Humorkritik | Dezember 2013

Dezember 2013

Better call Bob

Eine gern genutzte Möglichkeit, zur Cash cow gewordene TV-Serien auch noch nach deren Tod abzumelken, besteht darin, einem beliebten Ensemble-Mitglied eine eigene Show zu geben. Solche Spin-offs können funktionieren (»Frasier« nach »Cheers«) oder scheitern (»Joey« nach »Friends«) – ob dem kürzlich angekündigten »Breaking Bad«-Ableger »Better Call Saul« ähnlicher Erfolg wie der Mutterserie beschieden sein wird, bleibt abzuwarten. Zumindest sähe ich von Bob Odenkirk, der den titelgebenden Winkeladvokaten Saul Goodman verkörpert, gerne mehr.

Odenkirk hat sich über Jahrzehnte hinweg als komischer Autor und Performer einen Namen gemacht. Nach längerer Autorentätigkeit für »Saturday Night Live« und einigen Bühnenauftritten bekam er 1995 seine erste eigene TV-Serie. »Mr. Show« hieß die HBO-Sketchreihe, die inzwischen einen gewissen Kultstatus genießt und die man sich vollständig auf Youtube anschauen kann. In ihren besten Momenten wirkt »Mr. Show« wie ein unehelicher, leicht debiler Sohn von »Mad TV« und »Monty Python’s Flying Circus«. Vor allem ist die Show, die es auf immerhin vier Staffeln, 33 Episoden und vier Emmy-Nominierungen gebracht hat, nicht ohne historisches Verdienst, machten doch hier zahlreiche Vertreter der heutigen US-Humorgarde wie Sarah Silverman und Jack Black frühe Gehversuche. An Odenkirks Seite moderierte übrigens durchgängig David Cross, der später als schwergestörter »Therapist« Tobias Fünke in »Arrested Development« brillierte.

Im Herbst 2013 starteten Cross und Odenkirk eine gemeinsame Reunion-Tournee, um ihr Buch »Hollywood Said No!« (Grand Central Publishing) zu bewerben, in welchem abgelehnte Drehbücher und Storyboards der beiden enthalten sind. Für die Zeit nach der Tour war ein Remake von »Mr. Show« geplant. War. Statt dessen gibt’s nun also »Better Call Saul«. Wie gesagt: Ich habe eine gewisse Vorfreude, doch ob man dem windigen Anwalt über mehrere Jahre und außerhalb eines düster-bedrohlichen Plots mit sprachlos machenden Wendungen zusehen mag, kann ich Ihnen erst in einem Jahr sagen.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ach, Scheuer-Andi,

wie der Spiegel meldet, wird niemand für Sie in den Bundestag nachrücken. Da scheinen die Fußstapfen wohl einfach zu groß zu sein.

Die Besten gehen immer zu früh …

Weiß Titanic

 Ganz schön unentspannt, Giorgia Meloni!

Ganz schön unentspannt, Giorgia Meloni!

Nachdem Sie eine Klage wegen Rufschädigung eingereicht haben, wird nun voraussichtlich ein Prozess gegen den britischen Rockstar Brian Molko eingeleitet. Dieser hatte Sie bei einem Konzert seiner Band Placebo in Turin als Nazi und Faschistin bezeichnet.

Wir finden, da könnten Sie sich mal etwas lockermachen. Wer soll denn bitte noch durchblicken, ob Sie gerade »Post-«, »Proto-« oder »Feelgood-« als Präfix vor »Faschistin« bevorzugen? Und: Wegen solcher Empflichkeiten gleich vor Gericht zu gehen, kostet die Justiz so viel wertvolle Zeit. Die könnte sie doch auch nutzen, um Seenotretter/innen dingfest zu machen oder kritische Presse auszuschalten. Haben Sie darüber schon mal nachgedacht, Sie Snowflake?

Schlägt ganz gelassen vor: Titanic

 Ah, »Galileo«!

