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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: So sehen Sieger aus

In meiner frühen Adoleszenz wollte ich, wie heuer die Delegierten auf der Warschauer Klimakonferenz, die Welt retten und stritt dabei hauptsächlich an zwei Fronten: nämlich mit Mutti um den füglichen Verzicht auf ozonschädliche Spraydosen sowie darum, daß Joghurt- und Puddingbecherdeckel aus Aluminium nicht einfach in den Müll wanderten, sondern gesammelt wurden und der Wiederverwertung zugeführt. Also wurden sie, unter dem mütterlichen Mißtrauen, für das Abfall bloß Abfall war, der in den Abfall gehörte, von mir gereinigt und irgendwo aufbewahrt und dann irgendwann, sofern Mutti nicht die Geduld verlor und den Schmodder einfach beseitigte, irgendwo hingebracht, wo man sich des Schmodders, nein: des wertvollen Rohstoffs annahm, denn Aluminium, das wußte ich, ist nicht bloß ein wertvoller Rohstoff, sondern auch einer, dessen Gewinnung eine enorme Umweltsauerei ist, energetisch und überhaupt. Ein paar Monate später stellte Audi dann eine neue Oberklasselimousine vor, die komplett aus Aluminium war, und auf den ja auch abseitigen Gedanken, die neuen Spritschleudern seien aus den von mir gesammelten Deckeln gefertigt, kam ich zum Glück erst gar nicht; sondern mir eher verarscht vor.

Ein in Belangen des Umweltschutzes mit Siebenmeilenstiefeln vorangeschrittenes Vierteljahrhundert später lese ich beim wöchentlichen Rückensport, mangels Alternative und weil Schwachsinn halt manchmal Spaß macht, zwischen den Übungen die Auto-Bild aus dem Lesezirkel, wo irgendein neuer Mercedes, damit er leichter und sparsamer werde, zu drei Vierteln jetzt ebenfalls aus Aluminium besteht. Was das jenseits der schönen mobilen Technowelt, die in Auto-Bild ausgemalt wird, bedeutet, steht in Auto-Bild freilich nicht, dafür beim BUND: „Für die Herstellung von Aluminium werden große Mengen Rohstoffe und Energie benötigt. Zum Abbau des Vorstoffes Bauxit werden brasilianische Regenwälder und sibirische Urwälder gerodet und große Landstriche zur Energiegewinnung durch Staudämme unter Wasser gesetzt. Bei der Erzeugung fallen hochgiftige Abfallprodukte an wie schwermetallhaltige Schlämme, klimaschädliche Fluorkohlenwasserstoffe, das ätzende Fluorwasserstoff sowie Kohlenmonoxid und Schwefeldioxid – die Mitverursacher von saurem Regen. In Wasser gelöst schädigen höhere Konzentrationen von Aluminium-Ionen insbesonders Pflanzen und Tiere.“ Was dafür in Auto-Bild steht, ist der Vorabbericht über einen neuen, sagenhaft scheußlichen Monster-Benz, der das andernorts per Alu eingesparte Benzin auf bestürzend notorische Weise wieder verschleudert, und das alles heißt wie selbstverständlich „Fortschritt“.

„Wir kommen ungefragt und gehen ungefragt.“ Blumfeld, 2001

Das Schlimmste, was die freie Welt der untergegangenen unfreien nachsagt, ist, daß sie eine Mangelwirtschaft gewesen sei, z.B. deswegen, weil es niemandem eingefallen wäre, einen sibirischen Urwald nur deshalb zu roden, um Plastikbecher zu verschließen oder das Menschenrecht auf Alufelgen zu verwirklichen. Der Untergang dieser Welt war deshalb hochverdient, und wenn wir in fünfzig oder hundert Jahren folgen, weil nicht einmal die Zeitungsesel mehr übersehen können, daß es im Ansatz Quatsch ist, „ein Wirtschaftssystem durch Obergrenzen für Treibhausgase zu knebeln, ohne es gleichzeitig schlüssig umzubauen“ (SZ), dann gehen wir, immerhin, als Sieger der Geschichte.




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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Mmmmh, Thomas de Maizière,

Mmmmh, Thomas de Maizière,

über den Beschluss der CDU vom Dezember 2018, nicht mit der Linkspartei oder der AfD zusammenzuarbeiten, an dem Sie selbst mitgewirkt hatten, sagten Sie bei Caren Miosga: »Mit einem Abgrenzungsbeschluss gegen zwei Parteien ist keine Gleichsetzung verbunden! Wenn ich Eisbein nicht mag und Kohlroulade nicht mag, dann sind doch nicht Eisbein und Kohlroulade dasselbe!«

Danke für diese Veranschaulichung, de Maizière, ohne die wir die vorausgegangene Aussage sicher nicht verstanden hätten! Aber wenn Sie schon Parteien mit Essen vergleichen, welches der beiden deutschen Traditionsgerichte ist dann die AfD und welches die Linke? Sollte Letztere nicht eher – zumindest in den urbanen Zentren – ein Sellerieschnitzel oder eine »Beyond Kohlroulade«-Kohlroulade sein? Und wenn das die Alternative zu einem deftigen Eisbein ist – was speist man bei Ihnen in der vermeintlichen Mitte dann wohl lieber?

