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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Absolut

Meine Lieblingshaßvokabeln sind ja bekannt, und ich hoffe, es ist nachvollziehbar, wenn ich sie mir hier sparen will; es geht ja schließlich massiv weiter.

„Welche Maschine macht den perfekten Espresso?“ will FAZ.net von mir wissen, das „perfekte Dinner“ gibt es auf Vox auch schon eine Zeitlang, „die perfekte Pizza“ kreierte Galileo bereits im Februar; und bin ich noch bereit zu glauben, es gebe beim Basketball den „perfekten Wurf“ (von Dirk Nowitzki nämlich), glaube ich an www.perfekte-kreuzfahrten.de schon wieder gar nicht, es sei denn, sie finden in einem Roman von Frank Schulz statt.

Daß wir in einer Leistungsgesellschaft lebten, sei nun mal „ein Fakt“, hat W. Kretzschmann in meiner Morgenzeitung gesagt, und die Erkenntnis, daß zu einer solchen das Beiwort perfekt perfekt paßt, wird niemanden erschüttern. Spannend wird es, wenn solche gewissermaßen systemischen Vokabeln in die Gebrauchsrede eingehen, also augen- und ohrenfällig wird, was Kraus ohnehin vermutete: daß die Leute nicht die Sprache sprechen, sondern andersherum.

Denn ein Autor, eine Autorin von z.B. Kinderbüchern würde doch sicher den Teufel tun, bewußt Vokabeln aus der Privatfernseh- und Verwertungssprache zu verwenden; das setzt aber voraus, daß diese Wahl noch besteht, und wenn ich, umständehalber von Kleinkinderbüchern umgeben, das beurteilen soll, tut sie das nicht mehr. Eine Kuh will Ferien machen und sucht einen Platz dafür, „da fiel ihr Blick plötzlich … auf das perfekte Urlaubsziel!“ Im ursprünglich australischen „Tagebuch eines Wombats“ findet selbiges erst „das perfekte Staubbad“, dann „die perfekte Kratzstelle“ – das ist, ob in Australien oder hier, die Sprache der Werbung, die sich körper- bzw. hirnfressend ihre Wirte gesucht hat; und daß diese Klempererschen Niedrigdosen irgendwann ihre Wirkung entfalten, bestätigt sich spätestens bei der nächstbesten Fußballübertragung, wo sich Matthias „Opdi“ Opdenhövels (ARD) berufstypische Neigung zur Affirmation nicht mal mehr durch Jasagen äußert, sondern durch stures „absolut, absolut!“. (Auch hier sei Ko-Kommentator Mehmet Scholl gepriesen: Er phrast nicht. Er stammelt manchmal, sucht nach Worten; aber das ist allemal und absolut besser, als sie immer schon bereit zu haben.)

„Nur, was sie nicht erst zu verstehen brauchen, gilt ihnen für verständlich; nur das in Wahrheit Entfremdete, das vom Kommerz geprägte Wort berührt sie als vertraut. Weniges trägt so sehr zur Demoralisierung der Intellektuellen bei.“ Adorno, 1945

Die Automatensprache von Sportreportern ist leicht abzutun; aber das sind Leute mit Abitur, und das Schlimme ist nicht, daß sie so reden, sondern daß im Fortgang alle so reden; daß es aus ihnen herausredet; daß selbst studierte Menschen (und solche, die berufsmäßig mit Sprache arbeiten) nicht darüber nachdenken, was sie sagen, kein Gefühl mehr dafür besitzen, wie die Phrase Wirklichkeit formt, und nicht zum Besseren. „Oliver Kahn: Du mußt permanent in Topform sein“ (Gala) bzw. „Oliver Kahn: Du mußt loslassen können“ (Bunte), und ob ich das alles muß, wäre ja eigentlich meine Angelegenheit; wie die Verwandlung von Heideggers „man“ ins viel aggressivere, ungleich suggestivere „du“ die Diagnose bestätigt, wonach Phrase und (hier: kapitalistische) Parole eins sind. Und natürlich ist diese Form des unbedingt unfreundschaftlichen Geduzes längst bei den Reportern angekommen, die sie gern multiplizieren: Ja, nach so einem Gegentor, da mußt du stark sein, mußt du alles geben …

So spricht es aus Idioten. Und was immer hier spricht: es hat nichts Menschliches.




