Humorkritik | Juni 2010
Juni 2010
Belgische Beschissenheiten
Als die Rezensions-DVD schließlich hakt, das Bild einfriert, während die Säufer auf der Tonspur noch ein wenig weiter quasseln, ist das kein großes Drama: Es interessiert mich nicht mehr sonderlich, wie der belgische Film »Die Beschissenheit der Dinge«, der gerade durch die Programmkinos geistert, zu Ende geht. Der Titel war vielversprechend, dito das Herkunftsland, aber dann gibt es nur eine trost-, aber zum Glück nicht endlose Aneinanderreihung von White-Trash-Episoden zu sehen, die weder von einem Handlungsgerüst, noch von Komik oder sonstigem Kitt zusammengehalten werden. Es geht um haarige Säufer in der flämischen Provinz: vier erwachsene Brüder, die gemeinsam bei ihrer alten Mama wohnen, die sie mit ihrer spärlichen Rente durchfüttert. Erzählt wird aus der Perspektive Gunthers, eines Dreizehnjährigen mit grotesker Vokuhila-Frisur, dem Sohn eines der Nichtsnutze. Er wischt seinem auf dem Fußboden schlafenden Vater mit dessen dreckiger Unterhose fürsorglich die Kotze aus dem Gesicht, schaut den Onkels bei Biertrinkwettbewerben und Nacktfahrradrennen zu oder läßt sich von deren Kneipenbekanntschaft den frisch erworbenen künstlichen Blasenausgang vorführen. Die Handkamera ruckelt wild herum und rückt den wackeren Darstellern unangenehm auf den Leib, ab und zu verschwindet völlig unmotiviert die Farbe aus dem Bild, und manchmal springt die Erzählzeit zum erwachsenen Gunther, der das alles aufschreibt. Später stellt sich heraus, daß die anekdotische Erzählweise auf der Vorlage beruht: einem autobiographischen Buch desselben Titels von Dimitri Verhulst. Da zeigt sich wieder mal, daß das Leben keineswegs die besten Geschichten schreibt. Sondern ziemlich schlechte.