Humorkritik | November 2018

November 2018

Lachen ist auch so eine Kraft der Schwachen!
Bertolt Brecht

Im Bett mit Ludwig

Früher aber, als es noch keine Podcasts und keine Hörbücher gab, behalf man sich beim Zubettgehen und Zubettgebrachtwerden mit anderen Ritualen, und manche davon verlangten den Anwesenden Humor ab.

Eine Gräfin Boigne berichtet über das »Coucher« Ludwigs XVI.: »Man zog dem König seinen Rock aus, seine Weste und endlich sein Hemd. Er war nackt bis zum Gürtel, kratzte sich und rieb sich, als wäre er allein, angesichts des ganzen Hofes und oft vieler vornehmer Fremder. Der erste Kammerdiener übergab das neue Nachthemd der im Rang höchststehenden Person, den Prinzen vom Geblüt, falls welche zugegen waren. Es war dies ein Recht und nicht eine Gunst. War es eine Person, mit der er vertraulich umging, machte der König oft Späße, wenn er das Hemd anlegte. Er wich aus, sprang zur Seite, ließ sich einholen, und zu diesem reizenden Possenspiel lachte er schallend. Die ihm ehrlich zugetan waren, litten unter diesem Gelächter. Wenn er das Hemd anhatte, zog er seinen Schlafrock an. Drei Kammerdiener knöpften zugleich den Gürtel und die Kniestücke der Hose auf, sie rutschte ihm bis auf die Füße. Und in diesem Kostüm ging er nun, mit schleppenden Füßen, da er mit so lächerlichen Hindernissen keine Schritte machen konnte, im Kreis die Hofgesellschaft ab.«

Eine ähnliche Prozedur, allerdings Ludwigs Vorfahren Ludwig XIV. betreffend, war mir bereits aus Norbert Elias’ Klassiker »Die höfische Gesellschaft« bekannt; derart hübsch geschildert fand ich die Szene allerdings erst in der Anthologie »Lob des Bettes« (rororo), welche der so wunderliche wie wunderbare und deshalb von mir gelegentlich in Erinnerung gebrachte (siehe z.B. TITANIC 11/2004) Kurt Kusenberg 1956 zusammengestellt hat; ein Büchlein, das ich hiermit nicht nur von seniler oder sonstiger Bettflucht Geplagten ans Herz lege, sondern allen, die sich mit kurzweiliger Lektüre die kommenden langen Winternächte vertreiben wollen. Sind die doch bekanntlich nicht allein zum Schlafen da.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ach, Scheuer-Andi,

wie der Spiegel meldet, wird niemand für Sie in den Bundestag nachrücken. Da scheinen die Fußstapfen wohl einfach zu groß zu sein.

Die Besten gehen immer zu früh …

Weiß Titanic

 Du, »Hörzu Wissen«,

weißt, wie Werbung geht! Mit »Die Sucht zu töten« machtest Du so richtig Lust auf Deine aktuelle Ausgabe, um erläuternd nachzulegen: »Bestialisch, sadistisch, rätselhaft: Was Menschen zu mordenden Monstern macht – acht Täter und die Geschichten ihrer grausamen Verbrechen.«

Wer kann sich da der Faszination der »dunklen Welt der Serienkiller« noch entziehen? Aber am Ende, liebe Hörzu Wissen, ist in diesem Zusammenhang doch die Implikation Deines Slogans »Hörzu Wissen – das Magazin, das schlauer macht!« das Allergruseligste!

Da erschauert sogar

Die True-Crime-resistente Redaktion der Titanic

 Recht haben Sie, Uli Wickert (81)!

Recht haben Sie, Uli Wickert (81)!

Die Frage, weshalb Joe Biden in seinem hohen Alter noch mal für das Präsidentenamt kandidiert, anstatt sich zur Ruhe zu setzen, kommentieren Sie so: »Warum muss man eigentlich loslassen? Wenn man etwas gerne macht, wenn man für etwas lebt, dann macht man halt weiter, soweit man kann. Ich schreibe meine Bücher, weil es mir Spaß macht und weil ich nicht Golf spielen kann. Und irgendwie muss ich mich ja beschäftigen.«

Daran haben wir, Wickert, natürlich nicht gedacht, dass der sogenannte mächtigste Mann der Welt womöglich einfach keine Lust hat, aufzuhören, auch wenn er vielleicht nicht mehr ganz auf der Höhe ist. Dass ihn das Regieren schlicht bockt und ihm obendrein ein Hobby fehlt. Ja, warum sollte man einem alten Mann diese kleine Freude nehmen wollen!

Greifen Sie hin und wieder doch lieber zum Golfschläger statt zum Mikrofon, rät Titanic

 Eher unglaubwürdig, »dpa«,

erschien uns zunächst Deine Meldung, Volker Wissing habe nach dem tödlichen Busunglück auf der A9 bei Leipzig »den Opfern und Hinterbliebenen sein Beileid ausgesprochen«. Andererseits: Wer könnte die Verstorbenen auf ihrem Weg ins Jenseits noch erreichen, wenn nicht der Bundesverkehrsminister?

Tippt aufs Flugtaxi: Titanic

 Ganz schön kontrovers, James Smith,

was Du als Mitglied der britischen Band Yard Act da im Interview mit laut.de vom Stapel gelassen hast. Das zu Werbezwecken geteilte Zitat »Ich feiere nicht jedes Cure-Album« hat uns jedenfalls so aufgewühlt, dass wir gar nicht erst weitergelesen haben.

Wir mögen uns nicht ausmalen, zu was für heftigen Aussagen Du Dich noch hast hinreißen lassen!

Findet, dass Provokation auch ihre Grenzen haben muss: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 In Würde altern

Früher hätte mich der riesige Pickel mitten auf meinem Hals stark gestört. Heute trage ich den wohl niedlichsten ausgeprägten Adamsapfel, den die Welt je gesehen hat, mit großem Stolz ein paar Tage vor mir her.

Ronnie Zumbühl

 Empfehlung für die Generation Burnout

Als eine günstige Methode für Stressabbau kann der Erwerb einer Katzentoilette – auch ohne zugehöriges Tier – mit Streu und Siebschaufel den Betroffenen Abhilfe verschaffen: Durch tägliches Kämmen der Streu beginnt nach wenigen Tagen der entspannende Eintritt des Kat-Zengarteneffekts.

Paulaner

 Spielregeln

Am Ende einer Mensch-ärgere-dich-nicht-Partie fragt der demente Herr, ob er erst eine Sechs würfeln muss, wenn er zum Klo will.

Miriam Wurster

 Altersspezifisch

Ich gehöre noch zu einer Generation, deren Sätze zu häufig mit »Ich gehöre noch zu einer Generation« anfangen.

Andreas Maier

 Vom Feeling her

Es hat keinen Sinn, vor seinen Gefühlen wegzulaufen. Man muss sich schon auch mal hinter einem Baum verstecken und warten, dass die das nicht merken und an einem vorbeiziehen, sonst bringt das ja alles nichts.

Loreen Bauer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg