre ich nicht. Im Gegenteil, obwohl ich penibel alle Artikel scanne und bezahle, passiere ich die Diebstahlsicherungsanlage am Ausgang immer in der angespannten Erwartung, dass sie Alarm schlagen könnte. Neulich im Discounter kam beim Griff zu einer Eierschachtel eine neue Ungewissheit hinzu: Muss ich die Schachtel vor dem Scannen wie eine professionelle Kassierkraft öffnen, um zu kucken, ob beim Eierkauf alles mit rechten Dingen zugeht?

Andreas Maria Lugauer

 Hybris 101

Facebook und Instagram, die bekanntesten Ausgeburten des Konzerns Meta, speisen seit kurzem auch private Daten ihrer Nutzer in die Meta-eigene KI ein. Erst wollte ich in den Einstellungen widersprechen, aber dann dachte ich: Ein bisschen Ich täte der KI schon ganz gut.

Karl Franz

 Ach, übrigens,

der Typ, mit dem ich in jedem Gespräch alle drei Minuten für mindestens fünf Minuten zu einem Nebenthema abschweife: Ich glaube, wir sind jetzt exkursiv miteinander.

Loreen Bauer

 Aus einer Todesanzeige

»Wer sie kannte, weiß was wir verloren haben.« Die Kommasetzung bei Relativsätzen.

Frank Jakubzik

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 29.08.:

    Die FR erwähnt den "Björnout"-Startcartoon vom 28.08.

  • 27.08.: Bernd Eilert schreibt in der FAZ über den französischen Maler Marcel Bascoulard.
  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

  • 29.01.:

    Ein Nachruf auf Anna Poth von Christian Y. Schmidt im ND.

  • 13.04.:

    HR2 Kultur über eine TITANIC-Lesung mit Katinka Buddenkotte im Club Voltaire.

Titanic unterwegs
13.09.2024 Stade, Schwedenspeicher Ella Carina Werner
14.09.2024 Frankfurt, Museum für Komische Kunst Bernd Pfarr: »Knochenzart«
16.09.2024 Wiedensahl, Wilhelm-Busch-Geburtshaus Hilke Raddatz mit Tillmann Prüfer
17.09.2024 Stadthagen, Wilhelm-Busch-Gymnasium Wilhelm-Busch-Preis Hilke Raddatz mit Bernd Eilert