Guten Appo!

Wünscht Titanic

 Persönlich, Ex-Bundespräsident Joachim Gauck,

nehmen Sie inzwischen offenbar alles. Über den russischen Präsidenten sagten Sie im Spiegel: »Putin war in den Achtzigerjahren die Stütze meiner Unterdrücker.« Meinen Sie, dass der Ex-KGBler Putin und die DDR es wirklich allein auf Sie abgesehen hatten, exklusiv? In dem Gespräch betonten Sie weiter, dass Sie »diesen Typus« Putin »lesen« könnten: »Ich kann deren Herrschaftstechnik nachts auswendig aufsagen«.

Allerdings hielten Sie sich bei dessen Antrittsbesuch im Schloss Bellevue dann »natürlich« doch an die »diplomatischen Gepflogenheiten«, hätten ihm aber »schon zu verstehen gegeben, was ich von ihm halte«. Das hat Putin wahrscheinlich sehr erschreckt. So richtig Wirkung entfaltet hat es aber nicht, wenn wir das richtig lesen können. Wie wär’s also, Gauck, wenn Sie es jetzt noch mal versuchen würden? Lassen Sie andere Rentner/innen mit dem Spiegel reden, schauen Sie persönlich in Moskau vorbei und quatschen Sie Putin total undiplomatisch unter seinen langen Tisch.

Würden als Dank auf die Gepflogenheit verzichten, Ihr Gerede zu kommentieren:

die Diplomat/innen von der Titanic

 Ach, Taube,

Ach, Taube,

die Du in Indien wegen chinesischer Schriftzeichen auf Deinen Flügeln acht Monate in Polizeigewahrsam verbracht hast: Deine Geschichte ging um die Welt und führte uns vor Augen, wozu die indische Fashion-Polizei fähig ist. Aufgrund Deiner doch sehr klischeehaften Modetattoos (chinesische Schriftzeichen, Flügel) fragen wir uns aber, ob Du das nicht alles inszeniert hast, damit Du nun ganz authentisch eine Träne unter dem Auge oder ein Spinnennetz auf Deinem Ellenbogen (?) tragen kannst!

Hat Dein Motiv durchschaut: Titanic

 Anpfiff, Max Eberl!

Sie sind seit Anfang März neuer Sportvorstand des FC Bayern München und treten als solcher in die Fußstapfen heikler Personen wie Matthias Sammer. Bei der Pressekonferenz zu Ihrer Vorstellung bekundeten Sie, dass Sie sich vor allem auf die Vertragsgespräche mit den Spielern freuten, aber auch einfach darauf, »die Jungs kennenzulernen«, »Denn genau das ist Fußball. Fußball ist Kommunikation miteinander, ist ein Stück weit, das hört sich jetzt vielleicht pathetisch an, aber es ist Liebe miteinander! Wir müssen alle was gemeinsam aufbauen, wo wir alle in diesem gleichen Boot sitzen.«

Und dieser schräge Liebesschwur, Herr Eberl, hat uns sogleich ungemein beruhigt und für Sie eingenommen, denn wer derart selbstverständlich heucheln, lügen und die Metaphern verdrehen kann, dass sich die Torpfosten biegen, ist im Vorstand der Bayern genau richtig.

Von Anfang an verliebt für immer: Titanic

 Nicht zu fassen, »Spiegel TV«!

Als uns der Youtube-Algorithmus Dein Enthüllungsvideo »Rechtsextreme in der Wikingerszene« vorschlug, wären wir fast rückwärts vom Bärenfell gefallen: In der Wikingerszene gibt es wirklich Rechte? Diese mit Runen tätowierten Outdoorenthusiast/i nnen, die sich am Wochenende einfach mal unter sich auf ihren Mittelaltermärkten treffen, um einer im Nationalsozialismus erdichteten Geschichtsfantasie zu frönen, und die ihre Hakenkreuzketten und -tattoos gar nicht nazimäßig meinen, sondern halt irgendwie so, wie die Nazis gesagt haben, dass Hakenkreuze vor dem Nationalsozialismus benutzt wurden, die sollen wirklich anschlussfähig für Rechte sein? Als Nächstes erzählst Du uns noch, dass Spielplätze von Kindern unterwandert werden, dass auf Wacken ein paar Metalfans gesichtet wurden oder dass in Flugzeugcockpits häufig Pilot/innen anzutreffen sind!

Nur wenn Du versuchst, uns einzureden, dass die Spiegel-Büros von Redakteur/innen unterwandert sind, glauben Dir kein Wort mehr:

Deine Blauzähne von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
28.03.2024 Nürnberg, Tafelhalle Max Goldt
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt