Newsticker

Nur diese Kategorie anzeigen:Gärtners Sonntagsfrühstück Eintrag teilenEintrag per Email versenden Mit Facebook-Freunden teilen Twittern mit Google+ teilen

Gärtners kritisches Weihnachtsfrühstück: Die heilige Familie

Das will ich mir jetzt aus Barmherzigkeit verkneifen, die Bahn mal wieder zur Rede zu stellen dafür, Dutzende Milliarden in technophilen Entscheider-Träumen zu versenken, damit es sich noch energischer kreativen Zeitarbeitsplätzen hinterherrasen läßt, während unser Intercity von D. nach H. schon mit einem Wagen weniger einfuhr und nur glückliches Geschick verhinderte, daß es der Wagen war, für den unsere Reservierung galt. (Es gibt ja Leute, die die gegenwärtigen Verhältnisse für Krieg halten. Immerhin die Flüchtlingszüge haben wir schon; oder jedenfalls manchmal.) Hinter Kassel stand dann plötzlich diese junge deutsche Familie im Abteil, die wegen der üblichen Anschlußzugsprobleme und eines Ausweich-ICE, der unseren Zug überholt hatte, ihre Plätze erst zwei Stunden später in Anspruch nehmen konnte (und auch mußte), und das Erstaunliche war, daß die Herrschaften, die auf diesen Plätzen saßen, die Plätze sogar ohne Murren, ja geradezu verständnisvoll hergaben; wenn schon sonst nichts, macht doch die Bahn als Schicksalsgemeinschaft die Leute freundlich, wenigstens manchmal und untereinander.

Also diese Familie, zwei frühe Dreißiger, zwei Kinder, vielleicht drei und eineinhalb, und wir hatten uns nie gesehen und haben bloß zwei freundliche Sätze miteinander gewechselt; und trotzdem erkannte ich sie: weil es nämlich exakt die Familie war, die gemeint ist, wenn die Mittelschicht von der Mittelschicht spricht.

Die Frau: auf diese provinzielle Weise urban (oder eben umgekehrt), Berlin oder Posemuckel, das läßt sich wirklich kaum mehr sagen; Akademikerin, was im weitesten Sinne Soziales, evtl. Umwelt. Kocht am liebsten Sachen aus Omas Rezeptkladde, hat aber auch ein Dutzend bunt aufgemachter Kochbücher im Regal, z.T. geschenkt gekriegt. Die Kinder mit verdünnt ambitionierten Namen; der Ältere bereits in Tatzenjacke, das Logo so groß wie sein Kopf. Sie liest Rolf Dobelli und Nele Neuhaus, ist kritische Facebook-Nutzerin und geht nach den Tagesthemen ins Bett, sie muß früh raus, der Kinder wegen. Sie redet sehr freundlich mit ihnen.

„Aber eines trüben Tages sieht man heller und fragt, ob es denn richtig ist, den Weg, der von Gott wegführt, so zielbewußt mit keinem Schritte zu verfehlen.“ Karl Kraus, 1914 („In dieser großen Zeit“)

Der Mann nimmt, kaum daß er sitzt, das Telefon in Betrieb. Es geht in seinem Gespräch um eine Promotion. Das Telefon ist etwas zu groß für Soziologie, er sieht auch nicht so aus; eher Ingenieur, Medizin vielleicht. Er hätte gern einen großen Audi. Sie fahren Bahn nicht aus Überzeugung, sondern weil es vor den Feiertagen Sinn macht. Als der Mann immer weiter telefoniert, weist seine Frau ihn darauf hin, daß er den Mitreisenden störe, aber nicht generell, sondern beim Vortrag vom „Karpfen Kilobald“: Elternsolidarität. Im Kitabeirat sitzt sie nicht, aber wenn auf dem Elternabend diskutiert wird, ob das Sportprogramm grundsätzlich im Freien stattfinden soll, dann ist sie dafür, weil Bewegung an frischer Luft Kurzsichtigkeit vorbeugt. G8 fand sie trotzdem problematisch.

Trump hassen beide, weil er das Klima kaputtmacht. Im Februar fliegen sie in die Sonne, da halten sie es in der Kälte nicht mehr aus. Im Supermarkt kauft sie Biofleisch. Eine Jamaika-Koalition wäre mal was anderes gewesen, auch wenn der Mann findet, daß die Grünen eine Verbotspartei sind. Sie freut sich auf ihre Eltern, er findet es ein bißchen früh, schon am Mittwoch hinzufahren.

Dies alles weiß ich nicht und weiß es doch, und was ich auch weiß, ist, daß das der Angelpunkt des Landes ist. Ich wünsche angenehme Tage.




