Humorkritik | Oktober 2016

Oktober 2016

»Nicht lachen dürfen heißt eine Sache nicht ernst nehmen müssen. Nur wenn auch Lachen erlaubt ist, kann man gerecht sein.«
Hermann Kant

Kirchenhopping

Gideon Böss, Blogger/Kolumnist/Romanschreiber (»Die Nachhaltigen«, 2014) in Berlin, ist einmal quer durch Deutschland gereist, um Niederlassungen und Vertreter aller mehr oder weniger bekannten Religionsgemeinschaften zu besuchen. Ein so löbliches wie lehrreiches Unterfangen: Wußten Sie etwa, daß es hierzulande ganze zwei Personen gibt, die eine Halbtagsstelle von den Quäkern bezahlt bekommen? Daß die Stadt Nürnberg gelegentlich zum Schauplatz mandäischer Massenvermählungen wird? Was die Heilsarmee den lieben langen Tag so treibt? Und daß die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters wirklich so quälend witzlos ist, wie man es seit je befürchtet hat? Steht alles in »Deutschland, deine Götter. Eine Reise zu Kirchen, Tempeln, Hexenhäusern« (Tropen).

Schön wird es immer dann, wenn der Autor auf seinen 26 Stationen das Aufeinanderprallen von Gläubigen und Anders- oder Nichtkonfessionellen beschreibt: Wenn beispielsweise eine Gruppe pensionierter Lehrer von einer Ditib-Mitarbeiterin durch die berüchtigte Ehrenfelder Zentralmoschee geführt wird und sich in Fachsimpeleien über Taubenbefall verliert oder wenn ein Publikum, das man eher auf einem Andrea-Berg-Konzert vermuten würde, bei einer »Supernatural Heilungskonferenz« dem Wunderwirken Charismatischer Christen ausgesetzt ist. Etwas fad wird es, wenn Böss ins direkte Gespräch mit den Gottesleuten tritt, denn diese lassen sich durch die milden Provokationen erwartbar selten aus der Reserve locken, zumal man die meisten Antworten, etwa auf Fragen zur Homosexualität, eh erahnen kann.

Um das Ende des Buches vorwegzunehmen: Seelenheil findet Böss bei keinem der vorgestellten Anbieter. Und auch ich wüßte nicht, ob ich mich für den Raelismus, die Piusbruderschaft oder die Metropolitan Community Church entscheiden würde, zwänge man mich zu wählen. Aber daß die hiesige Auswahl so groß und schillernd ist, war mir dann doch ein kleines Erweckungserlebnis.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Wir wollten, »SZ«,

nur mal schnell Deine Frage »Gedenkbäume absägen. Hinweistafeln mit Hakenkreuzen beschmieren. Wer macht sowas?« beantworten: Nazis.

Für mehr investigative Recherchen wende Dich immer gerne an Titanic

 Eher unglaubwürdig, »dpa«,

erschien uns zunächst Deine Meldung, Volker Wissing habe nach dem tödlichen Busunglück auf der A9 bei Leipzig »den Opfern und Hinterbliebenen sein Beileid ausgesprochen«. Andererseits: Wer könnte die Verstorbenen auf ihrem Weg ins Jenseits noch erreichen, wenn nicht der Bundesverkehrsminister?

Tippt aufs Flugtaxi: Titanic

 Könnte es sein, »ARD-Deutschlandtrend«,

dass Dein Umfrageergebnis »Mehrheit sieht den Frieden in Europa bedroht« damit zusammenhängt, dass seit über zwei Jahren ein Krieg in Europa stattfindet?

Nur so eine Vermutung von Titanic

 Ganz schön kontrovers, James Smith,

was Du als Mitglied der britischen Band Yard Act da im Interview mit laut.de vom Stapel gelassen hast. Das zu Werbezwecken geteilte Zitat »Ich feiere nicht jedes Cure-Album« hat uns jedenfalls so aufgewühlt, dass wir gar nicht erst weitergelesen haben.

Wir mögen uns nicht ausmalen, zu was für heftigen Aussagen Du Dich noch hast hinreißen lassen!

Findet, dass Provokation auch ihre Grenzen haben muss: Titanic

 Aha bzw. aua, Voltaren!

Das wussten wir gar nicht, was da in Deiner Anzeige steht: »Ein Lächeln ist oft eine Maske, die 1 von 3 Personen aufsetzt, um Schmerzen zu verbergen. Lass uns helfen. Voltaren.«

Mal von der Frage abgesehen, wie Du auf die 1 von 3 Personen kommst, ist es natürlich toll, dass Du offenbar eine Salbe entwickelt hast, die das Lächeln verschwinden lässt und den Schmerz zum Vorschein bringt!

Gratuliert salbungsvoll: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 In Würde altern

Früher hätte mich der riesige Pickel mitten auf meinem Hals stark gestört. Heute trage ich den wohl niedlichsten ausgeprägten Adamsapfel, den die Welt je gesehen hat, mit großem Stolz ein paar Tage vor mir her.

Ronnie Zumbühl

 Mitgehört im Zug

»Prostitution ist das älteste Gewerbe der Welt!« – »Ja, aber das muss es ja nicht bleiben.«

Karl Franz

 Tödliche Pilzgerichte (1/1)

Gefühlte Champignons.

Lukas Haberland

 Dual Use

Seit ich meine In-Ear-Kopfhörer zugleich zum Musikhören und als Wattestäbchen verwende, stört es mich gar nicht mehr, wenn beim Herausnehmen der Ohrstöpsel in der Bahn getrocknete Schmalzbröckelchen rauspurzeln.

Ingo Krämer

 Im Institut für Virologie

Jeder Gang macht krank.

Daniel Sibbe

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
04.05.2024 Gütersloh, Die Weberei Thomas Gsella
04.05.2024 Jena, F-Haus Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
05.05.2024 Bonn, Rheinbühne Thomas Gsella
05.05.2024 Magdeburg, Factory Martin Sonneborn mit Sibylle Berg