Humorkritik | Dezember 2008

Dezember 2008

Dead Brother

Das Reality-TV-Format »Big Brother«, so abgewirtschaftet es hierzulande ist, erfreut sich in Großbritannien nach wie vor großer Beliebtheit. Neun Staffeln sind dort schon auf Channel 4/E4 gelaufen, moderiert von ­Davina McCall (die älteren Zuschauern noch von den Anfängen des deutschen MTV bekannt sein könnte). In eben diesem Setting, dem »Big Brother«-Haus, mit einigen echten ehemaligen Kandidaten und mit Davina McCall (als Moderatorin) hat nun Charlie Brooker für Channel 4/E4, ja, genau: eine Zombieserie gedreht.

 

Und »Dead Set« ist bei Gott keine Parodie geworden, weder auf »BB« noch auf Zombiefilme, sondern ein waschechter Horror-Thriller. Da laufen echte Romero-Zombies herum, heutigen Maßstäben entsprechend so flink wie die Untoten aus »28 Days Later« und gefilmt im Stile von »24«. Sie sind überall, ganz England ist zombieverseuchtes Ödland – nur die Insassen des »Big Brother«-Containers haben überlebt und müssen nun zusammenarbeiten, um der Plage standzuhalten. Obwohl sie genau so gecastet wurden, daß sie sich gegenseitig hassen.

 

Spätestens hier wird, so apokalyptisch die Szenerie anmutet, der satirische Twist klar, den Brooker, wie er freimütig zugibt, bei George A. Romeros »Dawn Of The Dead« abgekupfert hat. Dort war es ein Kaufhaus, in dem sich die Überlebenden verschanzten, und zwar mit durchaus kapitalismuskritischer Absicht des Regisseurs. Hier zielt Brooker auf die Auswüchse der Mediengesellschaft, und so gucken die »Big Brother«-Kandidaten überrascht, als sich herausstellt, daß das, was sie für Fangeschrei vor dem Container hielten, zwar tatsächlich Fangeschrei war, aber kein freudiges. Zombies, die wie hypnotisiert auf Regiemonitore und durch Einwegscheiben glotzen, weil sie nicht an die »Big Brother«-Stars herankommen, sorgen ebenso für satirisch-komische Momente wie die Containerinsassen selbst, die zunächst gar nichts von der Katastrophe mitbekommen, dann aber als erstes fragen: »Bedeutet das, daß wir gar nicht mehr im Fernsehen sind?«

 

Für mich zählt »Dead Set«, das in England in den Tagen vor Halloween ausgestrahlt wurde und seit Anfang November auf DVD erhältlich ist, zu den Fernsehhöhepunkten des Jahres, und sollten Sie mit dem Gedanken spielen, sich die Serie zuzulegen, besorgen Sie sich doch gleich noch »Nathan Barley«, das ebenfalls von Brooker (und Chris Morris) stammt und zu den bösesten und schwärzesten Medien-Sitcoms aller Zeiten zählt.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Hä, »Spiegel«?

»Aber gesund machen wird diese Legalisierung niemanden!« schreibst Du in einem Kommentar zum neuen Cannabisgesetz. »Ach, echt nicht?« fragen wir uns da verblüfft. Wir waren bisher fest vom Gegenteil überzeugt. Immerhin haben Kiffer/innen oft sehr gute feinmotorische Fähigkeiten, einen gesunden Appetit und ärgern sich selten. Hinzu kommen die unzähligen Reggaesongs, in denen das Kiffgras als »Healing of the Nation« bezeichnet wird. All dies willst Du nun tatsächlich infrage stellen? Da lieber noch mal ganz in Ruhe drüber nachdenken!

Empfehlen Deine Blättchenfreund/innen von Titanic

 Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Die Bunte zitiert Sie mit der Aussage: »Um zu überleben, muss man gesund sein, und wenn man am gesündesten ist, sieht man einfach auch am jüngsten aus!« Gut, dass Sie diese Erkenntnis an uns weitergeben!

Geht jetzt zur Sicherheit bei jeder neuen Falte, Cellulitedelle und grauen Strähne zum Arzt:

Ihre greise Redaktion der Titanic

 Eher unglaubwürdig, »dpa«,

erschien uns zunächst Deine Meldung, Volker Wissing habe nach dem tödlichen Busunglück auf der A9 bei Leipzig »den Opfern und Hinterbliebenen sein Beileid ausgesprochen«. Andererseits: Wer könnte die Verstorbenen auf ihrem Weg ins Jenseits noch erreichen, wenn nicht der Bundesverkehrsminister?

Tippt aufs Flugtaxi: Titanic

 Prophetisch, »Antenne Thüringen«?

Oder wie sollen wir den Song verstehen, den Du direkt nach der von Dir live übertragenen Diskussion zwischen Mario Voigt und Björn Höcke eingespielt hast? Zwar hat der Thüringer CDU-Fraktionschef Höckes Angebot einer Zusammenarbeit nach der Wahl ausgeschlagen. Aber es wettet ja so manche/r darauf, dass die Union je nach Wahlergebnis doch noch machthungrig einknickt. Du jedenfalls lässt im Anschluss den Musiker Cyril mit seinem Remake des Siebziger-Lieds »Stumblin’ in« zu Wort kommen: »Our love is alive / I’ve fallen for you / Whatever you do / Cause, baby, you’ve shown me so many things that I never knew / Whatever it takes / Baby, I’ll do it for you / Whatever you need / Baby, you got it from me.« Wenn das nicht mal eine Hymne auf eine blau-schwarze Koalition ist!

Hätte sich dann doch eher »Highway to Hell« gewünscht: Titanic

 Aha bzw. aua, Voltaren!

Das wussten wir gar nicht, was da in Deiner Anzeige steht: »Ein Lächeln ist oft eine Maske, die 1 von 3 Personen aufsetzt, um Schmerzen zu verbergen. Lass uns helfen. Voltaren.«

Mal von der Frage abgesehen, wie Du auf die 1 von 3 Personen kommst, ist es natürlich toll, dass Du offenbar eine Salbe entwickelt hast, die das Lächeln verschwinden lässt und den Schmerz zum Vorschein bringt!

Gratuliert salbungsvoll: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Spielregeln

Am Ende einer Mensch-ärgere-dich-nicht-Partie fragt der demente Herr, ob er erst eine Sechs würfeln muss, wenn er zum Klo will.

Miriam Wurster

 Mitgehört im Zug

»Prostitution ist das älteste Gewerbe der Welt!« – »Ja, aber das muss es ja nicht bleiben.«

Karl Franz

 Gebt ihnen einen Lebenszyklus!

Künstliche Pflanzen täuschen mir immer gekonnter Natürlichkeit vor. Was ihnen da aber noch fehlt, ist die Fähigkeit zu verwelken. Mein Vorschlag: Plastikpflanzen in verschiedenen Welkstadien, damit man sich das Naserümpfen der Gäste erspart und weiterhin nur dafür belächelt wird, dass man alle seine Zöglinge sterben lässt.

Michael Höfler

 Im Institut für Virologie

Jeder Gang macht krank.

Daniel Sibbe

 Gute Nachricht:

Letzte Woche in der Therapie einen riesigen Durchbruch gehabt. Schlechte Nachricht: Blinddarm.

Laura Brinkmann

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
06.05.2024 Hannover, Pavillon Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
06.05.2024 Hamburg, Centralkomitee Ella Carina Werner
07.05.2024 Köln, Stadthalle Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
07.05.2024 Frankfurt am Main, Club Voltaire »TITANIC-Peak-Preview« mit Kathrin Hartmann