Eintrag versenden Newstickereintrag versenden…
Felder mit einem * müssen ausgefüllt werden.

optionale Mitteilung an den Empfänger:

E-Mail-Adresse des Absenders*:

E-Mail-Adresse des Empfängers*
(mehrere Adressen durch Semikolon trennen, max. 10):

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Persönlich, Ex-Bundespräsident Joachim Gauck,

nehmen Sie inzwischen offenbar alles. Über den russischen Präsidenten sagten Sie im Spiegel: »Putin war in den Achtzigerjahren die Stütze meiner Unterdrücker.« Meinen Sie, dass der Ex-KGBler Putin und die DDR es wirklich allein auf Sie abgesehen hatten, exklusiv? In dem Gespräch betonten Sie weiter, dass Sie »diesen Typus« Putin »lesen« könnten: »Ich kann deren Herrschaftstechnik nachts auswendig aufsagen«.

Allerdings hielten Sie sich bei dessen Antrittsbesuch im Schloss Bellevue dann »natürlich« doch an die »diplomatischen Gepflogenheiten«, hätten ihm aber »schon zu verstehen gegeben, was ich von ihm halte«. Das hat Putin wahrscheinlich sehr erschreckt. So richtig Wirkung entfaltet hat es aber nicht, wenn wir das richtig lesen können. Wie wär’s also, Gauck, wenn Sie es jetzt noch mal versuchen würden? Lassen Sie andere Rentner/innen mit dem Spiegel reden, schauen Sie persönlich in Moskau vorbei und quatschen Sie Putin total undiplomatisch unter seinen langen Tisch.

Würden als Dank auf die Gepflogenheit verzichten, Ihr Gerede zu kommentieren:

die Diplomat/innen von der Titanic

 Grunz, Pigcasso,

malendes Schwein aus Südafrika! Du warst die erfolgreichste nicht-menschliche Künstlerin der Welt, nun bist Du verendet. Aber tröste Dich: Aus Dir wird neue Kunst entstehen. Oder was glaubst Du, was mit Deinen Borsten geschieht?

Grüße auch an Francis Bacon: Titanic

 Also wirklich, »Spiegel«!

Bei kleinen Rechtschreibfehlern drücken wir ja ein Auge zu, aber wenn Du schreibst: »Der selbst ernannte Anarchokapitalist Javier Milei übt eine seltsame Faszination auf deutsche Liberale aus. Dabei macht der Rechtspopulist keinen Hehl daraus, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, obwohl es korrekt heißen müsste: »Weil der Rechtspopulist keinen Hehl daraus macht, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, müssen wir es doch anmerken.

Fasziniert von so viel Naivität gegenüber deutschen Liberalen zeigt sich

Deine Titanic

 Hallo, faz.net!

»Seit dem Rückzug von Manfred Lamy«, behauptest Du, »zeigt der Trend bei dem Unternehmen aus Heidelberg nach unten. Jetzt verkaufen seine Kinder die Traditionsmarke für Füller und andere Schreibutensilien.« Aber, faz.net: Haben die Lamy-Kinder nicht gerade davon schon mehr als genug?

Schreibt dazu lieber nichts mehr: Titanic

 Mmmmh, Thomas de Maizière,

Mmmmh, Thomas de Maizière,

über den Beschluss der CDU vom Dezember 2018, nicht mit der Linkspartei oder der AfD zusammenzuarbeiten, an dem Sie selbst mitgewirkt hatten, sagten Sie bei Caren Miosga: »Mit einem Abgrenzungsbeschluss gegen zwei Parteien ist keine Gleichsetzung verbunden! Wenn ich Eisbein nicht mag und Kohlroulade nicht mag, dann sind doch nicht Eisbein und Kohlroulade dasselbe!«

Danke für diese Veranschaulichung, de Maizière, ohne die wir die vorausgegangene Aussage sicher nicht verstanden hätten! Aber wenn Sie schon Parteien mit Essen vergleichen, welches der beiden deutschen Traditionsgerichte ist dann die AfD und welches die Linke? Sollte Letztere nicht eher – zumindest in den urbanen Zentren – ein Sellerieschnitzel oder eine »Beyond Kohlroulade«-Kohlroulade sein? Und wenn das die Alternative zu einem deftigen Eisbein ist – was speist man bei Ihnen in der vermeintlichen Mitte dann wohl lieber?

Guten Appo!

Wünscht Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
19.04.2024 Wuppertal, Börse Hauck & Bauer
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt
20.04.2024 Itzehoe, Lauschbar Ella Carina Werner
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt