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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Schnipsel (2)

Das Landratsamt Miesbach, lese ich, weil DPA es meldet, plant eine „Taskforce Mountainbike“. „Zu einem ,Runden Tisch Mountainbike’ versammelten sich am Montag etwa 30 Teilnehmer von (sic) Politik, Tourismus, Forstwirtschaft sowie Freizeitsportler. Vertreter aus den jeweiligen Bereichen sollen künftig in der Taskforce Lösungen für eine ,friedliche Naturnutzung’ finden. Der verletzte Naturschutzbeauftragte sei inzwischen wieder im Dienst, allerdings habe ihm der Vorfall im Landschaftsschutzgebiet Pfanngraben zugesetzt, sagte die Sprecherin. Der Mitarbeiter des Landratsamtes wurde von einem Mountainbiker geschlagen und geschubst, nachdem er ihn auf ein Radfahrverbot aufmerksam gemacht hatte.“

In dieser Taskforce wär’ ich gern, am liebsten freilich als einziges Mitglied. Dann würden nämlich diesen Leuten, für die friedliche Naturnutzung bedeutet, Natur zum Spielplatz für technisch unterstützten Selbstausdruck und zeitgenössisch manische Fitness- und Niederzwinggesinnung zu degradieren, zuerst einmal ihre monströsen Sportgeräte abgenommen, und nach Übergriffen auf Schutzbeauftragte käme es zu einem standrechtlichen Wochenende Besinnungshaft. Denn Mediation gut und schön, aber auf diese gröbsten aller Klötze gehört, fragt man mich, kein Keilchen.

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Tschechow hat es schon gewusst: „Es gibt eben keine Beziehung mehr zur Natur und also auch keine mehr unter den Menschen“ („Onkel Wanja“). Mein Emblem der Woche also: der Kombi, aus der Toreinfahrt gekommen, quer über dem Trottoir stehend und ihn komplett blockierend, mit laufendem Dieselmotor, die Fahrerin in ihr I-Phone vertieft, minutenlang.

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Überhaupt diese neuere Angewohnheit, nach Platznahme im Automobil erst einmal den Motor anzustellen und dann herumzutelefonieren, verwandt mit der Angewohnheit, den Motor laufen zu lassen, wenn man kurz wo „hineinspringt“. Dass, während die Welttemperatur bereits in der Nähe jener 1,5 Grad über normal anlangt ist, die doch als großes Ziel der Klimaschutzgemeinschaft gelten, neuerdings leere Autos mit laufendem Motor am Straßenrand stehen, ist natürlich kein Widerspruch, sondern bloß, ja, was eigentlich: Selbstermächtigung? „Es kann doch passieren, dass dieses Leben, das wir heute für ein ganz normales halten, unseren Enkeln idiotisch vorkommt. Oder blöde. Oder sogar verbrecherisch“ (Tschechow, „Die drei Schwestern“).

„Der Wurm ist in diesem Haus.“ Tschechow, 1899

Es wird schlicht so sein, dass man tut, was man kann, und das ist halt, vor Hornvieh herumzutanzen, bis es erschrickt, und den Scheißdreck dann online zu stellen, sofern man vom Vieh nicht gerechterweise über den Haufen getrampelt worden ist. „Wir weisen darauf hin, dass es sich bei der Tiktok-Challenge um eine absolut dämliche und für Tier und Mensch lebensgefährliche Aktion handelt“, schreibt die Landwirtschaftskammer Niedersachsen und hat ganz gewiss recht damit. „Durch das panische Wegrennen können sich die Kühe verletzen. Bei hochtragenden Tieren besteht durch die Freisetzung vieler Stresshormone die Gefahr des Verkalbens“, was aber vielleicht auch gar nichts macht, ist doch der Nachwuchs an Rindviechern, wie es scheint, jederzeit gewährleistet. Im Allgäu „sind 13 Rinder auf der Flucht in die Tiefe gestürzt, weil Wanderer sie zuvor erschreckt hatten. Im Internet kursiert derzeit außerdem ein Video von einen Landwirt aus Oberösterreich, der sich empört über die ,Kulikitaka’-Challenge äußert: ,Was kommt als nächstes? Gibt es überhaupt noch Grenzen? Darf denn jeder alles tun? Ohne Konsequenzen? Einfach weil’s grad cool ist und viele Likes bringt?’“

Das sind so Fragen. Bzw. wie die Postbank wirbt: Unterm Strich zähl ich, und weil das natürlich gelogen ist, versuchen die Leut’ immer fanatischer den Beweis zu erbringen, dass nicht, zumal die jungen und junggebliebenen, die schon rein entwicklungsmäßig noch kein rechtes Ich besitzen. „Und die Kinder. Wie die Alten: lebende Leichen“ (Tschechow, a.a.O.).

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Auf dem Turnbeutel eines Abiturienten: „Sei sportlich! Sei engagiert! Sei du selbst!“

Wird es hier oben also auch bald eine Taskforce brauchen.




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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Grüß Dich, Stachelbeere!

