Humorkritik | November 2006

November 2006

Confetti

Sehr oft wird es albern, wenn Alltäglichem der Hauch des Besonderen verliehen werden soll, indem es einem bestimmten Thema unterstellt wird (»Pizza Mexiko«, »Pizza Frühlingsrolle«). Peinlich wird es, wenn das an sich schon Besondere noch spezieller gemacht werden soll, indem ein Thema drübergestülpt wird: über eine Hochzeit zum Beispiel. Wer will schon wirklich unter Wasser, im Heißluftballon oder auf Skiern heiraten!

Bzw.: »Der Tag der Hochzeit soll für viele Menschen der schönste ihres Lebens werden. Nicht alle wollen ihn sich durch Gimmicks ruinieren. Manche aber doch.« So formuliert es Antoni, Redakteur der Hochzeitszeitschrift »Confetti« in der gleichnamigen Komödie, die, aufgemacht als Dokumentation, einen Wettbewerb um die originellste Hochzeit des Jahres begleitet. Drei Paare stehen dabei im Mittelpunkt: blasiert-ehrgeizige Tennisspieler hie, Nudisten und stimmlich untertalentierte Musicalfans da. Zur Seite stehen ihnen zwei reizend schwule Hochzeitsplaner, denen die undankbare Aufgabe zufällt, sich Themenhochzeiten (Tennis, Nudismus, Musical) auszudenken – und gleichzeitig die Auflagen des Hochzeitsmagazins zu erfüllen: z.B. die unsympathischen Tennisspieler gewinnen und die Nudisten auf keinen Fall nackt heiraten zu lassen. Nicht ganz einfach, vor allem, wenn man es mit ehrgeizigen Versagern (Tennis), dickköpfigen Nackerten (Nudismus) und einer ständig dazwischenfunkenden Familie (Musical) zu tun hat.

Daß »Confetti« dennoch ein schöner Film wurde, liegt zum einen daran, daß hier die Creme der britischen Sitcom-Schauspieler versammelt ist (u.a. Stephen Mangan aus »Green Wing«, Felicity Montagu aus »I’m Alan Partridge«, Martin Freeman aus »The Office« und Jessica Stevenson aus »Spaced«); zum anderen, daß, dem Genre der Dokumentation folgend, viel extemporiert wurde. Zwanzig Stunden Filmmaterial hatte die Regisseurin Debbie Isitt angeblich, als sie mit dem Schnitt begann. Das hätte sie zwar nicht davon abhalten müssen, gegen Ende die eine oder andere Szene zu kürzen, doch die Improvisationen, in denen Freeman und Stevenson mit ihrem ganzen Clan Choreographien aus MGM-Musikfilmen der vierziger Jahre üben, das erfolgssüchtige Tennis-Pärchen in einer stillen Szene im Hotelzimmer vom ganzen Jammer seiner Existenz überwältigt wird oder die Hochzeitsplaner in albernen Elfenkostümen den beiden FKK-Freaks etwas vortanzen, um sie von den Vorteilen des Angezogenseins zu überzeugen – die sind in voller Länge sehr komisch. Wer’s vor Monatsfrist im Kino wegen fehlender Werbung verpaßt hat, schaue sich »Confetti« nun bitte auf DVD an. Aber bloß nicht die deutsche Version.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Recht haben Sie, Uli Wickert (81)!

Recht haben Sie, Uli Wickert (81)!

Die Frage, weshalb Joe Biden in seinem hohen Alter noch mal für das Präsidentenamt kandidiert, anstatt sich zur Ruhe zu setzen, kommentieren Sie so: »Warum muss man eigentlich loslassen? Wenn man etwas gerne macht, wenn man für etwas lebt, dann macht man halt weiter, soweit man kann. Ich schreibe meine Bücher, weil es mir Spaß macht und weil ich nicht Golf spielen kann. Und irgendwie muss ich mich ja beschäftigen.«

Daran haben wir, Wickert, natürlich nicht gedacht, dass der sogenannte mächtigste Mann der Welt womöglich einfach keine Lust hat, aufzuhören, auch wenn er vielleicht nicht mehr ganz auf der Höhe ist. Dass ihn das Regieren schlicht bockt und ihm obendrein ein Hobby fehlt. Ja, warum sollte man einem alten Mann diese kleine Freude nehmen wollen!

