Humorkritik | Mai 2018

Mai 2018

Die mit Abstand lustigste Zahl ist 123.
Prof. Dr. Christian Hesse, Ph. D.

Einfach bärbelhaft

Der Krimi »Frauen, die Bärbel heißen« (Scherz-Verlag), mit dem die »Mord mit Aussicht«-Erfinderin Marie Reiners als Romanautorin debütiert, tickt anders als ihre damalige Fernsehserie. Wurden darin die Figuren noch mit humorvoller Zuneigung geschildert, so herrscht im Roman die humorvolle Abneigung – und dennoch funktioniert die Sache: Allen voran wächst einem die titelgebende Bärbel ans Herz, eine ungesellige, weltfremde, altmodische und übellaunige Mittfünfzigerin, die im Keller ihres Hauses Tiere ausstopft, wenn sie nicht Shopping-TV guckt. Von Freundschaft versteht sie nichts – »Ich war schließlich noch nie mit jemandem befreundet gewesen« –, und daß sie bei einem Waldspaziergang eine Leiche entdeckt, ist ihr wegen der lästigen Ermittlungen nur eine Störung des Alltags, was sie die Polizei spüren läßt: »Es war klar, daß der Kommissar mich unsympathisch fand. Damit war er in guter Gesellschaft, das war ich gewohnt.« Und zwar gewohnt seit Anbeginn ihres Lebens: »Meine Eltern behandelten mich wie einen eigentlich unerwünschten Besuch, dem man aber aus Höflichkeit nicht sagt, daß er besser wieder gehen sollte.«

Besonderes Kunststück: Während die Fernsehserie ihr Publikum nur für fünfundzwanzig Minuten bei der Stange halten mußte, schafft es das Buch über 350 Seiten – zum einen durch die romantypisch mehr Platz einnehmende »lawinös-desaströse Entwicklung«, die der von Kapitel zu Kapitel verrücktere Kriminalfall nimmt; zum anderen, weil der auch diesmal nur der Katalysator ist, um außer der eigenbrötelnden Hauptdarstellerin weitere eigenwillige Charaktere zur Entfaltung zu bringen.

Der Geist, der dieses Buch durchsäuert, ist jedenfalls ein hübsch misanthropischer. Empathielosigkeit und Argwohn gegen jede Gemeinschaft zeichnen die bärbelhafte Einzelgängerin aus, die nicht weiß, wie ihr geschieht, als sie zum ersten Mal in ihrem Leben ein herzliches Wort des Dankes bekommt: »Als nächstes glitt etwas über meine Wange, es war eine gleichermaßen oberflächliche wie intime Berührung, so als würden die flaumigen Flügel einer Mehlmotte mein Gesicht entlangflattern, sanft, ganz sanft. Dann hing etwas an meinem Kinn« – was ist es? Eine Träne.

So feucht kann trockener Humor sein!

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Könnte es sein, »ARD-Deutschlandtrend«,

dass Dein Umfrageergebnis »Mehrheit sieht den Frieden in Europa bedroht« damit zusammenhängt, dass seit über zwei Jahren ein Krieg in Europa stattfindet?

Nur so eine Vermutung von Titanic

 Ach, Scheuer-Andi,

wie der Spiegel meldet, wird niemand für Sie in den Bundestag nachrücken. Da scheinen die Fußstapfen wohl einfach zu groß zu sein.

Die Besten gehen immer zu früh …

Weiß Titanic

 Hoppla, Berliner Gefängnischefs!

Drei von Euch haben laut Tagesspiegel wegen eines Fehlers der schwarz-roten Regierungskoalition statt einer Gehaltserhöhung weniger Geld bekommen. Aber der Ausbruch von Geldnöten soll durch einen Nachtragshaushalt verhindert werden. Da ja die Freundschaft bekanntlich beim Geld endet: Habt Ihr drei beim Blick auf Eure Kontoauszüge mal kurz über eine Ersatzfreiheitsstrafe für die nachgedacht, die das verbrochen haben?

Wollte diese Idee nur mal in den Raum stellen: Titanic

 Clever, »Brigitte«!

Du lockst mit der Überschrift »Fünf typische Probleme intelligenter Menschen«, und wir sind blöd genug, um draufzuklicken. Wir lernen, dass klug ist: wer mehr denkt, als er spricht, wer sich ungeschickt im Smalltalk anstellt, wer sich im Job schnell langweilt, wer sich mit Entscheidungen schwertut, wer bei Streit den Kürzeren zieht und wer ständig von Selbstzweifeln geplagt wird.

Frustriert stellen wir fest, dass eigentlich nichts von alledem auf uns zutrifft. Und als die Schwachköpfe, die wir nun einmal sind, trauen wir uns fast gar nicht, Dich, liebe Brigitte, zu fragen: Waren das jetzt nicht insgesamt sechs Probleme?

Ungezählte Grüße von Deiner Titanic

 Warum, Internet?

Täglich ermöglichst Du Meldungen wie diese: »›Problematisch‹: Autofahrern droht Spritpreis-Hammer – ADAC beobachtet Teuer-Trend« (infranken.de).

Warum greifst Du da nicht ein? Du kennst doch jene Unsichtbar-Hand, die alles zum Kapitalismus-Besten regelt? Du weißt doch selbst davon zu berichten, dass Millionen Auto-Süchtige mit Dauer-Brummbrumm in ihren Monster-Karren Städte und Länder terrorisieren und zum Klima-Garaus beitragen? Und eine Lobby-Organisation für Immer-Mehr-Verbrauch Höher-Preise erst verursacht?

Wo genau ist eigentlich das Verständlich-Problem?

Rätselt Deine alte Skeptisch-Tante Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 In Würde altern

Früher hätte mich der riesige Pickel mitten auf meinem Hals stark gestört. Heute trage ich den wohl niedlichsten ausgeprägten Adamsapfel, den die Welt je gesehen hat, mit großem Stolz ein paar Tage vor mir her.

Ronnie Zumbühl

 Gebt ihnen einen Lebenszyklus!

Künstliche Pflanzen täuschen mir immer gekonnter Natürlichkeit vor. Was ihnen da aber noch fehlt, ist die Fähigkeit zu verwelken. Mein Vorschlag: Plastikpflanzen in verschiedenen Welkstadien, damit man sich das Naserümpfen der Gäste erspart und weiterhin nur dafür belächelt wird, dass man alle seine Zöglinge sterben lässt.

Michael Höfler

 Die wahre Strafe

Verhaftet zu werden und in der Folge einen Telefonanruf tätigen zu müssen.

Fabio Kühnemuth

 Spielregeln

Am Ende einer Mensch-ärgere-dich-nicht-Partie fragt der demente Herr, ob er erst eine Sechs würfeln muss, wenn er zum Klo will.

Miriam Wurster

 Tödliche Pilzgerichte (1/1)

Gefühlte Champignons.

Lukas Haberland

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
03.05.2024 Mettingen, Schultenhof Thomas Gsella
03.05.2024 Stuttgart, Im Wizemann Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
04.05.2024 Gütersloh, Die Weberei Thomas Gsella
04.05.2024 Jena, F-Haus Martin Sonneborn mit Sibylle Berg