Humorkritik | August 2013
August 2013

Kebekus
Und dann war da noch dieser Kleinskandal um die Comedienne Carolin Kebekus, die mit einem kirchenveralbernden Rap (»Sonntags in der Messe / zieh ich nur ’ne Fresse, / Kirche is für Ottos, / was is bloß mit Gott los«) beim WDR bzw. in der von ihm verantworteten, über Eins Festival verbreiteten Show »Kebekus!« nicht auf Sendung gehen durfte, was sie freilich für »Zensur« hielt, woraufhin der Kritiker des Tagesspiegels die auch schon wieder gute Frage stellte: »Warum hat Carolin Kebekus überhaupt eine Sendung?« Und obwohl ich seinen umfassenden Verriß (»von Beruf nicht lustig«) in der Stärke nicht teilen mag, weil Kebekus, trotz des enervierenden Gestus aus »kraß« und »geil« und »ey«, ihre Momente hat und z.B. das, was der Kritiker wie ekeldurchschauert zitiert: »Ich sehe Micaela Schäfers Titten öfter als meine eigenen!«, nicht weniger als ein guter Stand-up-Gag ist, muß ich, nach Begutachtung einer Folge »Kebekus!«, sagen: Carolin Kebekus hat eine eigene Sendung, weil sie über Präsenz und (Einspieler-)Ideen für zehn Minuten verfügt und die restliche halbe Stunde dann nach populär spartenkanalesker, aufs urbane camp-Publikum zielender Masche mit Publikumsgespräch und Twitter-Quatsch, gebrauchsironischem Club-Freistil und irgendwelchen Stargästen verdaddelt wird. Und so schlecht scheint mir Kebekus wiederum nicht zu sein, daß sie mir nicht als (und sei’s williges) Opfer dieses ranzigen, bei den Berufsjugendlichen der ARD wahrscheinlich als werweißwie cool und Indie geltenden Konzeptlos-Konzepts vorkäme, das mit künstlerischer Entwicklung wenig, mit Formatfunk alles zu tun hat. Auch im komischen Feld gilt: Form folgt Funktion. Und für das Gegenteil bin ich gottlob zu alt.