Glanz und Elend des Kurtchen Sahne. Ein Wochenend-Fortsetzungsroman (10)
Auf die Bank nebenan setzte sich ein älterer Mann, der eine Windjacke und eine Schiebermütze trug und umgehend begann, vor sich hin zu reden. Kurtchen verstand nicht alles, aber es ging wohl um „diese Schweine“, die ihn, den Mann, „fertigmachen“ würden, vor allem wohl „der Regierungsrat Dr. Schönfärber, diese Sau“, denn der habe „die Dokumente“ bzw. wolle sie haben, das verstand Kurtchen nicht genau; jedenfalls würden, so der Mann weiter, „die Schweine schon sehen“, insbesondere „der Schönfärber, die Drecksau“ usw., ein Wind war aufgekommen und trug die Litanei des Mannes von Kurtchen fort, nur ab und an wehten Worte und Wortfetzen wie „Verfassungsschutz“, „von wegen“ und, immer wieder, „Drecksau“ herüber.
Es ist, geriet Kurtchen von neuem ins Überlegen, schon so, daß es dem Menschen schwerfällt, still zu sein; und er erinnerte sich an einen Besuch im Hallenband, vor zwei Wochen vielleicht, als sein Nachbar unter der Dusche den Duschvorgang mit Grunzen, Stöhnen und anderen Lauten orchestriert hatte, was für sich genommen noch gar nicht weiter bemerkenswert gewesen wäre, wenn sich Duschen und Grunzen, Stöhnen und Duschen nicht reziprok hochgeschaukelt hätten, so daß Kurtchen nicht klar gewesen war, ob hier das Duscherlebnis das Grunzen oder, im Gegenteil, der Spaß und die bloße Freude am Grunzen das Duschen bestimmten; und jedenfalls verlängerten. Der Mann hörte nämlich gar nicht wieder auf zu duschen (und zu grunzen), so daß Kurtchen, nachdem er sich wohl zehn Minuten vor- und wieder zurückgedreht hatte, um abwechselnd seine längst tiefengereinigte Vorder- und blitzsaubere Rückseite beregnen zu lassen, ohne Ergebnis in die Umkleide verzog; werweiß stand der Mann, den man sich unbedingt als glücklichen vorstellen mußte, noch immer da und grunzte. (wird fortgesetzt)
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