Humorkritik | August 2015
August 2015
»Der Scherz ist unerschöpflich, nicht der Ernst.«
Jean Paul
Geist und Show
»Es tut mir leid, ich hab nichts für Sie, keine Witze, keine lustigen Geräusche. Wegen dem, was in South Carolina passiert ist … Ehrlich, ich hab nichts, außer Kummer, wieder mal, daß wir in diesen Abgrund von kaputter Gewalt schauen müssen, die wir uns gegenseitig antun, mitten hinein in eine klaffende rassistische Wunde, die nicht heilen will, von der wir aber so tun, als existiere sie nicht … Wir sind durchdrungen von dieser Kultur (des Rassismus) in diesem Land, und wir weigern uns, das zur Kenntnis zu nehmen … In South Carolina sind die Straßen, auf denen Schwarze fahren, nach konföderierten Generälen benannt, die dafür gekämpft haben zu verhindern, daß Schwarze frei auf diesen Straßen fahren dürfen. Das ist Wahnsinn. Das ist der Alltag. Das darf man nicht zulassen.«
Abgesehen davon, daß der rassistische Anschlag in einer Kirche in Charleston natürlich zu gar nichts gut war, war er doch für diesen pressewirksam gewordenen Eröffnungsmonolog Jon Stewarts gut, des Hosts der von mir vielgepriesenen »Daily Show«, sowie dafür, meine ewig stillen Vorbehalte gegen die deutsche Version namens »Heute-Show« auf den Begriff zu bringen. Stewarts rührende Rat- und Hilflosigkeit, sein ehrlicher Ekel, das Leiden an einer Wirklichkeit, gegen die Kunst und Witz halt doch nichts ausrichten: da saß ein Intellektueller. Bei der »Heute-Show«, es tut mir leid, sitzt keiner. Bloß ein Eventmanager vom Sportfernsehen. Der uns – so ungerecht ist die Welt – bis auf weiteres erhalten bleibt; wohingegen Jon Stewart am 6. August die »Daily Show« verläßt.