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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Happy Baby

Am Sohn, berichtet der Freund, habe er zuletzt ein kleines Bäuchlein festgestellt, und er, der Freund, habe einen Moment benötigt zu begreifen, dass ja seit März kein Schulsport und kein Schwimmunterricht mehr sei und die längste Zeit kein Spielplatz geöffnet gehabt habe, und das sei das Ergebnis; und doch, fährt der Freund fort, habe alles im Leben immer zwei Seiten. Denn gehe jetzt die Schule wieder an, sei auch wieder Elternabend, und der Bio-Zisch-Mann, der sogenannte Bio-Zisch-Mann, der jedenfalls von ihm, dem Freund, sogenannte Bio-Zisch-Mann habe wieder Gelegenheit zu einem Auftritt.

Der Bio-Zisch-Mann, erzählt der Freund, sei beim letzten Mal mit Frau und Kind zum Elternabend gekommen, also nicht mit dem betreffenden Schul-, sondern einem kleinen Geschwisterkind. Die Situation sei also die gewesen, dass für das betreffende Schulkind eine Aufsicht, die Oma etwa, bestellt worden sei, damit der Bio-Zisch-Mann mit Frau und zweitem oder dritten Kind an diesem Elternabend habe teilnehmen können. Alle anderen Eltern seien natürlich allein dagewesen, so aufregend sind Grundschulelternabende nicht, dass man dafür einen Babysitter bezahlen oder Verwandtschaft bemühen wolle, aber der Bio-Zisch-Mann, ein sog. später, dabei natürlich astrein junggebliebener Vater, habe zeigen müssen, dass er sich für Wohl und Wehe seiner Kinder unbedingt interessiere, und sei es zum Preis höheren organisatorischen Aufwands. Im Grundsatz, so der Freund, sei ihm, dem Freund, das natürlich scheißegal, wer da nun allein oder zu zweit anrücke, es sei dies ja, zumindest in dieser Beziehung, ein freies Land, und also bitte sehr; nur sei es aber vielleicht so, dass Säuglinge oder Kinder, die das Säuglingsalter soeben erst verlassen hätten, auf Veranstaltungen, die für Erwachsene gedacht seien, nichts verloren hätten, auch wenn der Bio-Zisch-Mann und seine atemberaubend passende Bio-Zisch-Frau sicher sagen würden, dass bei Naturstämmen am Amazonas die Kinder immer und überall dabei seien. Wobei, fand der Freund, da freilich die Frage wäre, ob Naturstämme am Amazonas ihre Kinder mit auf die Jagd nähmen, wo sie doch nur störten, nämlich nach fünf Minuten anfingen zu quengeln.

Hier, erklärt der Freund, habe der Bio-Zisch-Mann eine letzte Chance gehabt, die Sache wie ein Vernunftwesen zu regeln. Er hätte bloß mit dem Kind vor die Tür treten müssen. Seine Frau hätte dem Elternabend folgen können, und Bio-Zisch-Mann und Kind wären auf dem Schulflur eine Weile auf und ab spaziert. Dann, folgerte der Freund, hätte der Bio-Zisch-Mann aber gleich zuhause bleiben können und hätte außerdem die Gelegenheit versäumt, sich als engagierter Vater zu produzieren.

„Es ist heutzutag’ was Schändliches um die Mannsbilder!“ Oskar Maria Graf, 1928 

Der Bio-Zisch-Mann also sei mit dem quengelnden Kind im Klassenzimmer herumspaziert, wobei sich das Quengeln des Kindes mit dem Quietschen des Schuhwerks vom Bio-Zisch-Mann vermischt habe: Quengel – quietsch, quengel – quietsch, quengel – quietsch. Die Lehrkraft habe natürlich nicht eingegriffen, ein Angriff auf patente Väter mit ausdrücklichen Prioritäten sei ja heutzutage ausgeschlossen, und tatsächlich den ganzen Elternabend hindurch sei also der Bio-Zisch-Mann mit dem Kind auf dem Arm herumgerannt, auch als das Kind längst eingeschlafen gewesen sei, aber der Bio-Zisch-Mann sei freilich prophylaktisch weitermarschiert, es habe, quietsch, ja auch viel besser geklungen so, und ein Elternabend sei dann auch nicht so langweilig.

Zwischendurch sei der Bio-Zisch-Mann samt Kind an seinen Rucksack und habe, für alle gut sichtbar, eine ökologisch unbedenkliche Flasche Bio-Zisch-Limonade entnommen und diese dann im Stehen ausgetrunken. Überhaupt, müsse er, der Freund, feststellen, sei es Erwachsenen, wie es aussehe, keinesfalls mehr möglich, 45 Minuten Elternabend ohne stärkendes Getränk zu verbringen, noch im kühlen Februar nicht, die Gefahr der Dehydrierung sei wohl einfach viel zu groß, weshalb alle oder doch die meisten oder immerhin viele an ihren Getränkeflaschen herumgenuckelt hätten, zumal das übliche Quartierspersonal, es bestehe da natürlich immer derselbe Zusammenhang. Eine Dreiviertelstunde ohne Konsumakt und/oder Sorge um sich sei in gewissen Milieus nicht mehr vorgesehen, schloss der Freund, wobei er, der Freund, diese Ökowindeln natürlich ebenfalls kaufe, auf denen stehe: Happy baby, happy planet.

Dass wer noch an die umgekehrte Möglichkeit glaube, könne man womöglich ausschließen.




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Briefe an die Leser

 Sie, Victoria Beckham,

Sie, Victoria Beckham,

behaupteten in der Netflix-Doku »Beckham«, Sie seien »working class« aufgewachsen. Auf die Frage Ihres Ehemanns, mit welchem Auto Sie zur Schule gefahren worden seien, gaben Sie nach einigem Herumdrucksen zu, es habe sich um einen Rolls-Royce gehandelt. Nun verkaufen Sie T-Shirts mit dem Aufdruck »My Dad had a Rolls-Royce« für um die 130 Euro und werden für Ihre Selbstironie gelobt. Wir persönlich fänden es sogar noch mutiger und erfrischender, wenn Sie augenzwinkernd Shirts mit der Aufschrift »My Husband was the Ambassador for the World Cup in Qatar« anbieten würden, um den Kritiker/innen so richtig den Wind aus den Segeln zu nehmen.

In der Selbstkritik ausschließlich ironisch: Titanic

 Du, »Brigitte«,

füllst Deine Website mit vielen Artikeln zu psychologischen Themen, wie z. B. diesem hier: »So erkennst Du das ›Perfect-Moment -Syndrom‹«. Kaum sind die ersten Zeilen überflogen, ploppen auch schon die nächsten Artikel auf und belagern unsere Aufmerksamkeit mit dem »Fight-or-Flight-Syndrom«, dem »Empty-Nest-Syndrom«, dem »Ritter-Syndrom« und dem »Dead- Vagina-Syndrom«. Nun sind wir keine Mediziner/innen, aber könnte es sein, Brigitte, dass Du am Syndrom-Syndrom leidest und es noch gar nicht bemerkt hast? Die Symptome sprechen jedenfalls eindeutig dafür!

Meinen die Hobby-Diagnostiker/innen der Titanic

 Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

als Ihr eine Folge Eures Pärchenpodcasts »Feel the News« mit »Das Geld reicht nicht!« betiteltet. Da fragten wir uns, was Ihr wohl noch haben wollt: mehr Talkshowauftritte? Eine Homestory in der InTouch? Doch dann hörten wir die ersten zwei Minuten und erfuhren, dass es ausnahmsweise nicht um Euch ging. Ganz im Sinne Eures Formats wolltet Ihr erfühlen, wie es ist, Geldsorgen zu haben, und über diese Gefühle dann diskutieren. Im Disclaimer hieß es dann noch, dass Ihr ganz bewusst über ein Thema sprechen wolltet, das Euch nicht selbst betrifft, um dem eine Bühne zu bieten.

Ihr als Besserverdienerpärchen mit Loft in Prenzlauer Berg könnt ja auch viel neutraler und besser beurteilen, ob diese Armutsängste der jammernden Low Performer wirklich angebracht sind. Leider haben wir dann nicht mehr mitbekommen, ob unser Gefühl, Geldnöte zu haben, berechtigt ist, da wir gleichzeitig Regungen der Wohlstandsverwahrlosung und Realitätsflucht wahrnahmen, die wir nur durch das Abschalten Eures Podcasts loswerden konnten.

Beweint deshalb munter weiter den eigenen Kontostand: Titanic

 Also wirklich, »Spiegel«!

Bei kleinen Rechtschreibfehlern drücken wir ja ein Auge zu, aber wenn Du schreibst: »Der selbst ernannte Anarchokapitalist Javier Milei übt eine seltsame Faszination auf deutsche Liberale aus. Dabei macht der Rechtspopulist keinen Hehl daraus, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, obwohl es korrekt heißen müsste: »Weil der Rechtspopulist keinen Hehl daraus macht, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, müssen wir es doch anmerken.

Fasziniert von so viel Naivität gegenüber deutschen Liberalen zeigt sich

Deine Titanic

 Grunz, Pigcasso,

malendes Schwein aus Südafrika! Du warst die erfolgreichste nicht-menschliche Künstlerin der Welt, nun bist Du verendet. Aber tröste Dich: Aus Dir wird neue Kunst entstehen. Oder was glaubst Du, was mit Deinen Borsten geschieht?

Grüße auch an Francis Bacon: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt
08.04.2024 Oldenburg, Theater Laboratorium Bernd Eilert mit Klaus Modick