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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Die Freuden der Pflicht

Eigentlich mag ich Überraschungen nicht so sehr, was mit einer milden Form von Kontrollbedarf zusammenhängt. Lebenskunst gehört nicht zu meinen Talenten; ich möchte wissen, was passiert.

Es gibt freilich Ausnahmen; denn was den deutschen Leitartikel im Regelfall so trübe macht, ist seine Überraschungslosigkeit. Polen möchte (und sei’s aus öd innenpolitischen Gründen) Reparationen von Deutschland für die beispiellosen Schäden, die der Rechtsvorgänger der Bundesrepublik Deutschland im Zweiten Weltkrieg angerichtet hat; ein wissenschaftliches Gutachten des polnischen Parlaments sieht polnische Ansprüche noch offen, die deutsche Seite hält sie, was wunder, für erledigt. Was meint die freie Presse? Überraschung: „Zwei Antworten gibt es darauf: eine juristische und eine politisch-moralische. Die juristische ist einfach: Der Anspruch auf Reparationen ist erloschen. Denn zur Entschädigung für die Besatzung, Zerstörung und Plünderung des Nachbarlandes hat Deutschland seine Gebiete östlich der Flüsse Oder und Neiße an Polen übergeben müssen, wodurch Millionen Deutsche Heimat, Hab und Gut verloren. Zudem hat die polnische Regierung 1953 auf die Zahlung weiterer Reparationen verzichtet. Jetzt behauptet Warschau, dies sei unwirksam gewesen, weil Polen damals unter Kuratel der Sowjetunion gestanden habe. Folgt man dem, müßte man alle Verträge der früheren Warschauer-Pakt-Staaten für nichtig erklären. Davon kann im Völkerrecht keine Rede sein.“

In der neutralen „Neuen Zürcher“ steht dasselbe; na sagen wir, fast: „Außerdem schlugen die Siegermächte die deutschen Ostgebiete damals Polen zu – ein bedeutender Wert, wobei das Land allerdings sein eigenes östliches Staatsgebiet an die Sowjetunion abtreten mußte“, weswegen man die Sache „Westverschiebung“ nannte und der Zugewinn nicht so sagenhaft war, wie der reichsdeutsche Leitartikel das gern hätte; der sonst auch nicht müde wird zu wiederholen, daß die Polen (wie die Ostdeutschen) 40 Jahre lang unter der sowjetischen Fuchtel zu leiden hatten, aber wenn die Polen dann kommen und sagen: Wir konnten nicht frei entscheiden!, kann davon im Völkerrecht keine Rede sein.

„Seine Pflicht erkennen und tun, das ist die Hauptsache.“ Friedrich II. von Preußen, o.J.

Das Ende der Reparationen kam nicht etwa, weil alle Schäden bezahlt gewesen wären, es kam, weil der Kalte Krieg eine Schwächung der jeweiligen deutschen Satelliten nicht mehr erlaubte. Bis dahin hatte, nebenbei und wenn wir Wikipedia trauen wollen, die SBZ/DDR praktisch ganz allein für alles geradegestanden: „Als die Reparationen 1953 für beendet erklärt wurden, hatte die SBZ/DDR die höchsten im 20. Jahrhundert bekanntgewordenen Reparationsleistungen erbracht. Die Reparationen der DDR betrugen insgesamt 99,1 Mrd. DM (zu Preisen von 1953) – die der Bundesrepublik Deutschland demgegenüber 2,1 Mrd. DM (zu Preisen von 1953). Die DDR/SBZ trug damit 97–98 % der Reparationslast Gesamtdeutschlands – pro Person also das 130fache“, was die westdeutsche Selbstherrlichkeit in punkto Systemüberlegenheit vielleicht ein wenig trüben könnte. „Beim Londoner Schuldenabkommen wurde 1953 die Verrechnung aller bislang entnommenen Reparationen ausgeschlossen: Sie seien geringfügig angesichts der möglichen Reparationsforderungen, und die deutsche Seite sei gut beraten, die Frage der Reparationen ruhen zu lassen“ (ebd.).

