Humorkritik | Oktober 2012
Oktober 2012

Gammelfleisch
Das mußte ich mitansehen: Vier Kumpels stehen an einem Imbiß, an dem fritierte Häschen serviert werden. Plötzlich wird einer von ihnen von seinem Vater entführt, der wiederum in einem Tank voller Flüssigstickstoff lebt und von einer Schar sächselnder Androiden hofiert wird. Er will sein eigenes Hirn in den Körper seines Sprößlings setzen, um seiner moribunden Hülle zu entfliehen; das Hirn des Sohnes jedoch soll in den Kopf von Sido transplantiert werden.
Wonach klingt das? Genau! Nach der deutschen Adaption animierter US-Serien à la »Family Guy« (es sieht übrigens auch exakt so aus) und einer geklauten Stilistik, die bei ZDF-Programmgestaltern Jubelstürme auslöst. Der Pilot der Serie »Deutsches Fleisch« hat beim Nachwuchswettbewerb »TVLab« sofort die Gunst der Online-Gemeinde gewonnen und wird nun bei ZDFNeo ausgestrahlt.
Die Vorzeichen für ein gelungenes Comedyformat könnten kaum schlechter sein. Ilja Schmuschkowitsch und Willy Kramer, die Macher der Serie, geben sich jedoch reichlich Mühe, die beschissenen Vorzeichen noch tiefer in die Jauche zu tunken: Kurze Einspieler von Mini-Serien (ja, auch das klingt bekannt) zwingen die Haupthandlung zur Zäsur und zeigen dem Zuschauer etwa »Die Hitlas«, eine Großfamilie voller Bärtchenträger. Originell. Den einzigen Hoffnungsschimmer bilden die Zitate deutscher Medienfiguren, wie Samson oder Peter Lustig, die aber in der momentanen Form nur als Nachweis vertaner Chancen erscheinen.
Im Interview mit »sueddeutsche.de« sagte Schmuschkowitsch: »Prinzipiell sind Loser ja sympathischer als Notarssöhne, die in Berlin-Zehlendorf oder München-Grünwald aufwachsen.« Das mag sein. Aber nicht, wenn sie mit geklauten Formaten unfähige Programmgestalter über den Schneidetisch ziehen.