Überschätzte Lebensmittel (XXXIV)
Heute: Erdbeeren
Auch diesen Sommer stehen sie wieder in ihren kugelroten, gelbgetüpfelten Verschlägen alle paar Hundert Meter an jeder Landstraße: Spargelverkaufserprobte Erdbeerhändlerinnen und -händler mit ihrem marktübersättigten Angebot an 500-Gramm-Schälchen "aus eigener Ernte", "pflückfrisch" und/oder "direkt vom Feld" (Huelva, Spanien). Doch wer schon einmal heißhungrig den Frucht-Feinstaub-Klumpatsch vom Straßenrand gekostet hat, ist um jede deutsche Verkehrsachse, die mit einem Dieselfahrverbot belegt wird, dankbar.
Wem als Kind jemals die scharlachrote Erdbeerzunge diagnostiziert wurde, dürfte der Appetit auf die eiterstippengleiche Bückware ohnehin längst vergangen sein. Dennoch hat sich beim Äpfel-Birnen-Vergleich die Erdbeere dank ihrer treibhaussüßen Perfidie einen der vorderen Plätze im Ranking der beliebtesten Obstsorten erschwindelt. Dabei zählt sie nach botanischen Feldstudien zu den Nüssen – und müsste, wenn es in der Flora gerecht zuginge, mit Macadamien oder Cashewkernen konkurrieren.
Selbst als Lustobjekt hat das als "frühreifes Früchtchen" unappetitlich kokettierende Quantitätsprodukt in Zeiten von Foodpornhub längst seinen Reiz verloren.
Zu allem Überfluss sind die Missstände in der Erdbeerernte nur allzu offensichtlich. Bei Dauerbeschallung mit "Strawberry Fields Forever" werden Saisonarbeiter, viele von ihnen noch Kinder, auf den Plantagen systematisch ausgebeutet und zahlen im Anschluss an ihre Plackerei bei den Großgrundbesitzern sogar noch drauf – alles direkt vor unserer Haustür! Von Politik und Landwirtschaft wird dies stillschweigend unter dem Deckmäntelchen "Zum Selberpflücken" versteckt und toleriert.
Die Erdbeere: Eine ganz dumme Nuss unter den Scheinfrüchten!
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