Das denken wir uns, trotz der 100 Milliarden Mark, die aus Ostdeutschland an die Sowjetunion gingen, die sich im Potsdamer Abkommen verpflichtet hatte, die Reparationsansprüche Polens aus dieser Summe mitzudecken; und wenn aber jemand kommt, aus Polen oder Griechenland, und möchte sie nicht ruhen lassen, dann kommt, anders als üblich, erst die Moral und dann das Fressen: „Moralisch steht Deutschland … bei den Polen in der Schuld. Die Verbrechen der Nazis“, natürlich, „die Millionen Polen das Leben kosteten, haben das Land ausgeblutet und“, dies das eigentliche Unglück, „dazu geführt, daß es unter das Joch der Sowjetunion geriet. Daher steht Deutschland besonders in der Pflicht, sich für die Freiheit Polens einzusetzen.“ Usw.

Eine Pflicht, der wir uns um so lieber stellen, als sie so angenehm preisgünstig ist. Den Stefan Ulrich (SZ) bezahlen wir doch aus der Westentasche.




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Briefe an die Leser

 Boah ey, Natur!

»Mit der Anpflanzung von Bäumen im großen Stil soll das Klima geschützt werden«, schreibt der Spiegel. »Jetzt zeigen drei Wissenschaftlerinnen in einer Studie: Die Projekte können unter Umständen mehr schaden als nützen.« Konkret sei das Ökosystem Savanne von der Aufforstung bedroht. Mal ganz unverblümt gefragt: Kann es sein, liebe Natur, dass man es Dir einfach nicht recht machen kann? Wir Menschen bemühen uns hier wirklich um Dich, Du Diva, und am Ende ist es doch wieder falsch!

Wird mit Dir einfach nicht grün: Titanic

 Und übrigens, Weltgeist …

Adam Driver in der Rolle des Enzo Ferrari – das ist mal wieder großes Kino!

Grazie mille von Titanic

 Mmmmh, Thomas de Maizière,

Mmmmh, Thomas de Maizière,

über den Beschluss der CDU vom Dezember 2018, nicht mit der Linkspartei oder der AfD zusammenzuarbeiten, an dem Sie selbst mitgewirkt hatten, sagten Sie bei Caren Miosga: »Mit einem Abgrenzungsbeschluss gegen zwei Parteien ist keine Gleichsetzung verbunden! Wenn ich Eisbein nicht mag und Kohlroulade nicht mag, dann sind doch nicht Eisbein und Kohlroulade dasselbe!«

Danke für diese Veranschaulichung, de Maizière, ohne die wir die vorausgegangene Aussage sicher nicht verstanden hätten! Aber wenn Sie schon Parteien mit Essen vergleichen, welches der beiden deutschen Traditionsgerichte ist dann die AfD und welches die Linke? Sollte Letztere nicht eher – zumindest in den urbanen Zentren – ein Sellerieschnitzel oder eine »Beyond Kohlroulade«-Kohlroulade sein? Und wenn das die Alternative zu einem deftigen Eisbein ist – was speist man bei Ihnen in der vermeintlichen Mitte dann wohl lieber?

Guten Appo!

Wünscht Titanic

 Wie bitte, Extremismusforscher Matthias Quent?

Im Interview mit der Tagesschau vertraten Sie die Meinung, Deutschland habe »viel gelernt im Umgang mit Hanau«. Anlass war der Jahrestag des rassistischen Anschlags dort. Das wüssten wir jetzt aber doch gern genauer: Vertuschung von schrecklichem Polizeiverhalten und institutionellem Rassismus konnte Deutschland doch vorher auch schon ganz gut, oder?

Hat aus Ihren Aussagen leider wenig gelernt: Titanic

 Apropos: ¡Hola bzw. holla, spanischer Priester!

Du hast Dir die Worte aus dem Matthäusevangelium »Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach« zu sehr zu Herzen genommen und in Deiner Gemeinde in der Kleinstadt Don Benito einen regen Handel mit Potenzmitteln betrieben. Für diesen nach weltlichem Ermessen offensichtlichen Sündenfall musst Du Dich nun vor einem irdischen Gericht verantworten.

Uns ist zwar nicht bekannt, ob Du Dich gegenüber Polizei und Justiz bereits bußfertig gegeben hast oder weiterhin auf das Beichtgeheimnis berufst. Angesichts der laut Zeugenaussagen freudigen Erregung Deiner überalterten Gemeindemitglieder beim Geläut der Glocken sowie ihres Durchhaltevermögens bei den nicht enden wollenden Eucharistiefeiern inklusive Rumgeorgel, Stoßgebeten und orgiastischer Gottesanrufungen sprechen alle Indizien aber ohnehin gegen Dich!

Bleibt auch ganz ohne künstliche Stimulanzien weiter standfest im Nichtglauben: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg