Aus Eugen Egners Püppchenstudio
Malen ohne Lampe
Langeweile
Im Schlafanzug ging ich zur Wohnung nebenan und klingelte. Als die Nachbarin öffnete und mich erstaunt ansah, sagte ich: „Ich langweile mich.“
„Sie können mit mir fernsehen“, lautete der Vorschlag der Frau. Fernsehen! Was wurde da verhandelt! Man machte viel Aufhebens um die Quadergeburt von Waldbröl, dann war von einer Ratlosigkeitsschleife die Rede, in der der moderne Mensch gefangen sei, und irgendwann trat ein Mann namens Schmidt auf, der machte für sehr viel Geld Gesäßgrimassen. „Schalten Sie das bloß aus!“ verlangte ich, doch die Nachbarin antwortete mit einem schneidenden „Still!“
Ich, dessen Lebensmitteleinkäufe Legende sind, mußte mir weiterhin all diesen Unrat gefallen lassen. Ich wand mich vor Langeweile. Als nächstes kam ein Film mit ausgedachter Handlung. Auch wieder langweilig! Ich konnte nicht an mich halten und redete dazwischen: „Wenn ich einen Film drehen müßte, dann über Menschen, die unsichtbar werden, sobald sie einschlafen. Das wäre etwas ganz Seltenes. Ich überlege, ob diese Menschen nicht auch unsichtbar würden, wenn sie in Ohnmacht fielen. Was wäre bei Vollnarkose? Wie soll man Personen operieren, die unsichtbar sind? ‒ Das wäre ein interessantes Thema!“
Die Nachbarin schlug mit einem Stock nach mir. Als dann im Fernsehen gesungen wurde, versuchte ich verzweifelt, mir die Schallwellen vom Leibe zu halten. Ganz dumpf hörte ich noch, wie die Nachbarin mich geradezu feindselig anherrschte: „Mein Gott, wie kann ein Mensch nur versuchen, sich seinen Schlafanzug in die Ohren zu stopfen!“
(Manuskript bricht vor Langeweile ab.)
Malen mit Lampe
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