Humorkritik | August 2013
August 2013

Komische Preise
Es hat mich einerseits überrascht, daß in diesem Jahr gleich zwei Auszeichnungen, die sonst meist ernstgemeinten Produktionen zugestanden werden, an Filme vergeben wurden, deren Wirkung auf eher komischen Momenten beruht: Für »Argo« gab es drei Academy Awards, unter anderem in der Königskategorie »Bester Film«. »Argo« ist seiner Struktur nach eine Komödie, und wenn nur die Hälfte der gezeigten Ereignisse auf einer »wahren Geschichte« basieren, hat das Leben in diesem Fall in die komische Klamottenkiste gegriffen – nicht ganz so konsequent wie etwa Lubitsch in »Sein oder Nichtsein«, aber doch so schön tief, daß eine ansehnliche Verbindung aus wahnwitzigen und hochspannenden Elementen herausgekommen ist.
Gleich sechs deutsche Filmpreise – »Bester Film« inklusive – hat die Low-Budget-Produktion »Oh Boy« bekommen und verdient. Hier ist es weniger die Struktur – eine Art Roadmovie ohne größere Bewegung – als die Dialogführung, die aus dieser Nummernrevue etwas Erfreuliches macht: Ohne dezidiert auf Pointen zu setzen, schlingern die Szenen zwischen Situationspeinlichkeit und Wortwitz. Verglichen mit der ernstzunehmenden Konkurrenz waren beide Filme aller Ehren wert.
Überrascht hat es mich andererseits – wenn man die Namen der bisherigen Preisträger liest – nicht, daß im September nun einer der wenigen Preise, die schon durch den Namenspatron ins komische Fach gehören sollten, an Autoren vergeben wird, die dieser Richtung relativ fernstehen. Daß der Robert-Gernhardt-Preis 2013 an Ricarda Junge und Paulus Böhmer geht, als ausgleichende Gerechtigkeit zu sehen, fällt mir indes schwer. Sollte sich denn niemand finden lassen, der, wenn schon nicht dem Vermögen nach, so doch wenigstens in seinen Absichten dem so verewigten Kollegen etwas näher käme? Der also wenigstens den Versuch unternimmt, sein Publikum zum Lachen zu bringen? Von Gernhardtscher Treffsicherheit mag ich gar nicht reden.
Falls Ihnen die Namen der Preisträger nichts sagen: Paulus Böhmer ist ein in Ämtern ergrauter Frankfurter Lyriker und Literaturfunktionär, Ricarda Junge schreibt Prosa, die schon einmal als »traurig« empfunden wird. Sie selbst hat dazu gesagt: »Ach, ich bin überrascht, daß das Feedback zu dem Buch ist, es sei ein trauriges Buch. Ich würde eher sagen, es ist ein melancholisches Buch. Eine gewisse Melancholie schwingt da mit.«
Das kann ich hier nur unterschreiben: Traurig würde ich diese Auswahl nicht nennen, aber eine gewisse Melancholie schwingt da mit.