Greifen Sie hin und wieder doch lieber zum Golfschläger statt zum Mikrofon, rät Titanic

 Ein Vorschlag, Clemens Tönnies …

Ein Vorschlag, Clemens Tönnies …

Während Ihrer Zeit im Aufsichtsrat bei Schalke 04 sollen Sie in der Halbzeitpause einmal wutentbrannt in die Kabine gestürmt sein und als Kommentar zur miserablen Mannschaftsleistung ein Trikot zerrissen haben. Dabei hätten Sie das Trikot viel eindrücklicher schänden können, als es bloß zu zerfetzen, Tönnies!

Sie hätten es, wie Sie es aus Ihrem Job kennen, pökeln, durch den verschmutzten Fleischwolf drehen und schließlich von unterbezahlten Hilfskräften in minderwertige Kunstdärme pressen lassen können.

Aber hinterher ist man immer schlauer, gell?

Dreht Sie gern durch den Satirewolf: Titanic

 Aha bzw. aua, Voltaren!

Das wussten wir gar nicht, was da in Deiner Anzeige steht: »Ein Lächeln ist oft eine Maske, die 1 von 3 Personen aufsetzt, um Schmerzen zu verbergen. Lass uns helfen. Voltaren.«

Mal von der Frage abgesehen, wie Du auf die 1 von 3 Personen kommst, ist es natürlich toll, dass Du offenbar eine Salbe entwickelt hast, die das Lächeln verschwinden lässt und den Schmerz zum Vorschein bringt!

Gratuliert salbungsvoll: Titanic

 Eher unglaubwürdig, »dpa«,

erschien uns zunächst Deine Meldung, Volker Wissing habe nach dem tödlichen Busunglück auf der A9 bei Leipzig »den Opfern und Hinterbliebenen sein Beileid ausgesprochen«. Andererseits: Wer könnte die Verstorbenen auf ihrem Weg ins Jenseits noch erreichen, wenn nicht der Bundesverkehrsminister?

Tippt aufs Flugtaxi: Titanic

 Hello, Grant Shapps (britischer Verteidigungsminister)!

Eine düstere Zukunft haben Sie in einem Gastbeitrag für den Telegraph zum 75jährigen Bestehen der Nato skizziert. Sie sehen eine neue Vorkriegszeit gekommen, da sich derzeit Mächte wie China, Russland, Iran und Nordkorea verbündeten, um die westlichen Demokratien zu schwächen. Dagegen hülfen lediglich eine Stärkung des Militärbündnisses, die weitere Unterstützung der Ukraine und Investitionen in Rüstungsgüter und Munition. Eindringlich mahnten Sie: »Wir können uns nicht erlauben, Russisch Roulette mit unserer Zukunft zu spielen.«

Wir möchten aber zu bedenken geben, dass es beim Russisch Roulette umso besser fürs eigene Wohlergehen ist, je weniger Munition im Spiel ist und Patronen sich in der Trommel befinden.

Den Revolver überhaupt vom eigenen Kopf fernhalten, empfehlen Ihre Croupiers von der Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Tödliche Pilzgerichte (1/1)

Gefühlte Champignons.

Lukas Haberland

 100 % Maxx Dad Pow(d)er

Als leidenschaftlicher Kraftsportler wünsche ich mir, dass meine Asche eines Tages in einer dieser riesigen Proteinpulverdosen aufbewahrt wird. Auf dem Kaminsims stehend, soll sie an mich erinnern. Und meinen Nachkommen irgendwann einen köstlichen Shake bieten.

Leo Riegel

 Mitgehört im Zug

»Prostitution ist das älteste Gewerbe der Welt!« – »Ja, aber das muss es ja nicht bleiben.«

Karl Franz

 Dual Use

Seit ich meine In-Ear-Kopfhörer zugleich zum Musikhören und als Wattestäbchen verwende, stört es mich gar nicht mehr, wenn beim Herausnehmen der Ohrstöpsel in der Bahn getrocknete Schmalzbröckelchen rauspurzeln.

Ingo Krämer

 In Würde altern

Früher hätte mich der riesige Pickel mitten auf meinem Hals stark gestört. Heute trage ich den wohl niedlichsten ausgeprägten Adamsapfel, den die Welt je gesehen hat, mit großem Stolz ein paar Tage vor mir her.

Ronnie Zumbühl

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
09.05.2024 Zürich, Friedhof Forum Thomas Gsella
09.05.2024 München, Volkstheater Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
10.05.2024 Weil am Rhein, Kulturzentrum Kesselhaus Thomas Gsella
11.05.2024 Karlsruhe, Kabarett in der Orgelfabrik Thomas Gsella