Über die Arbeit von Türsteher/innen berichtest Du: »Viele Frauen arbeiten sogar als Türsteherinnen«. Wir setzen noch einen drauf und behaupten: In dieser Branche sogar alle!

Schmeißen diese Erkenntnis einfach mal raus:

Deine Pointen-Bouncer von Titanic

 Ganz schön kontrovers, James Smith,

was Du als Mitglied der britischen Band Yard Act da im Interview mit laut.de vom Stapel gelassen hast. Das zu Werbezwecken geteilte Zitat »Ich feiere nicht jedes Cure-Album« hat uns jedenfalls so aufgewühlt, dass wir gar nicht erst weitergelesen haben.

Wir mögen uns nicht ausmalen, zu was für heftigen Aussagen Du Dich noch hast hinreißen lassen!

Findet, dass Provokation auch ihre Grenzen haben muss: Titanic

 Weiter so, uruguayischer Künstler Pablo Atchugarry!

Eine angeblich von Ihnen geschaffene Bronzeskulptur im englischen Cambridge soll an Prinz Philip erinnern, der dort von 1977 bis 2011 Kanzler der Universität war. Allerdings wird das Kunstwerk, das im Auftrag eines reichen Bauträgers angefertigt wurde, von vielen als verunglückt empfunden und zieht seit nunmehr zehn Jahren Spott auf sich.

Dass Sie mittlerweile die Urheberschaft leugnen, um Ihr Renommee als Künstler zu schützen, ist zwar verständlich, aber aus unserer Sicht völlig unnötig. Wenn sich das Konzept durchsetzt, lästige Promis, die uns über Jahrzehnte viel Zeit, Geld und Nerven gekostet haben, mit langlebigen Schrott-Monumenten zu schmähen, werden Sie sich vor Aufträgen bald kaum noch retten können. Und das Beste: Weil andere Großkopferte sich mit ihren Eskapaden zurückhalten würden, um nicht von Ihnen verewigt zu werden, sorgten Sie auch noch für Ruhe und gesellschaftlichen Frieden.

Hofft, dass dieser Vorschlag einen Stein ins Rollen bringt: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Tödliche Pilzgerichte (1/1)

Gefühlte Champignons.

Lukas Haberland

 In Würde altern

Früher hätte mich der riesige Pickel mitten auf meinem Hals stark gestört. Heute trage ich den wohl niedlichsten ausgeprägten Adamsapfel, den die Welt je gesehen hat, mit großem Stolz ein paar Tage vor mir her.

Ronnie Zumbühl

 Mitgehört im Zug

»Prostitution ist das älteste Gewerbe der Welt!« – »Ja, aber das muss es ja nicht bleiben.«

Karl Franz

 Nicht lustig, bloß komisch

Während ich früher schon ein kleines bisschen stolz darauf war, aus einer Nation zu stammen, die mit Loriot und Heinz Erhardt wahre Zen-Meister der Selbstironie hervorgebracht hat, hinterfrage ich meine humoristische Herkunft aufgrund diverser Alltagserfahrungen jetzt immer öfter mit Gedanken wie diesem: Möchte ich den Rest meines Lebens wirklich in einem Land verbringen, in dem man während seiner Mittagspause in ein Café geht, das vor der Tür vollmundig mit »leckerem Hunde-Eis« wirbt, und auf seine Bestellung »Zwei Kugeln Labrador und eine Kugel Schnauzer« statt des fest eingeplanten Lachers ein »RAUS HIER!« entgegengebrüllt bekommt?

Patric Hemgesberg

 Gute Nachricht:

Letzte Woche in der Therapie einen riesigen Durchbruch gehabt. Schlechte Nachricht: Blinddarm.

Laura Brinkmann

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hannover, TAK Ella Carina Werner
01.05.2024 Berlin, 1.-Mai-Fest der PARTEI Martin Sonneborn mit Sibylle Berg