Von Dir dachten wir bisher, wir wüssten einigermaßen Bescheid. Keine Ahnung hatten wir! Bis wir die NZZ in die Hände bekamen: »Die Stachelbeere galt lange als spießigste aller Sommerbeeren.« Wie konnte das an uns vorbeigehen? »Im Gegensatz zu ihrem Namen tut ihr Stachel gar nicht weh.« Toll, Du bist die erste Beere der Naturgeschichte, deren Name wehtut. »Stachelbeeren werden geputzt, indem der Stiel und die Blütenenden mit einer Küchenschere abgeschnitten und dann kurz mit Wasser abgebraust werden.« Dann sind zwar Stiel und Blütenenden nass, aber wie wirst Du davon sauber? »Der Gaumen erinnert sich beim Verspeisen an einen süßen Sirup, der als Kind besonders gut geschmeckt hat.« Außer, der Gaumen ist etwas zerstreut und hat vergessen, dass der Sirup mal ein Kind war.

»Stachelbeeren haben einen schönen Knack.« Wir aber haben jetzt einen schönen Knacks, Stachelbeere, nämlich einen Stachelbeeren-Knacks, und rühren Dich bizarres Früchtchen auf keinen Fall mehr an. Oder zumindest nicht die NZZ-Kulinarikseiten. Die machen nämlich Sodbrennen.

Stichelt gern: Titanic

 Erinnerst Du Dich, Adobe,

an das Titelbild unserer letzten Ausgabe? Wir nämlich schon, und da fragen wir uns glatt, ob Du neuerdings die Betreffzeilen für Deine Werberundmails ungeprüft vom Digitalisierungs-Ausschuss der AfD übernimmst!

Nichts für ungut. Titanic

 Haha, Daniel Günther!

Haha, Daniel Günther!

Sie haben tatsächlich im Juni dieses Jahres auf der Kieler Woche »Layla« mitgegrölt? Auf der Bühne euphorisch »Schöner, jünger, geiler!« ins Mikro gejohlt? Also unsereins hat ja schon eine lange Leitung, wenn uns das bis jetzt entgangen ist. Aber mit einer solchen Verzögerung und mit beiden Beinen ins Vorjahres-Fettnäpfchen zu springen, da können wir nicht mithalten – Chapeau!

Rechnen mit einer Reaktion in zwei bis drei Werkjahren:

Ihre Puffmütter von Titanic

 Ob das eine gute Idee ist, British Telecommunications?

Als einer von Großbritanniens größten Kommunikationsdienstleistern betreibst Du unter anderem die berühmten roten Telefonzellen, die allerdings außer für Lösegeldforderungen und Rauschmitteldeals keinem Zweck mehr dienen. Darum hast Du nun angekündigt, die pittoresken Blickfänger für einen symbolischen Betrag den britischen Kommunen zu verkaufen, damit diese einen neuen Verwendungszweck für sie finden. Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis wir lesen werden, dass die Tories die erste Telefonzelle in eine Mehrbettunterkunft für Geflüchtete umgewandelt haben.

Orakeln Deine politischen Hellseher/innen von Titanic

 Huhu, hessische FDP!

Zunächst hatten wir es ja auf das Unwissen des jungen Kandidaten bei uns im Viertel geschoben, aber spätestens zur Septembermitte dann verstanden, dass Dein eminenter Powerslogan für die gesamte hessische Landtagswahl tatsächlich »Feuer und Flamme für Hessen« lautet. Anschließend hatten wir gedacht, Ihr wärt vielleicht allesamt zu dumm oder unbelesen, um zu wissen, dass »Feuer und Flamme für diesen Staat« seit den frühen achtziger Jahren ein beliebter Schlachtruf von Linksradikalen und Autonomen war, gerade in Hessen, wo die Kämpfe um die Startbahn West blutig eskalierten.

Aber Du, FDP, hast den Slogan gewiss mit Bedacht und einem kräftigen Augenzwinkern gewählt, denn Du besitzt ja auch einen anarcho-libertären Flügel, der jede staatliche Ordnung abschaffen und alle Belange vom Markt regeln lassen will, also vom Gesetz des Stärkeren.

Und dass Du diese gewaltversessenen Hooligans zur Wahl noch mal vor unseren inneren Augen durch die Straßen Frankfurts marodieren lässt, dafür danken Dir die gesetzlosen Chaot/innen von der Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Verödungsalarm

Deutliches Zeichen dafür, dass ein Ort langsam stirbt: Wenn im kommunalen Veranstaltungskalender eine Blutspende-Aktion unter »Events« angekündigt wird.

Jürgen Miedl

 In between lifestyles

Silberner BMW, quer über die Heckscheibe der Schriftzug »Moskovskaya«, vorn auf der Ablage: Anwohner-Parkausweis Nr. 05.

Frank Jakubzik

 Präzision

Fine-Dining-Restaurants schließen nicht, sie fermétieren.

Ronnie Zumbühl

 Rentner mit Humor

Ich bin im Bus für einen deutlich Jüngeren aufgestanden.

Uwe Becker

 After-Life-Hack

Auf meinem Organspendeausweis ist vermerkt, dass ich posthum nur ausgeschlachtet werden darf, wenn mein Ableben, egal wie mysteriös, blutrünstig, effektvoll, erheiternd, generationenkonfliktelösend, krebsheilend oder die messianische Zeit einläutend es auch stattgefunden haben werden mag, niemals in einem True-Crime-Podcast vorkommen darf.

Sebastian Maschuw

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
08.10.2023 Frankfurt, Elfer Hauck & Bauer mit Julia Mateus
08.10.2023 Berlin, BAIZ Katharina Greve
10.10.2023 Cuxhaven, Ringelnatz-Museum Thomas Gsella
10.10.2023 Frankfurt am Main, Club Voltaire »TITANIC-Peak-Preview«