Humorkritik | August 2015

August 2015

»Der Scherz ist unerschöpflich, nicht der Ernst.«
Jean Paul

Kleines Kino

»Kartoffelsalat« ist ein Film, der nicht für mich gemacht wurde. Verantwortlich ist in erster Linie ein Mann, der durch Youtube unter dem Namen Freshtorge bekannt geworden ist. Er sieht aus wie der junge Otto Waalkes (plus 20 cm), er agiert und prononciert auch ähnlich. Außer Torge gibt es auf 80 Minuten verteilt noch ungefähr zwei Dutzend sehr unterschiedlich begabter Youtuber zu sehen, dazu kommen ein paar bekannte Komiker und eher unbekannte Schauspieler. Zitiert und parodiert werden zwei Filmgenres: Schülerklamotte und Zombietrash.

Es ließe sich allerhand Kritisches zu diesem Erstling sagen. Da ich jedoch annehme, daß meine seriösen Kollegen das erledigen, möchte ich auf eine Stärke hinweisen: »Kartoffelsalat« erinnert mich an Filme, wie sie das Trio Zucker/Abrahams/Zucker in den 70er und 80er Jahren gemacht hat – besser: gemacht hätten, wenn ihnen vor dem ersten Drehtag das Geld ausgegangen wäre. Das heißt: Die optischen Kalauer und selbstreferentiellen Brechungen wirken hier zwar vergleichsweise billig, doch noch lang nicht so ärmlich wie das Budget, das Torge und seinen Freunden zur Verfügung stand. Für das bißchen Geld würde heute kaum ein Sender »Das Wort zum Sonntag« produzieren.

Daß »Kartoffelsalat« über weite Strecken wie ein amtlicher Spielfilm aussieht, daß er in einer ehrenwerten Tradition steht und mich in seinen besten Momenten zum Lachen gebracht hat – dann etwa, wenn das Auge, das jemand auf ein Mädchen geworfen hat, von der Angebeteten ein paar Minuten später kalt lächelnd zurückgegeben wird, oder wenn sich die Helden vor den Zombies in höchster Not und zu klagender Geigenmusik auf die Schülertoiletten geflüchtet haben, auf deren letzter Schüssel der Violinist selbst hockt –, all das rechne ich seinen Machern hoch an. Wie hoch? Nun, dafür müßte ich mir den Film noch einmal auf der großen Leinwand anschauen. Denn bisher hatte ich privilegierter Mann bloß Zugang zu einer vorläufigen Fassung, die noch in der Tonmischung war.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ein Vorschlag, Clemens Tönnies …

Ein Vorschlag, Clemens Tönnies …

Während Ihrer Zeit im Aufsichtsrat bei Schalke 04 sollen Sie in der Halbzeitpause einmal wutentbrannt in die Kabine gestürmt sein und als Kommentar zur miserablen Mannschaftsleistung ein Trikot zerrissen haben. Dabei hätten Sie das Trikot viel eindrücklicher schänden können, als es bloß zu zerfetzen, Tönnies!

Sie hätten es, wie Sie es aus Ihrem Job kennen, pökeln, durch den verschmutzten Fleischwolf drehen und schließlich von unterbezahlten Hilfskräften in minderwertige Kunstdärme pressen lassen können.

Aber hinterher ist man immer schlauer, gell?

Dreht Sie gern durch den Satirewolf: Titanic

 Kurze Anmerkung, Benedikt Becker (»Stern«)!

»Wer trägt heute noch gerne Krawatte?« fragten Sie rhetorisch und machten den Rollkragenpullover als neues It-Piece der Liberalen aus, v. a. von Justizminister Marco Buschmann und Finanzminister Christian Lindner, »Was daran liegen mag, dass der Hals auf die Ampelkoalition besonders dick ist. Da hilft so eine Halsbedeckung natürlich, den ganzen Frust zu verbergen.«

Schon. Aber wäre es angesichts des Ärgers der beiden Freien Demokraten über SPD und Grüne nicht passender, wenn sie mal wieder so eine Krawatte hätten?