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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Persönlich, Ex-Bundespräsident Joachim Gauck,

nehmen Sie inzwischen offenbar alles. Über den russischen Präsidenten sagten Sie im Spiegel: »Putin war in den Achtzigerjahren die Stütze meiner Unterdrücker.« Meinen Sie, dass der Ex-KGBler Putin und die DDR es wirklich allein auf Sie abgesehen hatten, exklusiv? In dem Gespräch betonten Sie weiter, dass Sie »diesen Typus« Putin »lesen« könnten: »Ich kann deren Herrschaftstechnik nachts auswendig aufsagen«.

Allerdings hielten Sie sich bei dessen Antrittsbesuch im Schloss Bellevue dann »natürlich« doch an die »diplomatischen Gepflogenheiten«, hätten ihm aber »schon zu verstehen gegeben, was ich von ihm halte«. Das hat Putin wahrscheinlich sehr erschreckt. So richtig Wirkung entfaltet hat es aber nicht, wenn wir das richtig lesen können. Wie wär’s also, Gauck, wenn Sie es jetzt noch mal versuchen würden? Lassen Sie andere Rentner/innen mit dem Spiegel reden, schauen Sie persönlich in Moskau vorbei und quatschen Sie Putin total undiplomatisch unter seinen langen Tisch.

Würden als Dank auf die Gepflogenheit verzichten, Ihr Gerede zu kommentieren:

die Diplomat/innen von der Titanic

 Wie bitte, Extremismusforscher Matthias Quent?

Im Interview mit der Tagesschau vertraten Sie die Meinung, Deutschland habe »viel gelernt im Umgang mit Hanau«. Anlass war der Jahrestag des rassistischen Anschlags dort. Das wüssten wir jetzt aber doch gern genauer: Vertuschung von schrecklichem Polizeiverhalten und institutionellem Rassismus konnte Deutschland doch vorher auch schon ganz gut, oder?

Hat aus Ihren Aussagen leider wenig gelernt: Titanic

 Wow, Instagram-Kanal der »ZDF«-Mediathek!

In Deinem gepfefferten Beitrag »5 spicy Fakten über Kim Kardashian« erfahren wir zum Beispiel: »Die 43-Jährige verdient Schätzungen zufolge: Pro Tag über 190 300 US-Dollar« oder »Die 40-Jährige trinkt kaum Alkohol und nimmt keine Drogen«.

Weitergelesen haben wir dann nicht mehr, da wir uns die restlichen Beiträge selbst ausmalen wollten: »Die 35-Jährige wohnt nicht zur Miete, sondern besitzt ein Eigenheim«, »Die 20-Jährige verzichtet bewusst auf Gluten, Laktose und Pfälzer Saumagen« und »Die 3-Jährige nimmt Schätzungen zufolge gerne das Hollandrad, um von der Gartenterrasse zum Poolhaus zu gelangen«.

Stimmt so?

Fragen Dich Deine Low-Society-Reporter/innen von Titanic

 Hey, »Zeit«,

Deine Überschrift »Mit 50 kann man noch genauso fit sein wie mit 20«, die stimmt vor allem, wenn man mit 20 bemerkenswert unfit ist, oder?

Schaut jetzt gelassener in die Zukunft:

Deine Titanic

 Du, »Brigitte«,

füllst Deine Website mit vielen Artikeln zu psychologischen Themen, wie z. B. diesem hier: »So erkennst Du das ›Perfect-Moment -Syndrom‹«. Kaum sind die ersten Zeilen überflogen, ploppen auch schon die nächsten Artikel auf und belagern unsere Aufmerksamkeit mit dem »Fight-or-Flight-Syndrom«, dem »Empty-Nest-Syndrom«, dem »Ritter-Syndrom« und dem »Dead- Vagina-Syndrom«. Nun sind wir keine Mediziner/innen, aber könnte es sein, Brigitte, dass Du am Syndrom-Syndrom leidest und es noch gar nicht bemerkt hast? Die Symptome sprechen jedenfalls eindeutig dafür!

Meinen die Hobby-Diagnostiker/innen der Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt
20.04.2024 Itzehoe, Lauschbar Ella Carina Werner
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt