Humorkritik | Dezember 2013
Dezember 2013
Bruchware
Was ist eigentlich, wie man sich als Humorbetrachter doch gelegentlich fragen muß, aus der guten alten spitzen Feder geworden, aus der spitzen Feder, die dank heiterer Lupe zur feinen Klinge wird – führt bzw. schwingt sie noch jemand? Hat noch einer genügend Schalk im Nacken, um seinen Lesern den Spiegel vorzuhalten? Auf daß sich der Leser so köstlich amüsiert, bis ihm hie und da das Lachen im Halse stecken bleibt? Aber sicher! Und wie!
Berthold Kohler, der Politik-Herausgeber der FAZ, hält in der »Fraktur« genannten Sprachglosse seiner Zeitung diese Tradition am Leben: »Nimmt man die Rücktrittserklärung der ehemaligen Kieler Oberbürgermeisterin ernst«, schreibt er etwa Anfang November über Susanne Gaschke – und man ahnt schon: Da kommt doch gleich eine kleine Spitze! Und wird nicht enttäuscht: »… was wir natürlich tun…«. Herrlich subtil! Weiß doch ein jeder: Diese Gaschke ist so lächerlich, daß es schon einer zusätzlichen Versicherung bedarf, um sie und ihre Erklärung ernst nehmen zu können.
So meisterlich ironisch geht es immer weiter im Text: »… dann muß es da oben im Norden immer noch zugehen wie in der Steinzeit« – i.e.: tut es natürlich nicht. »Dann hat eine Horde hormontriefender Troglodyten…« – nicht verstanden? Dann erklärt Ihnen Kohler gerne den Witz: »Die SPD ist in der Tat die älteste Partei Deutschlands«. Danke! Aber worauf will er hinaus? »Dann hat eine Horde hormontriefender Troglodyten … verhindert, daß eine aufgeklärte Frau wenigstens die Kieler Kommunalpolitik ins 21. Jahrhundert führt« – ach so: die Männer wieder (bzw. die Frauen also!). »An diesem Befund kann es keinen Zweifel geben…« – oder am Ende doch? »Denn kaum jemand kennt die dortigen Verhältnisse so gut wie das langjährige SPD-Mitglied Gaschke« – außer vielleicht B. Kohler. »Sie hat ihre Partei schon, als sie noch Journalistin sein wollte« – sein wollte, hoho!, »so gründlich durchleuchtet, daß man sich ohnehin fragte, warum sie sich das antat.« Spüren Sie ihn auch, den Gegenwind, der aus diesen Zeilen pfeift? Erzeugt ihn Kohlers aufrechte Haltung gegen den herrschenden linken Mainstream oder einfach sein unablässiges Augenzwinkern?
Wer nun glaubt, der konservative Glossist habe bei der Restauration des Humorhandwerks von vorvorgestern nur ein Werkzeug zur Hand, der irrt. Neben der klassischen Ironie der Prägung »Das Gegenteil von dem meinen, was man sagt« kann er auch noch Metaphern ausweiden wie ein Angler den Fisch: »Kiel aber scheint sogar noch aus Sprotten Piranhas zu machen, die haßerfüllt nach jeder Regenbogenforelle schnappen, die zu ihnen ins Becken hüpft, um dort einen forelligeren Umgang miteinander einzuführen« – nicht verstanden? Kohler erklärt Ihnen gerne auch diesen Witz: »Auch die Forelle, das wollen wir nicht vergessen, ist freilich ein Raubfisch.« Freilich! Und der Kohler selbst, das wollen wir nie vergessen, ist so bissig wie ein Piranha und so heiter wie eine Forelle, die in der Tat nicht nur gegen den Strom schwimmt, sondern auch noch fröhlich dabei springt.
Kann bitte einer Berthold Kohler fangen und in seine Zeitung einwickeln?