Ebenso stilistisch versiert wie stets aus der Mode: Titanic

 Aha bzw. aua, Voltaren!

Das wussten wir gar nicht, was da in Deiner Anzeige steht: »Ein Lächeln ist oft eine Maske, die 1 von 3 Personen aufsetzt, um Schmerzen zu verbergen. Lass uns helfen. Voltaren.«

Mal von der Frage abgesehen, wie Du auf die 1 von 3 Personen kommst, ist es natürlich toll, dass Du offenbar eine Salbe entwickelt hast, die das Lächeln verschwinden lässt und den Schmerz zum Vorschein bringt!

Gratuliert salbungsvoll: Titanic

 Recht haben Sie, Uli Wickert (81)!

Recht haben Sie, Uli Wickert (81)!

Die Frage, weshalb Joe Biden in seinem hohen Alter noch mal für das Präsidentenamt kandidiert, anstatt sich zur Ruhe zu setzen, kommentieren Sie so: »Warum muss man eigentlich loslassen? Wenn man etwas gerne macht, wenn man für etwas lebt, dann macht man halt weiter, soweit man kann. Ich schreibe meine Bücher, weil es mir Spaß macht und weil ich nicht Golf spielen kann. Und irgendwie muss ich mich ja beschäftigen.«

Daran haben wir, Wickert, natürlich nicht gedacht, dass der sogenannte mächtigste Mann der Welt womöglich einfach keine Lust hat, aufzuhören, auch wenn er vielleicht nicht mehr ganz auf der Höhe ist. Dass ihn das Regieren schlicht bockt und ihm obendrein ein Hobby fehlt. Ja, warum sollte man einem alten Mann diese kleine Freude nehmen wollen!

Greifen Sie hin und wieder doch lieber zum Golfschläger statt zum Mikrofon, rät Titanic

 Clever, »Brigitte«!

Du lockst mit der Überschrift »Fünf typische Probleme intelligenter Menschen«, und wir sind blöd genug, um draufzuklicken. Wir lernen, dass klug ist: wer mehr denkt, als er spricht, wer sich ungeschickt im Smalltalk anstellt, wer sich im Job schnell langweilt, wer sich mit Entscheidungen schwertut, wer bei Streit den Kürzeren zieht und wer ständig von Selbstzweifeln geplagt wird.

Frustriert stellen wir fest, dass eigentlich nichts von alledem auf uns zutrifft. Und als die Schwachköpfe, die wir nun einmal sind, trauen wir uns fast gar nicht, Dich, liebe Brigitte, zu fragen: Waren das jetzt nicht insgesamt sechs Probleme?

Ungezählte Grüße von Deiner Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Mitgehört im Zug

»Prostitution ist das älteste Gewerbe der Welt!« – »Ja, aber das muss es ja nicht bleiben.«

Karl Franz

 Frage an die Brutschmarotzer-Ornithologie

Gibt es Kuckucke, die derart hinterhältig sind, dass sie ihre Eier anderen Kuckucken unterjubeln, damit die dann fremde Eier in fremde Nester legen?

Jürgen Miedl

 Im Institut für Virologie

Jeder Gang macht krank.

Daniel Sibbe

 Gute Nachricht:

Letzte Woche in der Therapie einen riesigen Durchbruch gehabt. Schlechte Nachricht: Blinddarm.

Laura Brinkmann

 Vom Feeling her

Es hat keinen Sinn, vor seinen Gefühlen wegzulaufen. Man muss sich schon auch mal hinter einem Baum verstecken und warten, dass die das nicht merken und an einem vorbeiziehen, sonst bringt das ja alles nichts.

Loreen Bauer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
05.05.2024 Bonn, Rheinbühne Thomas Gsella
05.05.2024 Magdeburg, Factory Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
06.05.2024 Hannover, Pavillon Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
06.05.2024 Hamburg, Centralkomitee Ella Carina Werner